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Straße wird umbenanntBerlin streicht endlich das M-Wort

Nach über 30 Jahren Protest wird in Berlin die Anton-Wilhelm-Amo-Straße eingeweiht. Ein Sieg für die, die gegen kolonialrassistische Denkmäler kämpfen.

Was lange währt, wird endlich umbenannt: das Strassenschild vor der Umbenennung der „M“-Straße in Berlin Foto: Sebastian Gollnow/dpa

W as lange währt, wird endlich umbenannt. Am 23. August 2025 wird die Anton-Wilhelm-Amo-Straße eingeweiht. Seit über dreißig Jahren streiten Ber­li­ne­r*in­nen für diese Umbenennung dieser Straße in Mitte, die von den meisten entweder „Möhrenstraße“ oder schlicht „M-Straße“ genannt wird.

Die Umbenennung ist eine große Erleichterung und ein Erfolg, der gefeiert werden muss. Es ist aber auch ein Abschied. Viele Menschen hat das Streiten für die Umbenennung über die Jahre zusammengebracht. Inzwischen hat das auch Generationen verbunden. Aktionen, Kunstwerke und wissenschaftliche Arbeiten sind entstanden. Der Protest gegen kolonialrassistische Straßennamen hat sich in die Kultur der Stadt eingeschrieben.

Im Falle der zukünftigen Amo-Straße reicht dieser Protest mindestens bis in die 90er Jahre zurück. Legendär und häufig zitiert ist das Video der afrodeutschen Lyrikerin May Ayim, die Anfang der 90er vor dem Schild zum gleichnamigen U-Bahnhof einen weißen Schaumkuss verspeist.

Der Straßenname wurde in Theaterstücken und Ausstellungen thematisiert. Es entstanden dekoloniale Stadtführungen, Audiowalks, ein Picknick im ­U-Bahnhof und Fotoserien mit alternativen Straßennamen. Das ethnologische Institut der Humboldt-Universität lud gemeinsam mit der Nachbarschaftsinitative Anton-Wilhelm-Amo-Straße zum dekolonialen Flanieren ein.

Während der Black-Lives-Matter-Proteste gingen große Demonstrationen, hauptsächlich von jungen Erwachsenen und Schü­le­r*in­nen gestaltet, bewusst durch diese Straße und überklebten symbolisch ihren Namen.

Schluss mit Möhrchen

Seit 2013 lädt das Bündnis Decolonize Berlin jährlich am 23. August, dem internationalen Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und dessen Abschaffung, zum Umbenennungsfest. Dieses Jahr findet die Umbenennung wirklich statt. Ö-Striche über das O zu malen war ein beliebter Mikroaktivismus von Passant*innen. Jetzt ist Schluss mit Möhrchen.

Der Name auf einem Straßenschild zeigt uns, wer wir sind oder welche Gesellschaft wir sein wollen

Das Bewusstsein dafür, dass man rassistische Straßennamen auch ändern kann, ist in den vergangenen dreißig Jahren gestiegen. Besonders Schwarze Wissenschaftler*innen, Organisationen wie die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, aber auch Künst­le­r*in­nen haben dazu beigetragen, das Problembewusstsein zu schärfen und Alternativen aufzuzeigen.

Straßenschilder sind eben nicht nur Orientierungspunkte in der Stadt. Der Name auf einem Straßenschild zeigt uns nicht nur, wo wir gerade stehen, sondern auch, wer wir sind oder welche Gesellschaft wir sein wollen. Wen wir ehren.

Anton Wilhelm Amo, um 1703 geboren, war der erste bekannte Philosoph afrikanischer Herkunft in Deutschland. Die Namensgebung kommt der Forderung nach, Straßen nicht einfach umzubenennen, sondern den Kontext beizubehalten und die Perspektive zu wechseln. Geschichte soll eben nicht unsichtbar gemacht werden, sondern sichtbar. Deshalb sollen zusätzlich eine Gedenktafel und eine Infosäule installiert werden.

Veranstaltungen rund um die Amo-Straße und Aufklärung zu kolonialen Spuren im öffentlichen Raum wird es weiter geben. Ab jetzt gibt es aber auch eine Protestgeschichte zu erzählen. Und das ist eine Erfolgsgeschichte. Wer bisher Striche über das O gemalt hat, kann zukünftig ein paar Herzchen für Amo dalassen.

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Simone Dede Ayivi
Simone Dede Ayivi ist Autorin und Theatermacherin. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim. Aktuell arbeitet sie zu den Themen Feminismus, Antirassismus, Protest- und Subkultur.
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87 Kommentare

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  • Ich finde es nicht richtig wenn Menschen über einen Namen entscheiden ohne Die Anwohner mitzunehmen und da der Streik so lange geht muss man davon ausgehen! Ich finde die Anwohner alleine hätten entscheiden sollen ob der Name geändert wird oder nicht! Hinzu kommt da die Stadt das will soll die auch sämtliche Kosten der Anwohner übernehmen für Passänderung usw.

    Dann sollten auch die Anwohner über den neuen Namen entscheiden wie zukünftig die Straße heißt.

  • Hey... wir haben Menschen hier, wie unsere Autorin, die erleichtert und glücklich sind, dass ein kulturell verletzendes Wort in die Schranken verwiesen wird. Wie damals der M-Kopf als Süßigkeit.

    Und das wird hinterfragt?????

  • Ich seh ja ein, dass ein Straßenname, der vielen Betrachter einfach wehtut, ohne irgendwem zu nutzen, keine gesteigerte Existenzberechtigung hat. Aber warum muss es eigentlich auf Teufel komm raus ein Schwarzer sein, nach dem die Straße stattdessen benannt wird? Sollte so eine Umbenamsung nicht helfen, die Einordnung von Menschen nach Identität endlich mal zu überwinden?

