Rakka vom IS zurückerobert: Kurden stürmen das Herz des Kalifats

Bis zum Tod wollten sie kämpfen, am Ende sind die IS-Kämpfer aus Rakka geflohen. Das Kalifat als Territorialgebiet dürfte damit am Ende sein.

Kurdische Kämpfer in Siegerpose auf einem Truck

Das kurdisch geführte Bündnis SDF hat die IS-Hochburg Rakka befreit Foto: dpa

ATHEN taz | Am Dienstagmittag, etwas früher als erwartet, war es soweit. Die letzten Plätze in Rakka die noch von Kämpfern des IS gehalten wurden, das Stadion und das zentrale Krankenhaus, wurden von der kurdisch-arabischen SDF (Demokratische Kräfte Syriens) gestürmt. Nach Angaben eines Reuters-Korrespondenten der als Augenzeuge vor Ort ist, hissten die kurdischen YPG-Kämpfer ihre Flagge im Stadion.

Das zuletzt schnelle Ende des IS in seiner ehemaligen Hauptstadt hängt offenbar damit zusammen, dass die Islamisten es vorgezogen haben zu fliehen, statt wie zuvor vollmundig verkündet „bis zum Tode zu kämpfen“. Es war vermutet worden, dass unter den letzten Kämpfern vor allem ausländische IS Mitglieder wären, unter ihnen soll auch einer der Drahtzieher der Attentate von Paris gewesen sein, doch wie ein Sprecher des SDF sagte, konnte niemand von ihnen gefangen genommen werden und niemand von ihnen habe sich ergeben. Man werde nun Fotos der Toten nach Frankreich und Belgien schicken, damit dortige Experten eventuell bekannte Figuren identifizieren könnten.

Auch wenn es noch zu früh ist, dass Ende des IS zu verkünden, markiert die Eroberung von Rakka, der alten Handelsstadt am Euphrat, doch das Ende des IS Kalifats als Territorialgebiet. Nach der Eroberung Rakkas 2014 und dem anschließenden Sieg des IS in Mossul war die Terrororganisation 2014 auf dem Höhepunkt ihres Einflusses. Vor allem nach Rakka strömten tausende ausländische Islamisten aus Europa, Nordafrika und Russland, die lange Zeit unbehelligt die türkische Grenze passieren konnten um sich dem IS anzuschließen.

Der Hauptplatz von Rakka, den die Islamisten in „Paradies-Platz“ umbenannten, wurde zum Schauplatz der Hinrichtungen und Köpfungen die die IS-Propaganda weltweit verbreitete und damit für Angst und Schrecken, aber auch für große Faszination unter ihren Anhängern sorgten. Mit dem Fall von Mossul im Juli und dem jetzigen Ende des IS in Rakka haben die Dschihadisten ihre wichtigsten Hochburgen verloren.

Werden die USA die Kurden nun auch vertreiben?

Die Rückeroberung Rakkas gelang nun durch eine Allianz zwischen den USA und der SDF, die von den syrisch-kurdischen Kämpfern der YPG dominiert werden. Amerikanische Luftwaffe und kurdische Bodentruppen setzten dem IS in Rakka ein Ende. Nach dem militärischen Sieg werden sich nun die politischen Fragen in den Vordergrund drängen.

Rakka gehört nicht zum Siedlungsgebiet der syrischen Kurden, sondern war vor der Eroberung durch den IS eine rein arabische Stadt. Werden die USA nun dafür sorgen, dass die Kurden sich trotz der großem eigenen Opfer aus Rakka wieder zurückziehen, damit dort eine arabische Selbstverwaltung installiert werden kann? Und wenn ja, Rakka ist, wie andere vom IS zurückeroberte Städte weitgehend zerstört, wer soll dort den Wiederaufbau voranreiben?

Das Augenmerk des US-Militärs richtet sich jetzt erst einmal auf die Provinz Der es Zor, weiter südöstlich, ebenfalls am Euphrat. In Deir es Zor, umgeben von Ölfeldern, mit deren Ertrag der IS sich lange finanziert hat, befinden sich die letzten Nester in Syrien, in denen sich IS-Kämpfer noch verschanzen. Im Moment findet ein Wettlauf zwischen den USA und ihren kurdischen Hilfstruppen auf der einen und der syrischen Armee mit Unterstützung der russischen Luftwaffe und iranischer Milizen auf der anderen Seite statt, um die Region unter ihre Kontrolle zu bringen. Zusammenstöße sind nicht ausgeschlossen.

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