Nach Bränden in Griechenland: Wut auf die Politik

Die Regierung tue nichts, um den illegalen Bau von Häusern zu stoppen, sagen viele GriechInnen. Das habe nun die Feuerkatastrophe begünstigt.

Eine Frau hält bei einer Trauerfeier für die 91 Toten nach Waldbränden in Athen eine Kerze

Die trauernden Menschen auf dem Syntagmaplatz stimmten Gesänge für die Toten an Foto: reuters

Am Montagabend haben sich in Athen hunderte Menschen zum Gedenken der Opfer der Brandkatastrophe in Attika versammelt. Sie stellten vor dem griechischen Parlament am Syntagmaplatz Kerzen auf. Politiker waren ausdrücklich nicht eingeladen, ihnen wurde mitgeteilt, sie sollen sich von der Gedenkfeier fern halten. Zahlreiche Menschen im Land geben früheren Regierungen und auch der jetzigen Regierung unter Linken-Chef Alexis Tsipras die Schuld an der Katastrophe.

Vor einer Woche wüteten in den Ortschaften Mati, Rafina und Neos Vouzas, etwa 30 Kilometer östlich und westlich außerhalb von Athen, mehrere Waldbrände. Die Zahl der Todesopfer liegt mittlerweile bei 92. Noch immer werden zahlreiche Menschen vermisst.

„Ich bin so wütend auf alle, die das Land je regiert haben“, sagt auch Ranja Paraskebapou, die zur Gedenkveranstaltung auf dem Syntagmaplatz gekommen ist. Man habe bei der Ausstattung der Feuerwehr gespart. Außerdem hätten bereits vorherige Regierungen den illegalen Bau von Häusern über Jahrzehnte geduldet – auch die Regierung unter Tsipras mache da keine Ausnahme. Denn eine Ursache für die Auswirkungen der Brände sei der illegalen Bau von Häusern gewesen.

Experten sagen, es habe zahlreiche bauplanerische Verstöße an den Orten der Brandkatastrophe gegeben. So sind Häuser zu nahe an Wäldern errichtet worden und blockierten den schnellen Weg zum Strand sowie einen leichten Zugang für Löschfahrzeuge in die Regionen.

Angst vor Stimmenverlusten

„Auch die Syriza hat in ihrer bisher dreijährigen Regierungszeit nichts dagegen übernommen“, sagt Paraskebapou kopfschüttelnd. Keine Regierung habe sich dem entgegengestellt – wohl aus Angst vor Stimmenverlusten. Die Politik sei doch dazu da, Regeln aufzustellen, damit eine Gesellschaft in Frieden existieren könne, sagt eine andere Frau leise.

Gleich nach Ablauf der dreitägigen Staatstrauer erhob nun auch die Opposition Vorwürfe gegen die linksgeführte Syriza-Regierung. Diese habe es nicht geschafft, Menschen und ihren Besitz zu schützen. Sie habe falsche Entscheidungen bei den Sparmaßnahmen getroffen.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte am frühen Montagmorgen betroffene Regionen im Osten Athens besucht. Er zeigte sich erschüttert. Immer wieder bedankte er sich bei den freiwilligen HelferInnen, Feuerwehrleuten, PolizistInnen und SoldatInnen für Ihren harten Einsatz.

Die trauernden Menschen auf dem Syntagmaplatz stimmten Gesänge für die Toten an

Tsipras betonte, dass die Feuerwehrleute keinerlei Schuld treffe. Er habe „außerordentlichen Respekt vor denen, die den Kampf gegen die Flammen geführt haben“, twitterte er nach seinem Besuch. Der Regierungschef sagte, dass er die politische Verantwortung auf sich nehme und kündigte an, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um solche Katastrophen in Zukunft zu vermeiden. Auch gegen den illegalen Bau werde er vorgehen. „Wir müssen heute schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass wir ein Land regieren, das von Regelwidrigkeiten dominiert wird“, sagte Tsipras.

Die trauernden Menschen auf dem Syntagmaplatz stimmten Gesänge für die Toten an. Aber auch die griechische Nationalhymne wurde gesungen. Immer wieder ertönte der Ruf „Athanati“ – unsterblich, unvergessen sollen die Opfer sein. Ein junger Mann wiederholte den Ruf. Dann sagte er, er habe die schweren Brände im Jahr 2007 auf dem Peloponnes überlebt. Dort wurden die Menschen nach einiger Zeit einfach vergessen.

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