    • @Normalo:

      "Sollte so eine Umbenamsung nicht helfen, die Einordnung von Menschen nach Identität endlich mal zu überwinden?"



      Sie meinen, die Umbenennungen sollten sich nicht an intrinsischen Eigenschaften von Menschen, also den Identitätsmerkmalen, orientieren, sondern an relationalen, das heißt den Beziehungen? Wie stellen Sie sich das im konkreten Fall vor?

      • @Phoebe:

        Ich kenne die Straße und den Stadtteil zu wenig, um das beurteilen zu können. Es gibt bestimmt irgendwas Anderes in der Geschichte - Ereignisse, Bewohner etc. - oder der Lage der Straße, das bezeichnend genug ist, um einen neuen Namen zu inspirieren.

    • @Normalo:

      Man sollte aufhören, Straßen nach Personen zu benennen. Mit wechselnden Zeitgeist wird man bei jedem irgendwann irgendwas finden, was irgendjemand für untragbar hält.



      Man könnte mal wieder Anfangen, Straßen nach Dingen und Berufen zu bezeichnen, z.B. Ingenieursboulevard Informatikerallee oder Politikergasse.

    • @Normalo:

      Weil der vorherige Name schwarze Menschen diskriminiert und beleidigt hat. Wo ist das Problem dies durch den neuen Namen anzuerkennen? Gerade in Zeiten zunehmendem Rassismus in Deutschland, wo rein gar nichts überwunden wird. Im Gegenteil!

      • @Andreas J:

        Weil "Überwindung" nunmal heißt, Diskriminierung hinter sich zu lassen - das schließt ein,, einen Menschen auf ein bestimmtes Straßenschild zu setzen, WEIL er schwarz war. Es mag gut gemeint sein, aber der Stempel bleibt.

  • Also abwertende Bezeichnungen für Fremde gibt es übrigens auch in anderen Kulturen.



    de.wikipedia.org/wiki/Langnase



    Mich würde interessieren, wie dort damit umgegangen wird, ob man es noch aussprechen darf oder es als "xy"-Wort umschreibt. Ich meine, wegen des Respekt...



    Mich persönlich würde die Bezeichnung, so ich sie verstehen könnte, nicht beleidigen oder in meinem Selbstverständnis beeinflussen. Es wäre auch in Ordnung, wenn es in China, Japan etc. hier und dort eine "Langnasenstraße" geben würde.

    • @Vigoleis:

      Abwertende Bezeichnungen in anderen Kulturen entschuldigen unseren Rassismus in keinster Weise. Sie relativieren indem sie auf andere zeigen.

      • @Andreas J:

        Nö, ich zeige auf niemanden, sondern sehe nur auf mich selbst. Ich mache ja gerade anderen keinen Vorwurf aus dergleichen Eigenheiten.

  • Wie überaus lästig, dass die rechten Tendenzen von der Taz goutiert mal wieder zuhauf ihren Niederschlag in den Kommentaren finden, mal schauen, ob Vorwärtsgewandte auch ihre Berechtigung haben. So ist der „Mohr“ durchaus ein belasteter diskriminierender Ausdruck und selbst wenn der Begriff veraltet & kaum verwendet, so trifft er POC’s denen es ein Anliegen war, das rassistische Erbe dieser Straßenbenennung positiv umzuwandeln. Basta! Die Swastika an sich ist auch kein fragliches Symbol, der Kontext macht die Problematik da sie von den Nazis übernommen wurde. Zu keiner Zeit wurden mit „Mohren“ Heilige oder Könige bezeichnet, die Straße erhielt ihren Namen nach den versklavte Afrikaner*Innen, die idR als „Hof-“, „Leib-“ und „Kammermohren“ bzw. als Musiker zu dienen hatten. Als „Mohren“ wurden sie vor allem für Repräsentationszwecke missbraucht. In exotischen Fantasiekostümen hatten sie Genussmittel & Kolonialwaren zu servieren, auf Wagen & Kutschböcken zu sitzen, dem Heer laut musizierend voranzumarschieren.

    lernen-aus-der-ges...einquartiert%20war.

    • @Lou Andreas-Salomé:

      Die Erklärung, was es mit den "Mohren" in Berlin ist überaus hilfreich - vielen Dank. Leider hätte ich sie fast nicht gelesen, weil sie erst nach dem Mokieren über die Existenz und Tolerierung anderer Meinungen kam. Wenn Sie nur ja nichts von außerhalb Ihrer ideologischen Blase lesen wollen, sollten Sie Orte meiden, wo Meinungsfreiheit noch gelebt wird.

      • @Normalo:

        Allerdings sollte man der Erklärung vollständigkeitshalber hinzufügen, dass die Bezeichnung "Mohr" damals nicht abwertend gemeint war. Erst in der heutigen Konnotation wird sie von PoC als abwertend wahrgenommen, weswegen es zu der aktuellen Namensänderung kam. Auch der neue Namensgeber Hr. Amo verwendete das Wort z.B. in seiner Arbeit "Über die Rechtsstellung der Mohren in Europa".

        • @Vigoleis:

          Ja, das ist die Zwickmühle - einerseits haben Sie völlig Recht, dass "Mohr" seinerzeit eigentlich eine nicht als Beleidigung gemeinte Beschreibung war. Andererseits aber beschrieb der Begriff aufgrund der Normalität von Rassismus in den Augen der allermeisten Verwender eben keinen einem weißen Europäer "gleichwertigen" Menschen. Der Titel des Amo-Buches lässt das durchblicken.

          Die Frage ist halt nur, ob das periodische Durchwechseln des vermeintlich einzig wahren nicht-rassistischen Begriffs (unter jeweiliger Verdammung aller Anderen) das Problem löst. Die Absurdität wird deutlich, wenn man bedenkt, dass die - aktuell als einzig hinreichend respektvolle Terminologie propagierte - Lösung "People of Color" schon wieder in der Sprachwelt des Jim-Crow-Amerika angekommen ist, wo "Colored" der Inbegriff der vom weißen Leben Ausgeschlossenen war. Ich bin jedes Mal gespannt, wo die politisch korrekte Mode als nächstes hinschwappt...

