Nach Kritik am Jüdischen Museum Berlin: Das Vertrauen vespielt

Der Direktor der Stiftung Jüdisches Museum tritt zurück. Das Jüdische müsse mehr Einfluss haben, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Juden.

Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer vor dem Daniel Libeskind Bau des Museums in Berlin

Zieht Konsequenzen aus der Kritik: Peter Schäfer, Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin Foto: dpa

Der Direktor der Stiftung Jüdisches Museum Berlin, Peter Schäfer, ist am Freitagabend zurückgetreten. Der international anerkannte Judaist, dessen Vertrag noch bis 2020 lief, zog die Konsequenz aus wachsender Kritik an einem Tweet der Presseabteilung. Diese hatte auf einen taz-Artikel über eine Erklärung von israelischen und jüdischen Wissenschaftlern verwiesen, die gegen den Anti-BDS-Beschluss des Bundestages Stellung bezogen hatten. „Der Beschluss hilft im Kampf gegen Antisemitismus nicht weiter“, so der Tweet. BDS fordert den Boykott Israels wegen der Besatzungspolitik des Landes.

Schäfer hatte den Tweet des Museums selbst kritisiert. Die Pressesprecherin war freigestellt worden. In Interviews mit Spiegel online und dem Tagesspiegel hatte der Direktor bis zuletzt seine grundsätzliche Position verteidigt: Das Jüdische Museum müsse sich als offenes Forum für Debatten begreifen. Dieser Kurs ist mit seinem Rücktritt gescheitert. Der Druck war offenbar zu groß.

Auslöser von Schäfers Rücktritt war die harsche Kritik des Zentralrats der Juden an dem Tweet. Man müsse „darüber nachdenken, ob die Bezeichnung ‚jüdisch‘ noch angemessen ist. Das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft hat die Leitung des Hauses verspielt“, hieß es in einer Erklärung des Zentralrates Mitte der Woche. In einem am Donnerstag geführten Interview mit der taz sagte Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats: „Das Museum ist keine politische Institution. Es sollte zu aktuellen politischen Fragen keine Stellung beziehen.“ Und: „Ich habe kein Verständnis, dass eine Institution, die sich jüdisch nennt, Kritik an dem Bundestagsbeschluss retweetet“.

Schuster ist Mitglied der von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters eingesetzten Findungskommission. Die trifft sich in der nächsten Woche erstmals – eigentlich, um über die Nachfolge Schäfer für 2020 zu beraten. Das wird nun schneller gehen.

Am Donnerstag sagte Schuster der taz zur Zukunft des Museums: „Es ist nicht zwingend, dass der Direktor eines Jüdischen Museums Jude sein muss. Es wäre aber sicherlich nicht schlecht, wenn es künftig eine jüdische Leitung gibt. Das Jüdische muss mehr Einfluss haben.“

Fürs Erste leitet der Geschäftsführende Direktor Martin Michaelis das Museum.

Die Hintergründe lesen Sie hier (Stand Freitagnachmittag vor dem Rücktritt).

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