Nach Gebrauch von Nazi-Vokabeln: Kudla jetzt Fall für Unions-Fraktion

Nachdem die CDU-Abgeordnete Bettina Kudla den rechtsextrem besetzten Begriff „Umvolkung“ benutzt hat, fordern viele ihren Rücktritt.

Peter Tauber steht vor einem Plakat, auf dem "die Mitte" steht

Generalsekretär Peter Tauber hat deutliche Worte für die rechtsextreme Entgleisung seiner Parteifreundin Kudla gefunden – jetzt muss sich aber die Fraktion als Ganzes positionieren Foto: dpa

BERLIN rtr/afp | Die wegen der Verwendung von nationalsozialistischem Vokabular kritisierte sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla beschäftigt nun die Unions-Fraktionsführung. Diese und die sächsische Landesgruppe im Bundestag führten Gespräche darüber, hieß es in der Fraktion auf Anfrage am Montag. Kudla hatte vergangene Woche mit einem Tweet für Aufregung und Kritik in der Union gesorgt, weil sie im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise über eine „Umvolkung Deutschlands“ gesprochen hatte.

Dies ist ein Vokabular, das zuvor nur Parteien wie die rechtsradikale NPD oder einige Politiker der rechtspopulistischen AfD benutzt hatten. Der sächsische CDU-Landesgruppenchef Michael Kretschmer hatte sich am Wochenende von der Äußerung der in Bayern geborenen und ausgebildeten Kudla distanziert. In Leipzig tagte am Montag turnusmäßig der sächsische CDU-Landesvorstand. Daran nahm auch Kretschmer teil.

Die Distanzierung der CDU von dem Twitter-Beitrag mit Nazi-Jargon der sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla geht dem Koalitionspartner SPD allerdings nicht weit genug. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel forderte in den Dortmunder Ruhr Nachrichten vom Montag den Rauswurf Kudlas aus der Fraktion: „Dass die Union sich bei derart massiven Grenzverletzungen verbal distanziert, aber solche Leute weiter in ihren Reihen duldet, ist für mich nicht nachvollziehbar.“

„Die Gefahr besteht, dass rechtsextreme und völkische Äußerungen salonfähig werden und man es als Teil des normalen politischen Spektrums wahrnimmt“, warnte Schäfer-Gümbel. „Wir müssen mit unserer besonderen Geschichte besonders aufpassen, dass die Sprache des Dritten Reiches sich nicht einschleicht.“

Mit NS-Propaganda gegen Flüchtlingspolitik

Kudla hatte die Flüchtlingspolitik der Regierung mit dem NS-Propagandabegriff „Umvolkung“ kritisiert. Sie schrieb am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter zur Flüchtlingskrise: „Die Umvolkung Deutschlands hat längst begonnen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „streitet es ab“.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der GrünenFraktion im Bundestag, Britta Haßelmann, verlangte „klare Worte und eine öffentliche Distanzierung von Seiten der Fraktions- und Parteiführung“. Sie sagte der Frankfurter Rundschau vom Montag: „Nazi-Sprache hat im Deutschen Bundestag nichts zu suchen.“

Am Wochenende hatte CDU-Generalsekretär Peter Tauber die Äußerung „in Inhalt und Ton völlig inakzeptabel“ genannt. „Das steht nicht für die CDU“, schrieb Tauber ebenfalls bei Twitter. CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) kritisierte Kudlas Tweet als „unsäglich“. Die Unionsfraktion „distanziert sich eindeutig von Inhalt und Sprache“, schrieb er.

In den vergangenen Monaten waren Unions-Abgeordnete wie etwa Erika Steinbach wegen Twitter-Eintragungen vor allem zur Flüchtlingskrise wiederholt auch aus der Unions-Fraktionsspitze kritisiert worden. Auch Kudla war vor zehn Tagen wegen eines beleidigenden Tweets gegen den türkischen Journalisten Can Dündar in der Union kritisiert worden. Die Verwendung des Begriffes „Umvolkung“ sei aber eine andere Kategorie, hieß es in der Union.

Nicht die erste Entgleisung bei der Union

2003 war der CDU-Politiker Martin Hohmann mit großer Mehrheit aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschlossen worden, nachdem er gesagt hatte, man müsse sich die Frage stellen, ob die Juden wegen der Beteiligung an der russischen Oktoberrevolution nicht als „Tätervolk“ bezeichnet werden müssten. Damals war die heutige Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel Fraktionschefin.

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