      • @Normalo:

        Hmmm… mansplaining? Na dann üben Sie sich doch bitte gern in den so erklärten Idealen und akzeptieren meine Meinungsfreiheit. Danke 😉

        • @Lou Andreas-Salomé:

          Uhh, gleich zwei slap-downs in so wenigen Worten. Ich wüsste aber weder, wo ich in dem Posting groß was erklärt hätte. Und Ihre Meinungsfreiheit habe ich auch nicht in Frage gestellt - nur angemerkt, dass Sie mit Ihrer Meinung über die Freiheiten, die ANDEREN hier zustehen sollten, möglicherweise Ihre den Eindruck etwas entwerten, den ihre inhaltlichen Ausführungen bei jenen Anderen machen.

  • Ich hab' die Begriffe "Negerküsse" oder "Mohrenköpfe" noch nie leiden können. Die haben mir irgendwie den Appetit verdorben.



    Höchste Zeit, dass solche Begriffe verschwinden! Auch das "Ziegeunerschnitzel" sollte nicht mehr serviert werden. Auch wenn eine Minderheit von Roma noch heute diese Bezeichnung verwendet oder toleriert, für mich sind diese Menschen "Roma".

    • @Il_Leopardo:

      Sie interessiert also nicht, wie diese Leute selbst genannt werden wollen?

      Was ihre Identität ist?

      Dass ein großer Teil sich überhaupt nicht als Roma sieht?

      Ich will Ihnen nichts unterstellen, ich glaube aucj nicht, dass man den Charakter anhand kurzer Kommentare erkennen kann.

      Allgemein ist mein Eindruck, viele hier wollen " Roma" statt "Zigeuner" sagen dürfen, um sich politisch korrekt ausdrücken zu können, und das war's.

      Diskriminierungen verschwinden halt so nicht, weil sich ja das Denken nicht ändert.

      Noch allgemeiner ist mein Eindruck:



      Der Kampf um Begriffe in der Wokeness-Kultur offenbart die Hilflosigkeit, Diskriminierung im Denken zu verdrängen.

      • @rero:

        Ich glaube kaum, dass dunkelhäutige Menschen "Mohren" genannt werden wollen.

      • @rero:

        Die Leute sollen selbst darüber entscheiden, wie sie genannt werden sollen. Und das darf nicht Gegenstand von rassistischen Fremdzuschreibungen sein. Punkt.



        Wenn also einzelne Sinti und Roma sich als „Zigeuner“ betrachten bzw. keine Schwierigkeiten mit dem Begriff haben, gibt das Ihnen nicht automatisch das Recht, es genau so zu handhaben.



        Noch längst nicht kann die kritische Auseinandersetzung mit diskriminierenden rassistischen Zuschreibungen und Stereotypen ad acta gelegt werden und da kommen Sie mit ihrem Wokeness-Totschlag-Argument?



        Dann ist es wohl auch in Ordnung, wenn in gleicher rassistischer Manier wie von „den Zigeunern“ in antisemitischem Duktus von „den Juden“ schwadroniert wird?



        Natürlich - da haben Sie recht - ändern Worte nicht ordre per mufti das Denken. Aber rassistische, diskriminierende Sprache ist eben der manifeste Ausdruck dessen, was an Rassismus und Diskriminierung mit dieser Sprache tatsächlich transportiert wird



        Ansonsten bringen Sie bitte einen konkreten Vorschlag, wie noch anders als über Sprachregelungen eine Änderung des Denkens und Verhaltens herbeigeführt werden kann.

    • @Il_Leopardo:

      Es könnten aber auch Szinti sein...

      • @charly_paganini:

        Noch genauer brauchen wir es nicht.

        • @Vigoleis:

          Die ethnischen Gruppen, welche als Zigeuner bezeichnet wurden, sind neben Sinti, Roma, noch Lovara, Kalderasch, Lalleri, Manouche, Jerli und Jenischen.

          cdn2.vol.at/2006/0...Sinti_und_Roma.pdf

          • @Lou Andreas-Salomé:

            Das stimmt und vermutlich wollen die Angehörigen all dieser ethnischen Gruppen nicht als „Zigeuner“ stigmatisiert werden.



            Und übrigens legitimiert das Nichtwissen über die (sprachliche und kulturelle) Diversität des „fahrenden Volkes“ die Mehrheitsgesellschaft auch nicht, diese Minderheiten pauschal und stigmatisierend als „Zigeuner“ zu subsumieren..



            Unwissenheit (oder auch Ignoranz) schützt halt vor Dummheit nicht, wie meine Oma sagte. Aber darin stimmen wir wahrscheinlich überein.

            • @Abdurchdiemitte:

              „Aber darin stimmen wir wahrscheinlich überein.“ Durchaus, ich wollte auch nur ergänzen, denn leider werden aus eurozentrischer Sicht dann auch Ethnien übersehen. Wie bei den „Indianern“ die weder Inder waren noch ein einheitliches Volk sondern sich aus verschiedenen Stämmen zusammen setzten.

  • Im Artikel fehlt entscheidendes: warum hieß die Straße so? ...Kontext, Intention?



    Könnte man das bitte nachholen

    • @ferry:

      Oh bitte schauen Sie nicht im, von rechten Gedankengut durchseuchtem deutschen Wikipedia, wie der mehrepisodige gut recherchierte Podcast „Sockenpuppenzoo“ kürzlich aufdeckte. Schauen Sie lieber hier

      lernen-aus-der-ges...einquartiert%20war

    • @ferry:

      Schauen Sie mal hier nach:



      de.wikipedia.org/w...ra%C3%9Fe_(Berlin)

      Den Namen gibt es wohl schon seit ca. 200 Jahren. In den zahlreichen Erklärungsversuchen geht es fast immer um "Mohren" oder "Mauren", die sich mehr oder weniger "freiwillig" in Berlin aufhielten und entweder in der späteren Mohrenstraße wohnten oder diese Straße als Passage nutzten.



