Nach der Ermordung Charlie Kirks: Kriegserklärung von rechts oben
Nach dem Mord am extrem rechten Aktivisten Charlie Kirk sagt die US-Regierungsspitze der politischen und gesellschaftlichen Linken den Kampf an.

Vance bekräftigte das Vorhaben. Die Antifa – bekanntermaßen keine feststehende Organisation – müsse verboten werden. Das hatte in der Vergangenheit auch Donald Trump immer wieder gefordert.
Dabei war selbst am Montag, als – aufgrund der achtstündigen Zeitverschiebung nach Redaktionsschluss der taz – die Staatsanwaltschaft in Utah die Anklage gegen den mutmaßlichen 22-jährigen Täter Tyler Robinson veröffentlichen wollte, über dessen Motiv, ideologische Ausrichtung oder gar Vernetzung rein gar nichts bekannt. Der Angeklagte kooperiere nicht mit den Ermittlern, hieß es. Übersetzt bedeutet das: Er schweigt.
An der Überzeugung der MAGA-Führung, es sei nunmehr an der Zeit, gegen ihre politischen Gegner mit aller Staatsgewalt vorzugehen, ändert das nichts. Selbst der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson hielt sich mit einseitigen Schuldzuweisungen nicht zurück, als er am Sonntag in der TV-Show „Face The Nation“ auftrat. Dabei hatte Johnson nur wenige Sätze vorher davon gesprochen, die politischen Führer des Landes müssten sich im Ton mäßigen.
Die gesamte Rechte spricht Charlie Kirk heilig
Auch Charlie Kirks trauernde Witwe Erika trug zur aufgeheizten Stimmung bei: Ihr Weinen werde als „Schlachtruf“ um die Welt gehen – die Mörder ihres Mannes hätten keine Ahnung, was sie da entfesselt hätten, sagte sie am Wochenende.
Erhellend war in der von J D Vance gehosteten Sondersendung allerdings, dass Vance und Miller den großen Einfluss Kirks auf Trumps Entscheidungen bestätigten. Vance erzählte offen, dass er Kirk zu großen Teilen zu danken habe, weil der sich für seine Nominierung als Trumps Vizepräsident stark gemacht habe. Und in der Übergangsphase der Regierungsbildung sei Kirk an nahezu allen Entscheidungen maßgeblich beteiligt gewesen, ob es um Personalfragen oder Dekrete ging.
In der gesamten Rechten wird Kirk in diesen Tagen heiliggesprochen: als Christ, liebender Ehemann und Vater, Verfechter freier Rede und konservativer Werte. Im Umkehreffekt wird allen, die auf Kirks tatsächliche rassistische, frauenfeindliche, verschwörungstheoretische und rechtsextreme Positionen hinweisen, unterstellt, sie feierten seine Ermordung.
Das Besondere in diesem Fall: Solche Verdrehungen kommen nicht von irgendwelchen spinnerten rechten Youtubern, sondern direkt aus dem Weißen Haus, dem Justizministerium, dem Heimatschutzministerium und der Spitze des FBI. FBI-Direktor Kash Patel hatte in der vergangenen Woche seinen Auftritt bei der Pressekonferenz in Utah nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters mit den Worten beendet: „An meinen Freund Charlie Kirk: Ruh dich jetzt aus, Bruder. Wir halten Wache. Wir sehen uns in Walhalla.“
Und am Montag kündigte Donald Trump an, die New York Times zu verklagen, weil sie „illegale Wahlkampfhilfe“ für Kamala Harris geleistet hätten und immer gegen ihn berichtete. Im Ergebnis geht in diesen Tagen eine echte Angst durch die USA. Es ist die Furcht davor, die Regierung könnte die Ermordung Charlie Kirks nutzen, um gegen absolut alle vorzugehen, die den laufenden autoritär-faschistischen Staatsumbau kritisieren. Eine Methode, die insbesondere in Deutschland historische Vorbilder hätte.
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