Nach den Krawallen in Großbritannien: Gerichte schnell mit Urteilen

Die Randalierer in Großbritannien werden schnell abgeurteilt. Bislang wurden bereits 200 Urteile gesprochen. Zwei junge Männer sind nun des Mordes angeklagt.

Solidarität: Demonstration am Wochenende in Tottenham, London. Bild: dapd

LONDON taz | Ein britisches Gericht hat am Sonntag einen 17-jährigen und einen 26-jährigen des Mordes angeklagt. Die beiden sollen während der Krawalle in Birmingham in der Nacht zu Mittwoch mit einem Auto absichtlich in eine Gruppe von Menschen gerast sein, die ihre Läden vor Plünderern schützen wollten. Drei junge asiatische Männer kamen dabei ums Leben. Gegen zwei weitere Tatverdächtige im Alter von 23 und 27 Jahren bereitet die Polizei die Anklage vor.

Die Gerichte fällen seit Mittwoch rund um die Uhr Urteile. Insgesamt wurden fast 2.000 Menschen verhaftet, allein in London wurden bereits knapp 500 Urteile gefällt, die Hälfte davon gegen Minderjährige. Die Richter haben sich offenbar Premierminister David Camerons Forderung nach gnadenlosen Strafen zu Herzen genommen, manche Urteile erscheinen unverhältnismäßig hart. So wurde Ursula Nevin, eine Mutter von zwei kleinen Kindern, die bei den Krawallen nicht mitgemacht, aber ein Paar gestohlene Shorts von einer Bekannten angenommen hat, zu fünf Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Die Polizei von Manchester bejubelte das Urteil auf Twitter, löschte den Eintrag jedoch, nachdem Kritik laut geworden war.

Viele Fälle werden an höhere Instanzen verwiesen, weil die Amtsrichter das ihnen zur Verfügung stehende maximale Strafmaß von sechs Monaten Haft sowie 5.000 Pfund Geldstrafe nicht für ausreichend erachten. Der Telegraph wunderte sich, dass das Bild der Angeklagten nicht dem entspreche, "was wir erwartet haben". Zwar sind viele der Verurteilten mehrmals vorbestraft, doch eine ganze Reihe hat offenbar aus Opportunismus bei den Plünderungen mitgemischt.

Unter den Verurteilten befinden sich unter anderem ein Grafikdesigner, ein Postangestellter, ein Erzieher, eine Zahnarzthelferin, ein Jugendarbeiter, ein Koch, eine Tanzlehrerin und ein Gabelstaplerfahrer. Ein Zwölfjähriger wurde für neun Monate unter die Obhut von Sozialarbeitern gestellt, weil er eine Flasche Wein geklaut hat. Das gleiche Urteil erging gegen eine Elfjährige, die in Nottingham Scheiben von Geschäften eingeworfen hat.

Angeklagt wurde auch die Millionärstochter Laura Johnson, die an einer Eliteuniversität Englisch studiert. Die 19-jährige soll einen Fluchtwagen gefahren haben. Eine andere Teenagerin, die 18-jährige Chelsea Ives, die als "olympische Botschafterin" bei den Spielen in London im nächsten Jahr ausländische Ehrengäste begrüßen sollte, ist von ihrer Mutter angezeigt worden. Sie hatte im Fernsehen entdeckt, dass ihre Tochter an den Krawallen teilgenommen hatte.

Gegen die Mutter eines jungen Mannes, der bei den Krawallen in London dabei war, wurde Räumungsklage für ihre Sozialbauwohnung erhoben. Der Leiter des Bezirksrats von London-Wandsworth, wo Mutter und Sohn leben, sagte: "Als die Mieter ihren Mietvertrag unterschrieben, verpflichteten sie sich, nicht an illegalen Aktivitäten teilzunehmen. Das gilt nicht nur für die Mutter, sondern für den gesamten Haushalt." Cameron begrüßte die Maßnahme: "Leuten, die plündern und die Gemeinschaft bestehlen, muss man die Tür weisen." Wenn sie nun in Schwierigkeiten geraten, weil sie auf dem privaten Markt teuren Wohnraum finden müssen, so sei das ihre eigene Schuld: "Sie hätten nachdenken sollen, bevor sie plünderten."

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