      Die Gegner der Umbenennung wollen m.E. einfach nicht verstehen, dass der Name vielleicht nicht vor 200 Jahren, aber späterhin eine negative Konnotation hat.

  • Überall nur mehr Bilderstürmer am Werk. Einen Begriff zu entfernen ändert nichts an seiner Existenz.



    In Ägypten werden die Pyramiden auch nicht abgerissen, gleichwohl sie durch Blut und Qualen und unvorstellbare Entbehrungen von Sklaven errichtet wurden.



    Das Aufstellen von Infotafeln zur kritischen Auseinandersetzung begrüße ich außerordentlich. So sollte es immer gemacht werden. Als Gesellschaft wachsen wir nur durch Diskurs, nicht durch Verbote und Tilgung.



    Die Idee, wir wären weniger rassistisch, nur weil Worte wie N**** oder Mohr aus dem öffentlichen Raum entfernt werden, halte ich für sehr gefährlich. Das Gegenteil ist der Fall.



    Worte sind nie das Problem, sondern das soziale Bild, dass wir vor dem geistigen Auge haben, wenn wir ein Wort sprechen oder hören.



    Deshalb bin ich strikt gegen Verbote von Worten. Es würde uns als Gesellschaft viel weiter bringen, wenn wir daran arbeiten würden den Begriffinhalt von Worten aktiv zu positivieren, statt nur plump ein Wort aus dem Raum zu tilgen.



    So bleibt es im unsichtbaren Sprachgebrauch des Alltags völlig unangetastet und damit auch das jeweilige Bild davon.

    • @Saskia Brehn:

      Wie positiviert man den das N-Wort? Bin gespannt auf die Antwort.

    • @Saskia Brehn:

      "gleichwohl sie durch Blut und Qualen und unvorstellbare Entbehrungen von Sklaven errichtet wurden." Wurden sie nicht. Egyptische Pyramiden waren Lohnarbeit.

    • @Saskia Brehn:

      Sie schreiben, einen Begriff zu entfernen, ändere nichts an seiner Existenz. Im Gegenteil: Begriffe, die nicht mehr verwendet werden, geraten in Vergessenheit, und bei beleidigendem Vokabular ist das auch gut so.



      Eine Gesellschaft, die diskriminierende Begriffe aus dem öffentlichen Raum entfernt, ist definitiv weniger rassistisch als eine Gesellschaft, die dies unterlässt, denn sie verhindert, dass sich jemand herabgesetzt fühlt oder fremdschämen muss. Sie schlagen vor, "Mohr" positiv umzudeuten - das würde in der Praxis auf eine Zunahme rassistischer Beleidigungen hinauslaufen und wer die Sprecher:innen zurechtweist, würde die geheuchelte Antwort erhalten, der Begriff "Mohr" wäre ja überhaupt nicht böse gemeint.

      • @Phoebe:

        "Begriffe, die nicht mehr verwendet werden, geraten in Vergessenheit"



        Der Begriff wird eben nicht entfernt. Er wird nicht verboten, nichts. Es wird eine Straße umbenannt. Ende. Als ob ein Wort verschwindet, nur weil man ein Straßenschild in Berlin abhängt...



        Bitte schließen Sie nicht von Berlin-Mitte auf Deutschland, geschweige den gesamten deutschsprachigen Raum.



        Apotheken, Restaurants, Brauereien, Biersorten, Karotten, etc - Mohr/Mohren ist abseits der Berliner Bubble allgegenwärtig in der Alltagssprache.



        Da verschwindet gar nichts.



        Und selbst wenn es verboten werden würde - Naziparolen wie S*** H*** oder H*** H***** sind seit Jahrzehnten verboten. Weder sind die in Vergessenheit geraten, noch ist unsere Gesellschaft dadurch weniger rassistisch geworden.



        Sprache, der Gebrauch von Wörtern und vor allem die ihnen zugeschrieben Attribute, ändert sich einzig durch gesellschaftlichen Diskurs.



        Siehe Geschichte, egal welche Zeit, egal welche Gesellschaft.



        Den Straßennamen zu tilgen und in Kombination auch noch zu glauben, dass dadurch unsere Gesellschaft weniger rassistisch wird, ist blanke Selbsttäuschung.

        • @Saskia Brehn:

          "Den Straßennamen zu tilgen und in Kombination auch noch zu glauben, dass dadurch unsere Gesellschaft weniger rassistisch wird, ist blanke Selbststäuschung."



          Eine falsche Annahme wird durch Wiederholung nicht richtiger. Dass eine Maßnahme, die die Anzahl an Diskriminierungserfahrungen senkt, die Gesellschaft nicht weniger rassistisch machen soll, widerspricht jeder Logik, denn der Rassismus einer Gesellschaft ist mit dem Ausmaß an Diskriminierung identisch. Natürlich ist die Änderung des Straßennamens ein vergleichsweise kleiner Schritt und es gibt noch viel zu tun, wenn man alltäglichen Rassismus im Zusammenhang mit dem M-Wort reduzieren will, aber ich möchte darauf hinweisen, dass der eingeschlagene Weg beim N-Wort erfolgreich gewesen ist. Dass die Schokoküsse deutschlandweit umgetauft worden sind, ist ein weiterer Erfolg hin zu einer möglichst diskriminierungsfreien Gesellschaft, insofern unbeabsichtigter Rassismus verschwindet und Diskriminierungserfahrungen effektiv gesenkt worden sind. (Ich gehe davon aus, dass viele Menschen unbeabsichtigt problematische Begriffe verwenden, weil sie unzureichend informiert sind, und ihr Verhalten ändern, wenn man sie aufklärt.)

