Nach erfolgreichen Protesten gegen Rechte: Blockade reizt Fahnder

Der erfolgreiche Protest gegen eine Veranstaltung von Rechtspopulisten hat juristisches Nachspiel: Gegen den Kreuzberger Bürgermeister laufen Ermittlungen.

Blockade mit Bürgermeister - und erfolgreich noch dazu. Bild: dpa, Jörg Carstensen

Anderthalb Wochen nachdem Proteste vor dem Kreuzberger Rathaus eine Sitzung der rechtspopulistischen Partei "Pro Deutschland" verhindert haben, laufen nun Ermittlungen gegen den Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). "Es geht um Paragraph 21 des Versammlungsgesetzes", bestätigte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Der Paragraph stellt es unter Strafe, nicht verbotene Versammlungen zu verhindern oder entsprechende Gewalt anzudrohen oder auszuüben. Dafür drohen eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft.

Mehrere hundert Menschen hatten sich am 30. Juni an den Protesten gegen das Treffen der Rechtspopulisten beteiligt. Diese hatten zuvor gerichtlich durchgesetzt, dass sie in dem BVV-Saal tagen dürfen, nachdem ihnen der Bezirk zunächst wegen Belegungsengpässen eine Absage erteilt hatte. Zahlreiche Parteien und Organisationen hatten zu den Protesten vor dem Rathaus aufgerufen. Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) bezeichnete das Vorgehen später als "vorbildlich", da Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft gut zusammengearbeitet hätten.

Die Polizei gibt derzeit keine Auskünfte dazu, was genau Schulz vorgeworfen wird. Medienberichten zufolge geht es darum, dass Schulz keine Anweisung zum Räumen des Zugangs zu den Räumlichkeiten gegeben hatte. Schulz selber zeigte sich von den Ermittlungen überrascht. Er habe bislang nur über die Presse davon erfahren, die Polizei habe ihn nicht in Kenntnis gesetzt. "Der Sachverhalt erscheint mir nicht logisch", sagt er.

Die Ermittlungen, die nun die Staatsanwaltschaft übernehmen soll, wurden laut Polizei von Amts wegen eingeleitet - also nicht auf eine Anzeige hin. Schulz zufolge ist aber das Vorgehen vor Ort mit der Einsatzleitung der Polizei abgestimmt gewesen. "Es gab die gemeinsame Einschätzung, dass es keinen Sinn hat, die Situation zu verschärfen", sagt er. Man habe die Versammlung von "Pro Deutschland" nicht durchgesetzt, weil das vor Ort zu Gewalt geführt hätte, das sei auch die Einschätzung der Polizei gewesen.

Klose stützt diese Aussage: "Das Vorgehen ist merkwürdig, weil die gesamte Vorbereitung und auch der gesamte Tag in Zusammenarbeit mit der Polizei gelaufen sind." Sie hofft, dass Schulz weiterhin offensiv mit der Sache umgehen wird. "Erst einmal muss man abwarten, was es genau ist und juristisch gegenprüfen lassen." Wenn möglich solle dann dagegen vorgegangen werden.

"Ich würde sagen, dass die Polizei sich geärgert hat", vermutet Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen. Ihm ist die Situation nicht fremd: Im vergangenen Jahr wurde nach einer Sitzblockade am 1. Mai gegen ihn ermittelt, mittlerweise sei das Verfahren eingestellt worden. Lux kritisiert das Vorgehen bei den Ermittlungen gegen Schulz: "Es ist misslich, wenn zuerst die Medien davon erfahren und nicht der Betroffene selbst."

Barbara Seid von der Friedrichshain-Kreuzberger Linksfraktion war selbst bei den Protesten vor Ort. Sie widerspricht dem Vorwurf, Schulz habe versucht, die Versammlung zu verhindern. "Franz Schulz hat den Zugang gewährleistet, die Türen waren offen." Es sei die Bevölkerung gewesen, die den Zugang der Rechtspopulisten zu ihrer Sitzung durch die Proteste blockiert habe. Die Fraktion stehe voll hinter dem Vorgehen des Bezirksbürgermeisters.

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