„NYT“-Chefredakteur Dean Baquet: Erst investigativ, jetzt ganz oben

Der neue Chefredakteur der „New York Times“ hat viele Identitäten – und durch sie mehr Einblick in sein Land als die meisten SpitzenjournalistInnen.

Will zupacken: Dean Baquet, der neue Chefredakteur der „New York Times“. Bild: reuters

NEW YORK taz | Er geht als „erster afroamerikanischer Chef der New York Times“ durch die Schlagzeilen. Doch das ist nur eine von vielen Identitäten des 57-jährigen Dean Baquet, der am Mittwoch überraschend zum Chefredakteur ernannt wurde.

Zu den anderen gehört, dass er aus einer Arbeiterfamilie stammt, die in die – französisch inspirierte kreolische – Gastronomie von New Orleans übergewechselt ist. Dass er nie ein Studium abgeschlossen hat. Dass er den renommierten Pulitzer-Preis für eine kollektive Recherche über Korruption im Stadtrat von Chicago bekam. Und dass er im Süden, im Norden, aber auch an der West- wie an der Ostküste der USA gelebt hat. Damit hat Baquet mehr Einblick in die Facetten seines Landes als die meisten SpitzenjournalistInnen.

Seinen neuen Job begann er mit einem Kompliment für die New York Times, das zugleich ein Tiefschlag für alle anderen Medien der USA ist. „Es ist eine Ehre, die einzige Redaktion des Landes zu leiten, die tatsächlich viel besser ist, als sie vor einer Generation war“, sagte er bei einer eilig zusammengerufenen Stehkonferenz.

Seinen von dem Führungswechsel überrumpelten KollegInnen versicherte er, dass er ein zupackender Chefredakteur sein und in der täglichen Produktion präsent bleiben werde. Das war zugleich ein Hinweis darauf, wie sich der bisherige Vizechef von seiner am selben Tag geschassten Amtsvorgängerin unterscheiden will.

Baquet war lange „investigativer Reporter“, was er gern als Traumjob bezeichnet hat. Doch schon im Jahr 2000 wurde er leitender Redakteur bei der Los Angeles Times. Dort erlebte er seinen journalistischen Tiefpunkt, als er – nach Gesprächen mit den Chefs von National Intelligence und NSA – die Veröffentlichung einer Story des Whistleblowers Mark Klein über die Schnüffelpraxis der NSA verhinderte. Der Text erschien letztlich in der New York Times. Baquets Höhepunkt bei der Los Angeles Times war der Tag, an dem er 2006 gekündigt wurde, weil er die von der Verlagsseite verlangten Entlassungen in der Redaktion ablehnte.

2007 kehrte Baquet zurück in die New York Times. Seither galt er als Kandidat für den Olymp des US-amerikanischen Journalismus.

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