          • @Phoebe:

            (Fortsetzung) Dass durch Umbenennungen von Straßennamen beabsichtigter, hartnäckiger Rassismus nicht verschwindet, ist mir ebenso klar wie die Tatsache, dass sämtliche Vorschläge von Rassist:innen zur Rassismusreduzierung das Gegenteil des Behaupteten bewirken.

    • @Saskia Brehn:

      Hätten wir also all die Hitler-Büsten , die NS-Embleme an den öffentlichen Gebäuden stehen lassen sollen - mit einer Hinweistafel versehen? Ich stelle mich gerade vor, ich wohnte in der Adolf-Hitler-Allee No. 14. Das wäre mir nicht recht!

      • @Il_Leopardo:

        Ernst Thälmann ist in den FNL noch sehr präsent, bei Straßen, Denkmälern. Der Mann war KPD-Funktionär, erklärter Feind der Demokratie und ein übler Stalinist. Weil ihn die Nazis töteten und er in der DDR quasi zur Folklore gehörte, steht er unter "Schutz". Vielleicht sollte man da mal weitermachen.



        Allerdings warte ich eher darauf, dass man sich jetzt über die Humann-, Schliemann- oder Borchardtstraßen hermacht.

      • @Il_Leopardo:

        Bildersturm ist Bildersturm

      • @Il_Leopardo:

        Sie merken hoffentlich selbst, dass das ein Vergleich ist der mit "schräg" nur unzureichend beschrieben ist.

  • Ich hoffe, die Menschen, die diesen Begriff als Familiennamen tragen (ich kenne hier drei Familien), fühlen sich nun ihrerseits durch die Umbenennung nicht abgewertet.

  • >> Umbenennung der Mohrenstraße„Es betrifft uns alle, wie diese Straße heißt“

  • in hamburg gibt es immer noch die straßen-ehrung des durch dreiecks-handel zum reichsten mann europas (wenn nichtgar der welt) avancierten herr schimmelmann. n



    achdem eine neue büste für diesen herrn wg. protesten abgebaut werden mußte, reichte der postkoloniale protest nicht für neue straßen-namen aus. "Über 120 Straßennamen der Stadt weisen einen kolonialen Bezug auf."

    s. dazu auch:

  • Warum muss man das Konrad-Wilhelm-Amo-Straße nennen? Solche sperrigen Straßennamen sind viel zu lang. Bei Straßennamen geht es in erster Linie um Wege und Adressen zu kennzeichnen - und nicht um die Ehrung von Personen.



    Selbst der Autorin ist der Straßenname zu lang und sie schriebt nur von Amo-Straße.



    Hier in der Gegend ist ein Straßenname der so lang ist dass er nicht aufs Straßenschild passt und abgekürzt werden muss. Das ist absoluter Unfug.

    • @MK:

      Bischöflich-Geistlicher-Rat-Josef-Zinnbauer-Straße.



      Dies ist nach meinen Recherchen der längste Straßenname in unserer Republik.



      Ich liebe unsere deutsche Sprache, in der man unendlich lange Worte bilden kann. Als Kinder haben wir das immer gemacht (Donau-Dampfschifffahrtsgesellschafts-Kapitäns-Witwe.

  • Wo her hat die Autorin die Erkenntnis, dass die Straße von den meisten entweder „Möhrenstraße“ oder „M-Straße“ genannt wird? Mir ist das jedenfalls neu. Übrigens: "Möhrchen" war im Sinne der Intention der Straßenumbenenner wohl keine gute Lösung. Eine Biologin erzählte mir vor vielen Jahren, dass die Möhre ihren Namen der Mohrrübe verdankt und die werde wegen ihrer schwarzen Blüte in der Mitte der Blütendolde so genannt.



    Die Straßenumbenennung am 23. August ist wohl auch vom Tisch. Das Verwaltungsgericht hat die Pläne des Bezirksamts Mitte vorerst gestoppt. So vermeldete es heute früh jedenfalls diverse Medien.

  • Griechisch "μαύρος"



    Lateinisch "maurus"



    Französisch "maure"



    Deutsch "Mohr"



    Lässt sich etymologisch alles leicht und überzeugend herleiten. Wo ist der Rassismus?



    Wer soll eine Straße nach einer Menschengruppe benannt haben, um diese Gruppe zu diskriminieren? - So eine Unterstellung ist doch irre!



    Nun ist es, wie es ist. Auch gut. Bleibt nur zu hoffen, dass sich kein Plagiatsjäger über den neuen Namensgeber hermacht und womöglich auch noch fündig wird.

    • @Spiegler:

      "Lässt sich etymologisch alles leicht und überzeugend herleiten. Wo ist der Rassismus?"

      Wenn sie den Begriff etymologisch auslegen, sollten sie den griechischen Ursprung Μαῦρος "moros" auch klar benennen. Der steht nämlich für einen dummen Menschen. Moros bedeutet nichts anderes als "dumm". Die lateinische Ableitung davon ist "maurus" was dunkel-afrikanisch bedeutet. Jetzt können sie erahnen, welche Intention die Römer damals hatten, als sie in der Antike den Teil Afrikas so benannten, der dann als Mauretanien bezeichnet wurde. Schon der Begriff Mauren ist negativ konnotiert.

      Ein Vergleich mit anderen Sprachen ist in solchen Fällen eigentlich sinnlos, weil es keine Aussagekraft hat, außer das er in diesen Ländern in abgewandelter Form benutzt wird. Für sich gesehen lassen sich daraus aber noch keine Rückschlüsse ziehen, ob dieser Begriff rassistisch besetzt ist.

      Etymologie ist daher nur bedingt tauglich um Rassismus zu entlarven. In der Regel gibt die Historie darüber Auskunft, ab welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen ein Begriff belastet ist. In diesem Fall kann der Anfang im 16 Jahrhundert gesetzt und der Kippunkt auf das 18 Jahrhundert datiert werden.

