Nach den Protesten in Bangladesh: Hunderte Fabriken machen dicht

Viele Produktionsstätten schließen nach den Protesten der TextilarbeiterInnen bis auf Weiteres. Die Regierung erlaubt nun die Gründung von unabhängigen Gewerkschaften.

Bei dem Einsturz des Rana-Plaza-Kompexes nahe der Hauptstadt Dhaka wurden mehr als 1.100 Menschen getötet. Bild: dpa

DHAKA/STOCKHOLM afp/dpa | Hunderte Textilfabriken in Bangladesch werden ab Dienstag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Verband der Textilhersteller und -exporteure begründete den Schritt am Montag mit den Protesten der Arbeiter nach dem Einsturz einer Fabrik mit mehr als tausend Toten. Der schwedische Modekette H&M schloss sich derweil einer Initiative zur Verbesserung der Sicherheit in Textilfabriken in Bangladesch an.

Geschlossen werden nach Verbandsangaben ab Dienstag in Bangladesch alle Fabriken im Industriekomplex Ashulia, der unweit des vor knapp drei Wochen eingestürzten Gebäudes liegt. In Ashulia hatten nach Polizeiangaben am Montag die Arbeiter von rund vier Fünftel der Fabriken ihre Arbeitsplätze wegen neuer Proteste verlassen. Sie forderten höhere Löhne und die Hinrichtung des Eigentümers des eingestürzten Rana-Plaza-Kompexes. Bei dem Unglück nahe der Hauptstadt Dhaka waren mehr als 1100 Menschen getötet worden.

Das Rana-Plaza-Unglück sorgte für massive Proteste gegen die Arbeitsbedingungen und mangelnde Sicherheitsvorkehrungen in den Textilfabriken des Landes, in denen vor allem auch zahlreiche westliche Marken ihre Kleidung produzieren lassen. Auch in Ashulia kam es seitdem immer wieder zu Protesten. In dem Industriegebiet produzieren rund 500 Fabriken, unter ihnen die wichtigsten des Landes.

Der Modekonzern H&M trat am Montag einem Abkommen zur Brandschutz- und Gebäudesicherheit in Bangladesch bei. Der Beitritt gelte zunächst für fünf Jahre, erklärte die nach Umsätzen weltgrößte Modekette der Welt. Das Abkommen war im vergangenen Jahr von den Gewerkschaften IndustriALL und UNI Global Union ins Leben gerufen worden, die zusammen weltweit 70 Millionen Arbeiter vertreten.

Es sieht unter anderem die Einsetzung von Brandschutzverantwortlichen in den Betrieben und eine intensive Überprüfung der Bausubstanz vor. Die Initiative hat den 15. Mai zum Stichtag für einen Beitritt erklärt, die Liste der beteiligten Unternehmen wurde bisher nicht veröffentlicht. Aus Deutschland ist aber beispielsweise bereits Tchibo beigetreten.

Rechte der ArbeiterInnen gestärkt

Desweiteren hat Bangladeschs Regierung die Rechte der Textilarbeiter gestärkt. Sie dürfen sich künftig in unabhängigen Gewerkschaften zusammenschließen und Lohnverhandlungen führen, erklärte Sprecher Mosharraf Hossain Bhuiyan am Montag in Dhaka.

Die Regierung kippte damit eine Regelung, wonach die Arbeiter für die Gründung einer Gewerkschaft die Zustimmung des Fabrikbesitzers brauchen. Bereits am Sonntagabend hatte das Kabinett entschieden, den gesetzlichen Mindestlohn von Textilarbeitern anzuheben, der derzeit bei etwa 30 Euro pro Monat liegt. Eine neue Summe wurde aber noch nicht festgelegt.

Außerdem begannen die Behörden damit, in fast 950 Fabriken im Land Sicherheitsstandards durchzusetzen. Die Arbeitsbedingungen dort waren von einer Untersuchungskommission am Sonntag als riskant eingestuft worden. 18 Fabriken wurden bereits geschlossen. In den fast 4000 Textilunternehmen in Bangladesch arbeiten mehr als 3,5 Millionen Menschen. Die Textilindustrie ist der wichtigste Wirtschaftszweig in Bangladesch.

Ein Gericht wies am Montag die lokalen Behörden an, alle Unterlagen, die das eingestürzte Gebäude Rana Plaza betreffen, innerhalb von sieben Tagen einzureichen. Außerdem soll eine Liste aller Textilarbeiter erstellt werden, die in den Fabriken in den oberen Stockwerken des Gebäudes arbeiteten und noch vermisst werden. Der Gebäudeinhaber, die Fabrikbetreiber und die Ingenieure, die den Bauplan des Hauses genehmigten und überwachten, waren festgenommen worden.

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