Nach dem umstrittenen Holocaust-Gesetz: Kritische Meinungen nicht erwünscht

Die polnische Regierung fordert in einem Schreiben im Ausland lebende Polen dazu auf, ihre Landsleute zu melden, wenn sie etwas Schlechtes über das Land sagen.

Besucher gehen vor dem historischen Tor durch das frühere deutsche Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau in Oswiecim

Darauf legt die polnische Regierung zu Recht wert: Auschwitz war kein „polnisches Todeslager“ Foto: dpa

BERLIN dpa | Die rechtskonservative polnische Regierung fordert im Ausland lebende Landsleute auf, vermeintlich antipolnische Äußerungen an offizielle Stellen zu melden. Das berichtete der NDR am Mittwochabend unter Berufung auf ein ihm vorliegendes dreiseitiges Schreiben, das weltweit über die Botschaften und Konsulate verbreitet werde.

„Bitte dokumentieren Sie alle antipolnischen Äußerungen, Darstellungen und Meinungen, die uns schaden, und reagieren Sie darauf. Informieren Sie unsere Botschaften, Konsulate und Honorarkonsulate über jede Verleumdung, die den guten Ruf Polens beeinflusst“, heißt es demnach in dem Schreiben von Senatsmarschall Stanislaw Karczewski.

Hintergrund für den Brief ist das umstrittene Holocaust-Gesetz, das Präsident Andrzej Duda in der vergangenen Woche trotz Kritik unterzeichnet hatte. Das Gesetz droht denjenigen eine Strafe von bis zu drei Jahren an, „die öffentlich und wahrheitswidrig dem polnischen Volk oder Staat“ eine Mitschuld an Verbrechen zuweisen, die durch das NS-Regime begangen wurden. Das Vorhaben hat eine diplomatische Krise mit Israel ausgelöst und belastet auch das Verhältnis zwischen Polen und der Ukraine.

Der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Przylebski, teilte laut NDR mit, bei dem Aufruf handele es sich um „die üblichen Aufgaben einer diplomatischen bzw. konsularischen Vertretung“. Auf die Frage, ob Maßnahmen zur Strafverfolgung vorgesehen seien, teilte der polnische Botschafter mit, es gebe noch keine Ausführungsbestimmungen für das Gesetz.

Karczewski schrieb, Polen seien im In- und Ausland seit vielen Jahren „konfrontiert mit der schmerzhaften, ungerechten – und vor allem – faktisch nicht richtigen Formulierung ‚polnische Todeslager‘ ebenso wie mit der Beschuldigung, Polen sei in den Holocaust involviert gewesen“. Dies sei eine Kränkung der nationalen Würde.

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