    • @Spiegler:

      Das N-Wort leitet sich auch aus der Farbe Schwarz ab.



      Also, N-Wort wieder sagbar machen? Ist ja nur die Farbe, nicht die Intention entscheidend, ne?

    • @Spiegler:

      Ist Mohr etwa eine Selbstbezeichnung von Schwarzen? Ganz bestimmt nicht. Ihre Aufzählung sind eurozentristische Bezeichnungen von Weißen. Schwarze Menschen haben das Recht selbst zu bestimmen wie sie genannt werden. Dies nicht anzuerkennen ist Rassismus.

      • @Andreas J:

        Langnase ist auch keine Selbstbezeichnung von 'Weißen'. Trotzdem gibt es in jeder asiatischen Sprache diesen Begriff und er wird flächendeckend für 'Weiße' bis heute verwendet.



        Das Problem ist doch nicht schwarz oder weiß, das Problem sind die daraus konstruierten sozialen Kategorien.

        • @Saskia Brehn:

          Sie machen sich die Sache zu einfach. Wurden die Weißen etwa von Asiaten Kolonisiert und ausgebeutet? Nein! Also kein Argument um rassistische Sprache zu relativieren oder zu verteidigen.

          • @Andreas J:

            "Wurden die Weißen etwa von Asiaten Kolonisiert und ausgebeutet?"



            Ja, zu Millionen. Weiße Sklaven waren im Orient sehr verbreitet. Es gibt reihenweise Photoaufnahmen von weißen Sklaven neben ihren Herren, da war die Skalverei in den USA und Europa längst abgeschafft.



            Vor allem im arabischen Raum war die Skalverei bis weit ins 20. Jahrhundert legal, teilweise bis ins Jahr 1980.

            • @Saskia Brehn:

              Auch die Bezeichnung "Orient" für den arabisch geprägten Teil Asiens wird von vielen Wissenschaftlern als Rassistisch abgelehnt, weil er auf Klischees und Vorurteilen basiert. Er steht auch nicht stellvertretend für den gesamten asiatischen Raum in dem die Versklavung weißer Menschen außerhalb des arabisch geprägten Teils nicht die Regel war. Sie relativieren mit Halbwissen. Und mit der Versklavung schwarzer Menschen durch Europa hat das rein gar nichts zu tun, sondern ist eine Abwehrreaktion indem man auf andere zeigt, anstatt zu reflektieren.

              • @Andreas J:

                Lieber Andreas J, der Begriff Orient basiert nicht auf Klischees und Vorurteilen, sondern auf dem lateinischen Wort "oriens", was "Osten" oder "Aufgang der Sonne" heißt.



                "Oriens" ist nicht nur die Himmelsrichtung, es ist vor allem das Partizip Präsens des lateinischen Verbs "oriri", was schlicht "aufgehen", "entstehen" oder auch "sich erheben" bedeutet.



                Vielleicht mögen Sie Ihr Wissen diesbezüglich ein wenig auffrischen und in diesem Zuge auch gleich das über beispielsweise die Tscherkessen, bevor Sie nächstes Mal wieder plump die Rassismuskarte ziehen.



                Nichts für ungut und einen schönen Sonntag noch

              • @Andreas J:

                "Auch die Bezeichnung "Orient" für den arabisch geprägten Teil Asiens wird von vielen Wissenschaftlern als Rassistisch abgelehnt, weil er auf Klischees und Vorurteilen basiert"

                Nennen sie mir nur einen Wissenschaftler der das ernsthaft so sieht.

                Das Wort Orient ist abgeleitet vom lateinischen sol oriens, was soviel wie "Ort des Sonnenaufgangs" bedeutet.

                Von Rom aus wurde damit die Gegend bezeichnet in der die Sonne aufgeht und die lag im Osten = Oriens = Orient

                • @Sam Spade:

                  Womit sie schon mal bestätigen das der Begriff "Orient" eine eurozentristische Fremdzuschreibung ist. Für die geht die Sonne woanders auf. Hier wird mit Orient Ali Baba oder Bauchtanz verbunden, aber nicht der Nahe Osten. Ich kenne auch niemanden aus der Gegend der behauptet, dass er aus dem Orient kommt oder diesen Begriff gut findet. Wissenschaftler aus dem Globalen Süden lehnen ihn ab. Ab und zu mal die Perspektive wechseln.

                  • @Andreas J:

                    Die geografische Einheit Orient, die generell mit dem Nahen und Mittleren Osten verbunden wird, beinhaltete schon immer Werturteile. Und diese Werturteile wurden im Okzident getroffen.

                    Nun ist bei Ethnologen aber nicht die Rede von einer Abschaffung des Begriffs sondern von einer Ausweitung der Region.

                    Die heutige wissenschaftlich gängige Definition bezieht sich dabei auf die Regionen Vorderer Orient, Asien und Afrika unter Einbeziehung der regionalen Gegebenheiten.

                    Politisch korrekt ist dieser Begriff lediglich dann nicht, wenn er ausschließlich mit den Imaginationen des Okzidents auf einen regionalen Teil assoziiert wird.

                    Dann warte ich jetzt einmal auf die Übermittlung der Namen oder Quellen von Wissenschaftlern aus dem Globalen Süden, welche die Bezeichnung Orient aus rassistischen Gründen ablehnen.

              • @Andreas J:

                Also der Name "Orient" hat nun nichts mit "rassistischen Klischees" zutun, sondern bezeichnete aus europäischer Sicht die Territorien im Osten (also Asien, vornehmlich Vorderasien), während Europa selbst der Okzident (Westen) war.



