Nach den Übergriffen in Köln: Aufrüsten und einschreiten

Vier Wochen nach Silvester beschließt der NRW-Landtag einen Untersuchungsausschuss. Der neue Kölner Polizeipräsident setzt auf Härte.

Eine Gruppe Polizist_innen steht am Abend am Kölner Hauptbahnhof

Mehr Polizei mit mehr Befugnissen soll die Lösung sein. Foto: dpa

KÖLN taz | Die Kölner Silvesternacht wird den Düsseldorfer Landtag noch lange beschäftigen. Mit den Stimmen aller Fraktionen außer den Piraten setzte er gestern einen Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen ein. „Wir wollen das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zurückgewinnen”, erläutert Peter Biesenbach (CDU) das Hauptziel des Ausschusses.

Der 67-jährige Rechtsanwalt gilt als einer der profiliertesten Innenpolitiker der Opposition. Für die neue Aufgabe gibt er seinen Vorsitz im Untersuchungsausschuss zum Niedergang der ehemaligen Landesbank WestLB ab. Dort hatte sich Biesenbach als hartnäckiger Vernehmer gezeigt.

Hartnäckigkeit allein wird im Silvesternacht-Ausschuss allerdings nicht genügen. Auf die zwölf ordentlichen Ausschussmitglieder wartet ein erhebliches Arbeitspensum, um bis zum Herbst erhellende Erkenntnisse zutage zu fördern. Auch vier Wochen nach Neujahr ist weitgehend unklar, warum die Polizei die massenhaft sexuellen Übergriffe und Diebstähle nicht verhindern konnte. Zwei Berichte von Innenminister Ralf Jäger (SPD) brachten der Opposition keine befriedigenden Antworten.

Die Verteidigung des Innenministers stützte sich im Wesentlichen auf folgende Argumentation: Die überforderte Kölner Polizei habe eklatant versagt, indem sie in der Silvesternacht keine Unterstützungskräfte angefordert hatte. Und: Bei den Übergriffen handele es sich um ein gänzlich „neues Tatphänomen”, somit seien die Vorkommnisse nicht vorhersehbar gewesen.

Mehr als hundert offene Fragen

Jägers Strategie ist bislang aufgegangen: Die Mitte Januar vielfach geäußerten Rücktrittsforderungen sind verebbt, bei der zweiten Innenauschusssitzung vergangene Woche wirkte der Innenminister fast gelöst.

Doch es ist nicht ausgestanden. Die Beschlussvorlage für den Untersuchungsausschuss listet über hundert offene Fragen auf. Etwa, warum seine Behörden so wenig Bescheid wussten über die mutmaßliche Tätergruppe von kriminellen Nordafrikanern. In Köln und Düsseldorf erfasste die Polizei seit Jahren in den Analyseprojekten „Nafri” und „Casablanca” über 4.000 Tatverdächtige nordafrikanischer und arabischer Herkunft.

Auch die Personalsituation der NRW-Polizei soll hinterfragt werden sowie angebliche No-go-Areas in verschiedenen NRW-Städten. Der Ausschuss soll ferner Details zum Einsatzverlauf klären: Weshalb erkannten die Beamten während des Silvestereinsatzes erst so spät die massiven sexuellen Übergriffe?

Die rot-grüne Regierungskoalition hatte sich im Vorfeld bemüht, nicht als Verhinderer einer umfassenden Aufklärung dazustehen. Sie fügten dem endgültigen Untersuchungsauftrag allerdings Fragen zur Rolle der Bundespolizei zu – etwa, ob es unterschiedliche Lageeinschätzungen der Landes- und Bundespolizei gab und wie die Kommunikation zwischen beiden verlief.

Eine 140 Beamten umfassende „Ermittlungsgruppe Neujahr” ist weiterhin damit befasst, die Kölner Täter zu identifizieren. 924 Anzeigen sind bislang bei der Kölner Staatsanwaltschaft eingegangen, sie ermittelt mittlerweile gegen 35 Beschuldigte, in lediglich einem Fall wegen sexueller Übergriffe. Neun Nordafrikaner sitzen in Untersuchungshaft.

Aufrüsten und konsequent einschreiten lautet unterdessen die Devise der Kölner Polizei. Der neue Polizeipräsident Jürgen Mathies ist erst seit einer Woche im Amt, doch es gab schon drei Großrazzien. Für Karneval hat die Stadt 360.000 Euro teure zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen angekündigt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.