Oscar-Gewinnerin Viola Davis: Die Richtige im Falschen

Eigentlich ist ihr Oscar-Sieg ein Betrug – denn eigentlich spielt Viola Davis im Rassismusdrama „Fences“ keine Neben-, sondern eine Hauptrolle.

Viola Davis und Denzel Washington umarmen sich im Film Fences

Oscar-Preisträgerin Viola Davis im Film „Fences“ Foto: imago/ZUMA Press

Die Geschichte der Oscars ist eine lange Liste der Verwechslungen – auch wenn sie nur selten so offen ausgetragen werden wie beim „Envelope-gate“ um „Moonlight“ und „La La Land“ am Sonntagabend. So gehört der Oscar für Viola Davis als beste Nebendarstellerin in der Verfilmung des August Wilson-Stücks „Fences“ zu jenen Verwechslungen, die die „Academy“ willentlich hinnimmt, ohne dass Männer mit Headsets aufgeregt die Bühne stürmen.

Man nennt es „category fraud“, Kategorienbetrug. Denn natürlich ist Davis’ Figur in Wahrheit eine Hauptrolle. Als Hauptrolle hat Davis auch schon den wichtigsten US-Theaterpreis, den „Tony“, für die Bühnenfassung bekommen. Im Film spielt sie Denzel Washington mit einer Entschiedenheit an die Wand, die das Männerdrama „Fences“ aus seinen patriarchalen Angeln hebt – und ihm dadurch jene Wucht verleiht, die wesentlich zu dessen Oscar-Nominierungen beigetragen hat.

Im Nachhinein scheint das Kalkül, dass Violas Davis’ Chancen in der Nebendarstellerkategorie größer seien, auf einer Fehleinschätzung zu beruhen. Nein, auch im „Hauptfach“ hätte sie diesmal nicht verloren, nicht gegen Emma Stone, die neben der ausdrucksstarken, gestandenen, 51-jährigen Davis klein, brav und blass wirkt, und erst recht nicht gegen Meryl Streep als „Florence Foster Jenkins“. Es wäre eine so schöne Revanche gewesen für das Jahr 2012, als Streep mit ihrer „Iron Lady“ den Oscar der für „The Help“ nominierten Davis gerade so vor der Nase wegschnappte.

Aber egal ob Haupt- oder Nebenrolle: Es gibt auch Theorien, die besagen, dass Davis ihren Erfolg sowieso einer weiteren „Verwechslung“ zu verdanken hat, dass man sie nämlich vor allem als Naturgewalt aus der Serie „How to Get Away with Murder“ kennt. Und was immer man von der Serie halten mag, Viola Davis ist ein Erlebnis – eine erwachsene Frau, die auf kein Klischee zwischen Muttertier und Egoistin, Profikiller und Anwältin, Gut und Böse zu reduzieren ist.

In ihrer Dankesrede zollte Davis den Fehlurteilen auf ihre Weise Tribut: „Es gibt diesen einen Ort, wo sich die mit dem größten Talent und den besten Ideen versammeln“, fing sie an. Man dachte, sie spreche von Hollywood, aber nein: „… das ist der Friedhof.“

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