                Natürlich sieht und bezeichnet die Welt, also "seine Welt" jeder aus seinem Blickwinkel. Für Chinesen ist China "Das Reich der Mitte", also der Mittelpunkt der Welt. Ganz schön großspurig! Aber keine rassistische Anmaßung gegen Europäer, die aus chinesischer Sicht einfach mal marginalisiert wurden.



                Was die "Versklavung schwarzer Menschen durch Europa" betrifft, sollten Sie nicht unerwähnt lassen, dass der "Westen" bis ins 19. Jh. im wesentlichen nur die Küstengebiete Afrikas kolonisiert hatte und beim Sklavenhandel auf die tätige Beihilfe der lokalen afrikanischen Herrschaftsstrukturen angewiesen war. Diese schafften auf diesbezüglichen Beutezügen das notwenige "Menschenmaterial" aus dem Inneren des Kontinents heran und wurden dafür bezahlt.



                Beispiel: Die berühmt-berüchtigten "Benin-Bronzen", die von Künstlern des Königreichs Benin hergestellt wurden. Der Rohstoff waren "Messing-Manillen", die die Europäer für Sklaven an die Herrscher in Benin zahlten.

                • @Vigoleis:

                  Das eigene Fehlverhalten mit Fehverhalten anderer zu relativieren, ist eine unreflektierte Abwehrreaktion. Weiße haben die versklavten Menschen gekauft und verschleppt. In wie fern Afrikaner daran beteiligt waren muss vor allem in Afrika aufgearbeitet werden und schmälert die Schuld Europas in keinster weise.

        • @Saskia Brehn:

          Fehlt nur noch, dass es in irgendeinem chinesischen Ort eine "Langnasenstraße" gibt. Ich kann mir das eigentlich nicht vorstellen - but you never know!

  • "Der Name auf einem Straßenschild zeigt uns nicht nur, wo wir gerade stehen, sondern auch, wer wir sind oder welche Gesellschaft wir sein wollen. Wen wir ehren."

    Das ist der entscheidende Punkt.

    Und der spricht gegen eine Umbenennung, weil mit dem alten Namen ja bereits Leute geehrt wurden.

    Für Amo hätte sich eine zusätzliche Straße gefunden.

  • Lurchator ist vollkommen zuzustimmen. Ich habe auch noch nie erlebt, dass jemand mit "Du Mohr" beschimpft worden ist. Da gab es immer diverse N-Wörter. Außerdem empfehle ich einen Blick nach Coburg, wo neben der Mohrengasse, der Mohrenstraße, dem Mohrenhaus, der Mohrenapotheke ein Mohr bzw. schwarzer Mensch das Stadtwappen ziert. Die einzigen, die das ändern wollten und taten, waren die Nazis in den Dreißigern, was nach der Befreiung sofort wieder rückgängig gemacht wurde. Es gibt genügend tatsächlichen Rassismus, der bekämpft werden muss. Da ist ein solcher geschichtsvergessener Aktivismus kontraproduktiv, da er spaltet und viele eigentlich Verbündete kopfschüttelnd zurücklässt.

    • @Max Burnley:

      Danke für die erhellenden Infos zu Coburg und den Nazis. Das habe ich noch nicht gewusst.

    • @Max Burnley:

      Einst wurden mit dem Namen "Mohrenstraße" in der Gegend gewohnt habenden afrikanischstämmigen Einwohnern Berlins gedacht. Darunter viele einfache Leute. Die Erinnerung wird nun stattdessen einem einzelnen Wissenschaftler zuteil. Dem hätte man ja stattdessen eine Straße im Uni-Viertel widmen können. Dann wäre dem beachtenswerten Akademiker Amo UND dem einfachen afrikanischstämmigen Berliner Bevölkerungsanteil mit je einer Straße gedient mittels Erinnerung per Straßennamen: Mohrenstraße UND Amo-Straße! Dann und nur dann hätte Berlin seine Schuldigkeit getan! Aber Berlin will halt noch nicht gehen :P

      • @Uwe Kulick:

        "Einst wurden mit dem Namen "Mohrenstraße" in der Gegend gewohnt habenden afrikanischstämmigen Einwohnern Berlins gedacht. Darunter viele einfache Leute."

        Stehen dann nicht die Umbenenner auf der falschen Seite? Dieses rassistische Unsichtbarmachen wuerde man doch eher von der AFD erwarten.

  • Naja, die Eiferer können ja dann auch die Werke der Weltliteratur endlich nach ihrem Gusto umschreiben. Das M-Wort hat seine Schuldigkeit getan. Mal sehen, wann verlangt wird die Grabsteininschrift von Ernst N-Wort zu ändern.

  • Am Wort Mohr ist und war nie etwas verkehrt. Wie der Leu für den Löwen ist das historisch.

    Vereinzelt gab es Kritik, wenn Apotheken den Mohren durch einen karikatierten Schwarzen darstellten, auch dort ohne jede negative Intention.

    Man muss sich überlegen, wie lange man dem Trolling noch in der Politik noch Raum geben will. Straßen benennt man jedenfalls nicht nach jemanden oder etwas, das man abwerten will.

    • @Lurchator:

      Wenn Schwarze das Wort Mohr ablehnen und als rassistisch empfinden, müssen Weiße nicht kampfhaft daran festhalten und auf Analogien aus dem Tierreich zurückgreifen und Kritik aus der Schwarzen Community als Trolling verunglimpfen. Reflektieren sie mal über ihnen ganz persönlichen Rassismus.

      • @Andreas J:

        Der Gebrauch des S-Wortes ist ebenfalls rassistisch.

