Korruptionskandal in Südkorea: Präsidentin Park unter Dauereinfluss

Eine Freundin von Präsidentin Park Geun-hye hatte Zugang zu Geheimdokumenten. Sie scheint auch die Politik mitbestimmt zu haben.

Passantinnen beobchten, wie sich Präsidentin Park Geun-hye am 25. Oktober nach Tagen des Leugnens im Fernsehen entschuldigt Foto: dpa

BERLIN taz | Die Spur des bisher größten Korruptionsskandals unter Präsidentin Park Geun Hye führt ins hessische Arnoldshain, einem Ort im idyllischen Hochtaunus. In der Straße mit dem klingenden Namen „Schöne Aussicht“ steht das Widec Sporthotel, in dem jedoch von den Nachbarn seit dessen Eröffnung keine Gäste gesehen wurden.

Als Lokaljournalisten der Gaststätte kürzlich einen ungefragten Besuch abstatteten, trafen sie auf verdutzte Koreaner, die außer Wasser und Kaffee nichts anbieten konnten. Dabei sind über ein Dutzend Firmen in dem mittlerweile geräumten Gebäude gemeldet.

Hinter den Briefkastenfirmen soll die 60-jährige Choi Soon Sil stehen, die wohl engste Vertraute der sozial isoliert lebenden südkoreanischen Präsidentin Park Geun Hye. Schon Chois Vater, ein charismatischer Pastor und Sektengründer, fungierte von den 70er Jahren bis zu seinem Tod 1994 als Parks Mentor.

„Es kursieren Gerüchte, dass der verstorbene Pastor während Parks prägenden Jahren die komplette Kontrolle über ihren Körper und Seele hatte“, schrieb der damalige US-Botschafter in Seoul in einem internen Bericht, den Wikileaks 2011 veröffentlichte: „Infolgedessen sollen seine Kinder enormen Wohlstand angehäuft haben.“

Sportstiftungen als „Altervorsorge“ für Park?

Dies wirft nun auch Seouls Staatsanwaltschaft Choi Soon Sil vor. Sie soll zwei gemeinnützige Sportstiftungen gegründet haben, für die sie in wenigen Monaten über 62 Millionen Euro an Spenden von 52 Großfirmen akquiriert hat.

Koreanische Medien spekulieren offen, dass es sich dabei um einen Bestechungsfonds handeln könnte, der als „Altersvorsorge“ für Präsidentin Park gedacht war. Diese dementierte die Vorwürfe. Doch ihre Umfragewerte sind seit ihrem Amtsantritt im Februar 2013 auf eine Rekordtief gesunken.

Die Spur des Geldes führt direkt in ein Sporthotel im hessischen Arnoldshain

In mehreren Fällen verliert sich die Spur des Geldes in Deutschland, wo Choi und ihre Tocher insgesamt vier Immobilien gekauft haben sollen. Ebenso haben sie hier ein angebliches Trainingslager geplant, um Koreas Dressurreiter für die Olympischen Spiele fit zu machen.

Während stetig Gelder an die Stiftungen flossen, soll das Training jedoch nie zustande gekommen sein. In einem Hotel in Hessen spürten koreanische Reporter die Beschuldigte auf. Mit Verweis auf ihren „schlechten Gesundheitszustand“ kündigte Choi an, in naher Zukunft nicht nach Südkorea zurückzufliegen.

200 vertrauliche Dokumente auf der Festplatte

Im Müll ihres Seouler Büros fanden Journalisten des koreanischen Fernsehsenders JTBC unterdessen ihren Laptop, auf dessen Festplatte rund 200 streng vertrauliche Regierungsdokumente enthalten waren. Sie legen nahe, dass Choi über geheime Absprachen mit Nordkorea Bescheid wusste, in wichtigen Personalentscheidungen der Präsidentin eingegriffen hat und Direktiven für diplomatische Spitzentreffen, etwa mit Japans Premier Shinzo Abe, ausgab.

In einer öffentlichen Entschuldigung räumte Park inzwischen ein, dass sie ihre Freundin – die keine offiziellen politischen Funktionen innehat – regelmäßig für Wahlkampfstrategien und Reden um Hilfe gebeten hat.

Ein früherer Generalsekretär der von Choi gegründeten Stiftung K-Sport sagte der linksgerichteten Tageszeitung Hankyoreh: „Das ganze System war darauf ausgelegt, dass Choi der Präsidentin sagt, was zu tun ist. Es gab praktisch keine Themen, bei denen die Präsidentin alleine entschieden hat.“

Jeden Abend habe ein Bote vom Präsidentensitz einen dicken Aktenordner seiner damaligen Chefin Choi überbracht. Kritik kommt mittlerweile auch aus Parks eigenen Reihen: Zum ersten Mal hat ein Abgeordneter ihrer Saenuri-Partei öffentlich einen Parteiaustritt der Präsidentin gefordert.

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