Nach Rettungsaktion im Mittelmeer: Italien setzt Flüchtlingsschiff fest

Spanischen Helfern wird die Begünstigung „illegaler Einwanderung“ vorgeworfen. Der Festsetzung ihres Schiffes geht eine längere Odyssee voraus.

Das spanische Flüchtlingsrettungsschif „Open Arms“

Das spanische Flüchtlingsrettungsschiff „Open Arms“ bei der Einfahrt in den Hafen von Pozallo, Sizilien Foto: reuters

MADRID taz | Die Staatsanwaltschaft in Catania auf Sizilien hat am Sonntag das Schiff „Open Arms“ der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms im Hafen von Pozzallo beschlagnahmt. Kapitän Marc Reig und die Verantwortliche der Besatzung für Flüchtlingsrettungsaktionen, Anabel Montes, dürfen Sizilien nicht verlassen. Weitere 17 Besatzungsmitglieder halten sich ebenfalls auf der süditalienischen Insel auf. Laut italienischer Behörden bestehe eine Anfangsverdacht, dass die Besatzung „eine kriminelle Vereinigung“ darstelle, mit dem Ziel, „die illegale Einwanderung zu begünstigen“. Die „Open Arms“ soll „internationale Gesetze und Abkommen verletzt haben“.

Der Beschlagnahmung des Schiffes ging eine mehrtägige Odyssee voraus. „Am vergangenen Donnerstag wurden wir von der italienischen Küstenwache alarmiert, um Flüchtlingen zwischen Libyen und Sizilien zur Hilfe zu eilen“, erklärt Proactiva Open Arms Sprecherin Laura Lanusa in Barcelona. Das Schiff mit Flüchtlingen sei 73 Seemeilen vor der libyschen Küste gewesen. „Als wir dort ankamen, rief uns die italienische Küstenwache erneut an. Wir sollten abbrechen, Libyens Küstenwache würde die Hilfsaktion ausführen“, berichtet Lanusa. Aber von den Libyern war nichts zu sehen.

Die Helfer von Open Arms warfen den Flüchtlingen Schwimmwesten zu und nahmen Frauen und Kinder an Bord. Plötzlich tauchte die Küstenwache doch auf. „Sie drohten, unser Schiff unter Beschuss zu nehmen, sollten wir die Frauen und Kinder nicht übergeben“, beschwert sich Lanusa. Nach zwei Stunden intensiver Verhandlungen mit den Libyern, den Behörden in Italien und Regierungsvertretern in Madrid, ließ die libysche Küstenwache die „Open Arms“ abziehen.

Die spanische Nachrichtenagentur EFE zitiert eine Erklärung, demnach Libyens Behörden der „Open Arms“ vorwerfen, in die Hoheitsgewässer des Landes eingedrungen zu sein und die Arbeit der Küstenwache behindert zu haben. Der Vorfall ereignete sich laut „Open-Arms“-Sprecherin Lanusa 73 Seemeilen vor der Küste. Die Hoheitsgewässer bei 25 Seemeilen. Es war nicht das erste Mal, dass die libysche Küstenwache ein Schiff von Proactiva Open Arms bedrohte. Im letzten August kam es schon einmal zu einem schweren Zwischenfall.

Nachdem die Libyer am Donnerstag nachgaben, war der Vorfall für die „Open Arms“ aber nicht vorbei. „Italien weigerte sich, einen Hafen anzuweisen“, sagt Lanusa. „Sie verlangten, dass die spanische Regierung ganz offiziell einen solchen Antrag stelle. Das hat es bisher nie gegeben“, beschwert sich Lanusa. Mit mehr als einen Tag Verspätung durfte das Schiff dann nach Pozzallo in Sizilien. Dort forderte die Polizei Kapitän Reig sowie Missionschefin Montes auf, Kopien des Videomaterials der Rettungsaktion auszuhändigen. „Noch wurde niemand verhaftet“, erklärt Lanusa. Sie hofft, dass kein offizielles Ermittlungsverfahren eröffnet wird.

Proactiva Open Arms ist eine der wenigen privaten Hilfsorganisationen, die noch im Mittelmeer aktiv sind. Viele Flüchtlingsboote legen von den Stränden zwischen Tripolis und Südtunesien Richtung Europa ab. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen 2017 mehr als 171.635 Flüchtlinge in Europa an. 3.116 verloren bei der Überfahrt ihr Leben. Allein im Januar 2018 sind offiziell 318 tödlich Verunglückte zu beklagen.

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