      • @Andreas J:

        D’accord, ich verstehe dieses fortwährende rückwärtsgewandte Festhalten an wirklich falschen Denk- und Handlungsweisen unter dem Deckmäntelchen der Tradition ebenfalls nicht, vermute das ist so ein Boomer-Ding. Der Kopf ist doch rund damit das Denken die Richtung ändern kann. 😊

        • @Lou Andreas-Salomé:

          Boomer-Bashing weil es gerade wieder so gur passt? Das Festhalten an Denk- und Handlungsweisen ist keine Generationenfrage sondern Teil der menschlichen Kultur und damit auch nicht "rückwärtsgewandt". Darüber hinaus halte ich es höchst gefährlich alles, was nicht dem gerade gegenwärtigen Zeitgeist unterliegt oder woran sich eine Minderheit stört, als verdammungswürdig zu klassifizieren. M.E. sollten solche Entscheidungen demokratisch entschieden werden, und zwar entweder von Menschen die - wie in diesem Fall - Anlieger sind, oder durch Bürgerentscheid der betroffenen Stadt.

        • @Lou Andreas-Salomé:

          “Boomer” ist auch so eine negative, diskriminierende und verallgemeinernde Zuschreibung für einen nicht kleinen Teil unserer Gesellschaft. Ich fände es mehr als angemessen, wenn dieser Begriff nicht mehr verwendet werden wurde.

          • @Flocke:

            Nicht zwangsläufig, immerhin leitet sich der Begriff Baby-Boomer aus der Masse der Geburten während eines bestimmten Jahrgangs ab, das an sich ist erst mal nichts diskriminierendes. Und selbstredend haben die Boomer in Ihrer Jugend auch politische Ideale vertreten nur leider und mit dem Älterwerden, sind sie weniger geneigt, politisch notwendige Veränderungen für gesellschaftlichen Frieden, und das Inkludieren von marginalisierten Gruppen sowie die dafür erforderlichen Denkmuster zuzulassen. Das ist ein bedauerlicher Fakt der sich evident in den Wahlergebnissen niederschlägt. Ich werte nicht alle Boomer ab, es gibt Ausnahmeerscheinungen, aber ein gros verhält sich leider sehr rückwärtsgewandt. Und wenn sie sich von meinen Worten getroffen fühlen, so ist möglicherweise was dran worüber es nachzudenken lohnt 😊 Dennoch danke für den Hinweis 👍

            • @Lou Andreas-Salomé:

              Ich fühle mich durch Ihre Worte getroffen, da Sie ein Urteil anhand meines Alters über mich fällen, ohne mich zu kennen.



              Sie verwenden den Begriff “Boomer” als negative, pauschalisierende Zuschreibung für eine ganze Generation und gleichzeitig kämpfen Sie gegen solche Stereotypen in der Diskussion um die Benennung von Straßennamen. Merken Sie wo das Problem liegt?

            • @Lou Andreas-Salomé:

              "Tja, wer mit 20 nicht links ist, hat kein Herz, wer mit 50 noch links ist, hat keinen Verstand." So war es doch. Vielleicht dämmert es vielen "Boomern" jetzt erst, was sie angerichtet haben. Das negative Erbe, das diese Generation den Nachfolgern hinterlässt, scheint doch sehr viele Bereich zu betreffen und sehr facettenreich zu sein.

        • @Lou Andreas-Salomé:

          "... vermute das ist so ein Boomer-Ding." Wie kommen Sie darauf? Was meinen Sie damit konkret?



          Die Wikipedia belehrt uns nämlich über die Geburtsjahrgänge 1946 bis 1964 (die geburtenstarken Jahrgänge, deshalb "Boomer") so: "Die Baby-Boomer stellten in den 1980er Jahren als Schüler und Studenten die Masse der Friedensbewegung und der Umweltbewegung, haben in dieser Zeit also ein starkes politisch-gesellschaftliches Engagement an den Tag gelegt." Mmh, also eher linksdrehend.

      • @Andreas J:

        Die "Analogie" bezog sich aber auf die Bezeichnung bzw. die Begriffsverwendung und nicht auf das Bezeichnete. Das ist ein kategorialer Unterschied und hat nichts mit der Assoziation zutun, die Sie zu wecken versuchen.

        • @Vigoleis:

          Aus ihrer Argumentation leiten sie also ab, dass schwarze Menschen nicht das Recht haben zu kritisieren wie alte rassistische Bezeichnungen im öffentlichen Raum in einer zunehmend rassistischen, weißen Mehrheitsgesellschaft genutzt werden. Gleichzeitig gibt es hier bei uns noch immer Denkmäler für Kolonialverbrecher wie Karl Peters. Ich nenne das mal Totalverweigerung sich mit der kolonialen Vergangenheit auseinander zu setzen.

          • @Andreas J:

            Danke auch an dieser Stelle fürs Gegenhalten bei den übermäßig tendenziösen Ansichten 👍

            • @Lou Andreas-Salomé:

              Danke, gleichfalls. Ich finde es zum Kotzen was hier teilweise abgelassen wird. Teile unser Gesellschaft driften immer mehr in Richtung Menschenfeindlichkeit ab.

    • @Lurchator:

      Zumal derjenige, nach dem die Straße nun benannt wird die Bezeichnung "Mohr" offensichtlich ohne jede negative Konnitation verwendet hat - und zwar ungeachtet der eigenen Hautfarbe.

      Eine angebliche Verunglimpfung oder Stereotype kann ich dabei auch nicht erkennen.

      • @DiMa:

        Anton-Wilhelm-Amo wurde als Kind aus Ghana geraubt. versklavt und verschenkt. Ob oder mit mit welcher Konnitation er den Begriff Mohr in einer rein weißen Gesellschaft verwendet hat, wissen sie woher?

        • @Andreas J:

          So ganz genau kennt man die Geschichte von Herrn Amo gar nicht. Es gibt lediglich Vermutungen, wie er nach Europa kam.

          Eine weitere Möglichkeit ist, dass seine Familie damals mit den Holländer kooperierte, Sklaven verkaufte und als freier Mann zu einer Tante nach Amsterdam reiste.

  • Als "Mohren" wurden im Mittelalter unter anderem Heilige und Könige bezeichnet. Zur Kolonialzeit war das Wort bereits veraltet.