piwik no script img

Nach den Wahlen in KamerunStreit um das Wahlergebnis verschärft sich

Kameruns Opposition zieht sich aus Wahlkommission zurück und spricht von Fälschung. ihr Kandidat Issa Tchiroma reklamiert Sieg über Präsident Biya.

Oppositionsanhänger in Kameruns Hauptstadt Yaoundé mit Bildern und T-Shirts ihres Kandidaten Foto: Zohra Bensemra REUTERS
Dominic Johnson

Von

Dominic Johnson aus Berlin

taz | In Kamerun spitzt sich der Streit um die Präsidentschaftswahl vom 12. Oktober gefährlich zu. Das Oppositionsbündnis um Issa Tchiroma, wichtigster Gegenkandidat des seit 1982 regierenden 92jährigen Langzeitpräsidenten Paul Biya, zog sich am Samstagabend aus der Wahlkommission zurück und warf ihr „flagrante Fälschungen“ vor. Damit wird es kein von allen Parteien akzeptiertes amtliches Wahlergebnis geben.

Die kamerunische Wahlkommission ist derzeit im Begriff, die Einzelergebnisse aller Wahllokale zusammenzuführen, immer von einer Verwaltungsebene auf die nächsthöhere. Diese „Kompilationen“ sind, das zeigt die Erfahrung zahlreicher umstrittener afrikanischer Wahlen, der ideale Zeitpunkt für Wahlmanipulation, indem Ergebnisse einzelner Wahllokale unter den Tisch fallen, verändert oder komplett erfunden werden.

Auf der Ebene der zehn Regionen Kameruns lagen am Samstag fünf Regionen fertig vor – darunter die Ostregion an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik, traditionell Hochburg Präsident Biyas, und dem Südwesten an der Grenze zu Nigeria, Hochburg militanter anglophoner Separatisten, wo in weiten Landesteilen gar nicht gewählt werden konnte. Wie der französische RFI-Rundfunk berichtet, wirft der Vertreter von Tchiromas Parteienbündnis FNSC (Nationale Front zur Rettung Kameruns) der Wahlkommission vor, in beiden Landesteilen große Mengen zusätzlicher Stimmen für Biya erfunden zu haben, um den Wahlsieg des Amtsinhabers sicherzustellen.

Die Wahlkommission muss laut Gesetz spätestens zwei Wochen nach der Wahl ein Endergebnis vorlegen, also bis Sonntag 26. Oktober. Nach kamerunischen Berichten führt in den offiziellen Zahlen derzeit Biya mit 52 Prozent der Stimmen vor Tchiroma mit 38 Prozent. In den von Oppositionellen verbreiteten Einzelergebnissen aus 31 der 58 Départements des Landes führt demnach hingegen Tchiroma mit 49 Prozent der Stimmen vor Biya mit 37.

Kundgebungen „gegen den Wahlverrat“

Der langjährige ehemalige Minister Tchiroma, der sich erst vor Kurzem von Biya lossagte und zum gemeinsamen Kandidaten mehrerer Oppositionsparteien wurde, hat sich bereits vergangene Woche zum Wahlsieger erklärt und die Streitkräfte aufgefordert, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sein Bündnis FNSC gibt an, über die Ergebnisprotokolle aus 80 Prozent aller Wahllokale zu verfügen und daraus seinen klaren Sieg ableiten zu können; es will diese nun veröffentlichen.

Am Wochenende wurde aus mehreren Städten gemeldet, dass sich Oppositionsanhänger zu friedlichen Kundgebungen „gegen den Wahlverrat“ zusammengefunden hätten. Biyas wichtigster Gegenkandidat bei den letzten Wahlen, Maurice Kamto, der diesmal wegen eines Formfehlers von den Wahlen ausgeschlossen war, warnte am Freitagabend vor „gefährlich ansteigenden Spannungen“ im Land und forderte, „dass die amtlichen Ergebnisse der Entscheidung der Wähler entsprechen“. Wer friedlich gegen Wahlbetrug protestiere, müsse dies tun dürfen; wenn es eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung gebe, gehe sie vom Versuch der Wahlmanipulation aus.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare