Nach der Wahl in Kenia: Kritikern geht es an den Kragen

Die Proteste gegen den Sieg von Kenyatta sind niedergeschlagen. Kritische NGOs können froh sein, wenn sie nicht verboten werden.

Rettungskräfte, die einen Menschen auf einer Trage einen Hügel heraufschleppen

Mitarbeiter des Roten Kreuzes bergen Opfer von Gewalt, Maathare, Nairobi, 12. August Foto: reuters

NAIROBI taz | Unklarheit und Willkür nehmen in Kenia zu, rund um den umstrittenen Wahlsieg von Präsident Uhuru Kenyatta. Bürgerrechtsgruppen, die eine Anfechtung der Wahlergebnisse beraten, werden vom Staat belästigt. Nachdem sie mit Schließung bedroht wurden, machte Innenminister Fred Matiang’i das wieder rückgängig – aber nur vorläufig, für 90 Tage.

Der „Kenianische Menschenrechtsrat“ (KHRC) und das gemeinnützige „Afrikanische Zentrum für Transparente Regierungsführung“ (Africog) werden beschuldigt, ihre Papiere und Steuern nicht in Ordnung zu halten.

Es ist aber wahrscheinlicher. dass sie für ihre kritische Haltung gegenüber den Wahlen und dem Vorgehen der Polizei bei Straßenprotesten abgestraft werden sollen.

Am Dienstag hatte es geheißen, man werde ihnen die Zulassung entziehen. Kurz bevor Minister Matiang’i am Mittwoch die Schließung um 90 Tage verschob, hatten Steuerbeamte das KHRC-Büro überfallen.

„Angriff auf jede unabhängige Stimme“

Den Beschluss, KHRC und Africog die Zulassung zu entziehen, traf Fazul Mahamed, der Vorsitzende der staatlichen Behörde für Nichtregierungsorganisationen. „Es ist ein Angriff auf jede unabhängige Stimme“, meint Africog-Direktorin Gladwell Otieno. 2013 hatte Africog zusammen mit der Opposition beim Gericht die Ergebnisse der letzten Wahlen angefochten – damals hatte auch schon Kenyatta gegen Odinga gewonnen.

KHRC-Direktor George Kegoro sagt, dass Fazil Mahamed „offensichtlich politische Unterstützung hatte, wenn ein solcher Amtsmissbrauch erlaubt ist“.

Das jüngste Opfer der Polizeigewalt ist ein sechs Monate altes schlafendes Baby

KHRC ist die bekannteste der Gruppen, die glaubt, dass es Unstimmigkeiten bei den Wahlergebnissen gibt. Voriges Jahr hat Fazal Mahamed schon einmal versucht, KHRC zu schließen, aber ein Gericht hatte das für ungültig erklärt.

Im November forderte der staatliche Ombudsman, Mahamed zu feuern, weil er nicht die erforderlichen akademischen Qualifikationen für sein Amt besitzt. Aber das ist nicht geschehen.

KHRC übte auch scharfe Kritik am Auftreten der Polizei gegenüber den Demonstrationen der Opposition nach der Bekanntgabe des Wahlsiegs von Präsident Kenyatta am Freitag.

Polizisten schossen auf Jugendliche, die Barrikaden bauten und mit Steinen und Stöcken warfen. In verschiedenen Oppositionsbastionen kamen mehr als zwanzig Menschen ums Leben.

Ein Baby unter den Toten

Das jüngste Opfer war ein sechs Monate altes Baby. Das Mädchen, Samantha Pendo, schlief in den Armen seiner Mutter, als die Polizei nachts in das Haus der Familie in einem Slum der westkenianischen Oppositionshochburg Kisumu eindrang.

„Wir hatten gewählt und waren zurück nach Hause gegangen, wie die Regierung die Bevölkerung angewiesen hatte. Warum ist die Polizei uns in unser Haus gefolgt?“, fragt sich der Vater, Joseph Abanja.

Er behauptet, dass die Polizei seine Tochter auf den Kopf geschlagen hat. Sie war bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert worden und starb am Dienstagnachmittag.

KHRC drängte schon am Wochenende auf Untersuchungen der Polizeieinsätze. Viele Einwohner von Armenvierteln, die von der Polizei abgeriegelt wurden, klagen, dass Polizisten in ihre Häuser eindrangen, Bewohner schlugen, mit Vergewaltigung drohten und Geld forderten.

Die Polizei verneint das. Auch Innenminister Matiang’i erklärte, dass keine Demonstranten umgekommen seien, nur „Kriminelle“.

Präsident Kenyatta und sein Vize William Ruto machen kein Geheimnis aus ihrer Abneigung gegen Bürgerrechtler. Sie glauben, dass Menschenrechtsorganisationen kenianische Zeugen präpariert haben, um beim Internationalen Strafgerichtshof gegen sie auszusagen. Die Anklagen gegen Kenyatta und Ruto wegen Anstiftung zur Gewalt nach den Wahlen 2007 waren schließlich fallengelassen worden, nachdem Zeugen ihre Aussagen wieder zurückgezogen hatten.

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