Nach Angriffen in Tripolis: UN zieht Mitarbeiter ab

Nachdem die britische und italienische Botschaft in Libyen am Sonntag beschossen wurden, hat die Türkei ihre Niederlassung in Tripolis geschlossen. Auch UN-Mitarbeiter reisen aus dem Land ab.

Ein laut libyscher Regierung von Nato-Angriffen zerstörtes Haus in Tripolis. Bild: reuters

TRIPOLIS/ANKARA dpa/dapd/afp | Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi haben am Montag die Rebellenhochburg Misurata mit Panzern und Granaten angegriffen. Der Beschuss habe am frühen Morgen begonnen, nachdem Gaddafi-Truppen ihre Panzer zu den westlichen Toren der Hafenstadt gebracht hätten, sagte der Aktivist Rida al-Montasser. Der Beschuss sei erst eingestellt worden, als vorbeifliegende Nato-Flugzeuge zu hören gewesen seien.

Unterdessen wurde in Misurata, der einzigen Bastion der Rebellen im Westen Libyens, befürchtet, Gaddafis Streitkräfte bereiteten sich auf den Einsatz chemischer Waffen vor. Man habe gehört, dass die Soldaten Gaddafis in der nahegelegenen Stadt Slitan Gasmasken verteilt hätten, sagte al-Montasser. Die Rebellen hätten ihren Übergangsrat in Bengasi aufgefordert, Gasmasken nach Misurata zu schicken.

Die Türkei hat aus Sicherheitsgründen vorübergehend ihre Botschaft in Libyen geschlossen. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte am Montag in Ankara, die Botschaftsmitarbeiter seien aus Tripolis nach Tunesien gebracht worden.

Nach Angriffen auf die britische und die italienische Botschaft in Tripolis am Sonntag sei beschlossen worden, die Arbeit der Botschaft einzustellen. Der Minister betonte, dies bedeute nicht, dass die Türkei ihre Friedensbemühungen in Libyen aufgebe. Das türkische Konsulat in der von Rebellen kontrollierten Stadt Bengasi ist weiterhin geöffnet.

Der stellvertretende libysche Außenminister Chalid Kaim hat die Übergriffe auf ausländische Vertretungen in Tripolis bedauert. Kaim sagte nach Angaben des US-Nachrichtensenders CNN am Sonntag, es seien zu wenige Polizisten im Einsatz gewesen. Deshalb seien sie von der Menge überwältigt worden. Die Menschen seien wegen eines Nato-Angriffs wütend gewesen, bei dem angeblich ein Sohn und drei Enkel des Machthabers Muammar al-Gaddafi ums Leben gekommen sein sollen.

In Tripolis soll die leerstehende britische Botschaft zerstört worden sein. Der libysche Botschafter in Großbritannien sei als "persona non grata" ("unerwünschte Person") aufgefordert worden, binnen 24 Stunden das Land zu verlassen, sagte Außenminister William Hague am Sonntag. Hague sagte: "Ich verurteile die Angriffe auf die Gebäude der britischen Botschaft in Tripolis genauso wie die Angriffe auf die Vertretungen anderer Länder." Das Gaddafi-Regime müsse die diplomatischen Vertretungen schützen. Das Regime habe erneut seine internationalen Verpflichtungen verletzt.

Die US-Regierung verurteile die Attacken aufs Schärfste. "Die Wiener Konvention fordert, dass das Gaddafi-Regime diplomatische Missionen in Tripolis schützt", heißt es in der Erklärung des Außenministeriums in Washington.

UN zieht Mitarbeiter ab

Die BBC berichtete, auch UN-Gebäude wurden von aufgebrachten Massen angegriffen. Die Vereinten Nationen zogen ihre zwölf ausländischen Mitarbeiter aus Tripolis ab. Es handele sich nur um eine "vorübergehende" Maßnahme, hieß es am Sonntagabend in New York. Britische Diplomaten waren bereits vor mehreren Wochen aus dem Botschaftsgebäude in Tripolis ausgezogen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gibt es keine Hinweise, dass die deutsche Botschaft attackiert wurde.

Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete in der Nacht zum Montag, dass die Kämpfe zwischen den Soldaten Gaddafis und den Rebellen an mehreren Orten heftiger geworden seien. Aufständische berichteten nach Angaben der Washington Post von einem größeren Angriff auf den Hafen der umkämpften Stadt Misrata. Im Hafen von Misrata werden neben Hilfsgütern auch Waffen und Munition für die Rebellen entladen.

Bei einem gezielten Nato-Luftangriff auf ein Haus in Tripolis am Samstagabend ist nach libyschen Medienberichten Saif al-Arab al-Gaddafi getötet worden. Die Nato und ein US-Regierungsbeamter bestätigten den Tod des 29-jährigen Gaddafi-Sohns am Sonntag zunächst nicht. Umgehend verstärkten Gaddafi-treue Truppen die Angriffe auf die Rebellen.

Sohn und Enkel Gaddafis vermutlich getötet

Die libysche Regierung veröffentlichte am Montag auch die Namen sowie das Alter der drei Enkelkinder von Machthaber Muammar al-Gaddafi, die nach Angaben des Regimes bei dem Nato-Raketenangriff getötet wurden. Dabei handele es sich um die zweijährige Carthage, die Tochter von Gaddafis Sohn Hannibal; die sechs Monate alte Mastura, Tochter von Gaddafis Tochter Aisha; sowie den 15 Monate alten Saif Mohammed, Sohn von Gaddafis Sohn Mohammed.

Der französische Arzt Dr. Gerard Le Clouerec berichtete, dass er am Sonntag die Leichen eines Erwachsenen sowie zweier Kinder im Green Hospital in Tripolis untersucht habe. Das Gesicht des Erwachsenen sei unversehrt gewesen und sei "im Vergleich mit dem Foto, das wir gesehen haben, höchstwahrscheinlich der Sohn Gaddafis", sagte der Chirurg, der in der Hauptstadt eine Privatklinik betreibt.

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