Nach dem 1. Mai: Vier Mai-Krawallbrüder identifiziert

Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht gegen Teilnehmer der Blockade gegen die Nazi-Demo. Die vier Rädelsführer werden heftig von SPD, CDU und FDP kritisiert. Dabei saßen sie keineswegs allein auf der Straße.

Anfangsverdacht besteht: Wolfgang Thierse hat am Samstag wirksam gegen Rechtsextreme demonstriert. Bild: APN

Die Prominentenblockade gegen die Nazi-Demonstration am 1. Mai bekommt ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft prüft den Anfangsverdacht eines strafbaren Verhaltens, wie ein Sprecher am Montag sagte. Bisher sind vier Verdächtige identifiziert. Neben Staatsrepräsentant Wolfgang Thierse hatten sich auch Pankows Bürgermeister Matthias Köhne (SPD), der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland (Grüne) sowie Berlins Integrationsbeauftragter Günter Piening an der Sitzblockade auf der Bornholmer Straße beteiligt. Mindestens drei von ihnen waren vor Ort per Polizeilautsprecher namentlich aufgefordert worden, die Straße zu verlassen.

Das Blockade-Quartett wurde am Montag im Innenauschuss des Abgeordnetenhauses heftig unter Beschuss genommen. Tom Schreiber (SPD) kritisierte, Thierse habe seine Immunität schamlos ausgenutzt. Kurt Wansner (CDU) forderte derweil Piening auf, sein Amt aufzugeben, "das er sowieso nicht vernünftig ausübt". Und Björn Jotzo (FDP) meinte, Thierse sei "offenbar der Kompass abhanden gekommen". Die Demokratie könne man nicht mit einem Rechtsbruch verteidigen.

Laut Versammlungsgesetz macht sich strafbar, "wer in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht". Thierse habe dennoch korrekt gehandelt, sagt der Anwalt Jony Eisenberg. Er verteidigt den Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, dem Teilnahme an der Blockade der Nazi-Demonstration am 13. Februar in Dresden vorgeworfen wird. Weil die Polizei die Route des Berliner Nazi-Aufzugs verheimlicht habe, habe Thierse das Recht gehabt, vor Ort spontan zu demonstrieren, so Eisenberg. Zudem sei diese Blockade weder als Gewalt noch als grobe Störung einzustufen. Nach Eisenbergs Auffassung hätte die Blockadeteilnehmer daher sogar die Möglichkeit, umgekehrt die Polizei zu verklagen. Denn die habe ihnen das grundgesetzlich garantierte Recht auf Versammlungsfreiheit nicht zugestanden.

Die Staatswaltschaft hat alle rund 30 Teilnehmer der Blockade im Visier. Auch die grünen Abgeordnetenhausmitglieder Benedikt Lux, Andreas Otto, Stefan Ziller, die Bundestagsabgeornete Nicole Gohlke (Linke), sowie der Landesvorsitzende der Grünen, Stefan Gelbhaar, waren vor Ort. "Das war einfach notwendig", sagte Gelbhaar am Montag der taz. Wenn die Staatsanwaltschaft die Aktion nun kriminalisieren wollten, "gehe ich damit sehr gelassen um".

Der Zentralrat der Juden hat die Sitzblockade unterdessen als Akt der Zivilcourage verteidigt. "Wenn jemand Gesicht zeigt gegen die Fratze des Faschismus, dann verdient er Respekt", sagte Zentralrats-Vizepräsident Dieter Graumann. "Jenseits aller juristischen Überlegungen, sollten wir Thierse Bewunderung zollen, dass er sich engagiert hat gegen den braunen Mob."

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