Nach dem Putsch in Mali: Jeder will schimpfen und fluchen

Westafrikanische Regerungen drohen, mit militärischen Mitteln gegen die Putschisten in Mali vorzugehen. In der Hauptstadt dagegen werden sie gefeiert.

Der Putsch erfolgte, weil viele Soldaten sich beim Kampf gegen die Rebellen im Stich gelassen fühlten. Bild: dapd

BAMAKO taz | Sobald einer der Demonstranten am Denkmal der Unabhängigkeit im Zentrum von Bamako Mikrofon und Kamera blitzen sieht, kommt er angerannt und fängt an zu brüllen. Es ist eine gewaltige Wut, die sich entlädt. „Vor 21 Jahren, am 26. März 1991, hatten wir gehofft, dass sich in unserem Land endlich eine Demokratie entwickelt“, sagt ein großer Mann im karierten Hemd.

Er spielt auf den historischen Umsturz an, den ausgerechnet der soeben gestürzte Präsident Amadou Toumani Touré (ATT) anführte. Dessen Putsch in Reaktion auf Massaker an Demonstranten durch die vorherige Diktatur beendete damals, vor 21 Jahren, eine grausame Militärherrschaft und brachte Mali eine Mehrparteiendemokratie.

„Aber schau dir unser Land doch an! Das ist doch in den vergangenen Jahren nicht demokratisch gewesen.“ Dann hält der Mann ein Blatt Papier in die Luft, auf dem steht: „Demonstration zur Unterstützung der malischen Armee und des CNRDRE“. CNRDRE ist das neu gegründete „Nationalkomitee zur Aufrechterhaltung der Demokratie und zur Wiederherstellung des Staates“: Die Militärjunta, die Mali regiert, seit meuternde Soldaten in der Nacht zum 22. März den Präsidentenpalast besetzten.

Der Demonstrant könnte ewig weitersprechen und das alte Regime verfluchen. Doch die übrigen Demonstranten, die eine Traube um ihn geformt haben, lassen ihn nicht. Jeder will schimpfen und seinem Hass auf den gestürzten Präsidenten Luft machen. Was währenddessen aus dem Lautsprecher dröhnt, nur hundert Meter von ihnen entfernt auf einem grünen Minibus, interessiert nicht. Doch die Lautsprecher scheppern so sehr, dass man ohnehin kaum verstehen kann, was die Unterstützer der Putschisten zu sagen haben.

Hoffen auf baldige Wahlen

„Endlich ist ATT weg!“, jubelt ein Demonstrant im blauen T-Shirt. Weg wäre ATT zwar auch, wenn es wie ursprünglich geplant Ende April Wahlen gegeben hätte. Der 63-jährige Präsident hatte angekündigt, nicht mehr anzutreten. „Aber wären die Wahlen überhaupt möglich gewesen? Du weißt schon, wie die Situation in Norden ist“, sagt ein dritter Demonstrant etwas leiser.

Er fängt an, darüber nachzudenken, was in der Nordhälfte Malis, die zwischen Mauretanien und Algerien tief in die Saharawüste hineinragt, passiert. Die Situation nördlich von Mopti spitzt sich zu. Die Tuareg-Rebellenarmee MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) breitet sich aus. Der Putsch letzte Woche erfolgte, weil viele Soldaten sich beim Kampf gegen die Rebellen im Stich gelassen fühlten. „Unsere Brüder dort oben leiden“, sagt der Mann.

Wichtig sei, dass das Nationalkomitee oder eine mögliche Übergangsregierung die Situation im Norden erst einmal in Griff bekommt, erklärt Ousmane Cissoko, Präsident der neu gegründeten Bewegung „Neue afrikanische Kraft“ (NFA). Sie hat am Mittwochmorgen ihre Anhänger zu der Kundgebung rund um das Unabhängigkeitsdenkmal mobilisiert. „Wir sind sehr glücklich, dass es zu diesem Putsch gekommen ist“, erklärt Cissoko, als die ersten Demonstranten wieder abziehen wollen. „Jetzt können wir uns auch vorstellen, dass es bald demokratische Wahlen gibt. Voraussetzung dafür ist natürlich politische Stabilität in Mali.“

Stabilität in Mali, aber anders, will auch die Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft). Auf einem eilig einberufenen Sondergipfel in der Elfenbeinküste entschieden die Mitgliedstaaten, Mali wegen des Putsches zu suspendieren. Gegen die Putschisten werden Sanktionen verhängt, das Land soll unverzüglich zur Demokratie zurückkehren. Gleichzeitig sollen Ecowas-Truppen bereitgehalten werden – „für den Fall, dass der CNRDRE die Beschlüsse nicht respektiert“.

Mitten in Bamako leert sich der Platz. Auch Oumar klemmt sein kleines Holzschild unter den Arm. Er ist stolz darauf, an der Demonstration teilgenommen zu haben. „Es geht um Mali“, sagt er. Und die Malier wüssten am besten, was gut für ihr Land ist. „Nicht etwa die Ecowas. Die hat so lange zugeschaut, was im Norden passiert, und jetzt will sie auf einmal Truppen schicken? Das ist doch lächerlich.“

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