Nach Greenpeace-Aktion: Ölbohrungen in Grönland auf der Kippe

Vor der Küste Grönlands werden Ölbohrungen in Frage gestellt. Greenpeace-Aktivisten, die gegen die Bohrungen protestierten, erwarten nun Gerichtsverfahren.

Arktis-Überlebenskapsel an der Ölbohr-Plattform. Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Grönlands kleine Polizeitruppe schiebt derzeit Überstunden. Seit einer knappen Woche muss sie sich um 20 inhaftierte Ausländer kümmern. Greenpeace-Mitglieder, die nach zwei Protestaktionen in der vergangenen Woche in der grönländischen Hauptstadt Nuuk auf eine Gerichtsentscheidung über ihr weiteres Schicksal warten.

Nach der zeitweiliger Besetzung der Ölplattform "Leiv Eiriksson" vor der Westküste der Insel im Nordatlantik drohen den Ökoaktivisten nicht nur Strafen wegen Hausfriedensbruch und Eindringen in eine Sicherheitszone, sondern auch die Ausweisung in ihre Heimatländer und die Verhängung zeitweiser Einreiseverbote. Trotzdem dürfen sich die Inhaftierten über das Echo ihrer Aktionen freuen: Die Kritik an Tiefseeölbohrungen in Grönland selbst wächst.

Bisher galten Bohrinseln der Öffentlichkeit auf der Nordatlantikinsel als wenig kontrovers – trotz der Katastrophe im Golf von Mexiko im vergangenen Jahr und Warnungen von Umweltschutzorganisationen, Ähnliches könnte sich vor Grönland ereignen. Die Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Kuupik Kleist sieht in Öl, Gas und anderen Bodenschätzen eine Voraussetzung für eine stabile und selbständige Volkswirtschaft, die nicht mehr von dänischen Subventionen abhängig ist.

26-Punkte-Katalog von Sozialdemokraten

Bislang hatte vor allem die oppositionelle sozialdemokratische "Siumut" unzureichende Informationen und mangelnde Offenheit im Zusammenhang mit den Ölbohrungen beklagt. Am Dienstag schloss sich nun mit Naaja Nathanielsen die Finanz- und Rohstoffexpertin der regierenden "Inuit Ataqatigiit" an. Sie forderte von ihren Parteifreunden in der Regierung die Beantwortung eines 26 Punkte umfassenden Katalogs.

Kernstück sind die Sicherheitsfragen, auf die auch Greenpeace und Co bislang keine Antworten erhalten haben: Was geschieht bei einem Blow-out und wie wird sichergestellt, dass bei Bohrungen freigesetzte Chemikalien und giftige Bohrschlämme nicht die Umwelt gefährden? Bis jetzt hat sowohl die grönländische Regierung als auch der Bohrinsel-Betreiber, die schottische Ölgesellschaft Cairn, die Veröffentlichung der Notfallpläne verweigert.

Kein Konzept für Ölkatastrophe

"Die Weigerung sagt alles", meint der norwegische Greenpeace-Mitarbeiter Truls Gulowsen. Ganz offenbar hätten Regierung und Betreiber kein Konzept, wie man einer Ölkatastrophe begegnen könne. In allen anderen europäischen Ländern, die Öl fördern, sei die Veröffentlichung der Notfallpläne selbstverständlich.

Nach diesen Plänen fragte am Dienstag auch ein Richter in Amsterdam. Die derzeit vor Grönland kreuzenden Greenpeace-Schiffe "Esperanza" und "Arctic Sunrise" sind in den Niederlanden registriert. Und gegen die hat Cairn vor dem Bezirksgericht in Amsterdam Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, die Greenpeace für den Fall weiterer Behinderungen der Bohrarbeiten zu einem Schadensersatz von 2 Millionen Euro pro Tag verdonnern soll.

Der kurze arktische Sommer setzt Bohrarbeiten vor Grönland ein enges Zeitfenster. Ein ausgefallener Bohrtag kostet nach Angaben der Ölgesellschaft 2,7 Millionen Euro. Daher werde Cairn vor Gericht vermutlich Erfolg haben, so Jasper Teulings von Greenpeace gegenüber dem grönländischen Radio KNR. Doch auch dies würde nicht dazu führen, dass die Umweltschutzorganisation ihre Grönland-Kampagne einstellen werde.

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