Nachhaltigkeit in der Elektronik: Reparieren ist das neue Kaufen

Das französische Unternehmen Back Market bietet gebrauchte Elektrogeräte im Netz an. Die Konkurrenz in diesem Markt ist groß.

Frau mit Smartphone

Muss nicht immer neu sein: Smartphone Foto: ap

BERLIN taz | Schon wieder ist ein neues iPhone auf dem Markt, der Fernseher ist zu fett, die Auflösung ist total 2015, und der Kühlschrank macht keine Eiswürfel. Immer schneller gibt es neue Elektroangebote auf dem Markt, die ihre Vorgänger veraltet aussehen lassen. Knapp 1,8 Millionen Tonnen neue Elektrogeräte kamen 2012 in deutsche Haushalte, rund eine Tonne landete im Müll, so die Statistik des Bundesumweltministeriums.

„Bei Lebensmitteln und auch der Textilindustrie findet ein Umdenken statt, und es gibt immer mehr ökologische und nachhaltige Angebote, aber die Elektroindustrie hinkt hinterher“, sagt Lisa Sievers. Sie ist die Managerin für Deutschland von Back Market. Das französische Start-up wurde im November 2014 von drei Freunden gegründet.

Back Market ist ein Marktplatz im Web, der seinen KundInnen verspricht, „qualitative Elektronik auch mit gutem grünen Gewissen“ kaufen zu können. Und zwar, indem sie Geräte kaufen, die sonst auf dem Müll landen würden.

Wer beispielsweise ein iPhone mit dem gesplitterten Display hat, kann es Back Market verkaufen. Für ein iPhone 5S mit 16 GB zum Beispiel erhält man noch 40 Euro. Back Market schickt das Smartphone dann an eine ihrer 40 Partnerwerkstätten in der Schweiz oder Frankreich. Diese prüfen das iPhone und bereiten es wieder auf.

Hat der Akku weniger als 80 Prozent seiner ursprünglichen Leistung, wird er ausgetauscht. Das wiederaufbereitete Gerät wird dann auf der Website angeboten – mit zwei Wochen Rückgaberecht und einem Jahr Garantie. Das beschriebene iPhone kostet nun 239 Euro, weniger als die Hälfte des Neupreises.

Kehrseite des europäischen Elektromülls

Neu ist die Idee nicht. Der Eckladen für gebrauchte Handys und Reparatur basiert darauf, und auch Onlineanbieter wie „As good as new“ oder „Wir kaufens!“.

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Bei Back Market soll es aber um mehr gehen: „Wir wollen nicht nur sagen, hier kriegst du ein günstiges Smartphone, sondern ein Bewusstsein schaffen für Nachhaltigkeit in der Elektronik“, sagt Sievers. Deshalb wirbt die Webseite mit „tech günstig grün“ und informiert über „programmierte Obsoleszenz“. Gemeint sind technische Schwachstellen, die von Herstellern eingebaut werden, aber auch das psychologische Marketing, das einen „Endloskonsum“ bei Verbauchern erzeuge, so Sievers.

Lisa Sievers, Manegerin Back Market

„Die Elektroindustrie hinkt hinterher“

Dass diese Botschaft bei allen KundInnen ankommt, bezweifeln selbst die Macher: „Wir überlegen zurzeit, wie wir sie noch besser vermitteln können“, sagt Sievers. Geplant ist unter anderem ein Projekt, das sich mit der Kehrseite des europäischen Elektromülls befasst. Denn einiges davon landet immer noch illegal im Ausland – zum Beispiel in Agbogbloshie. Der Ort in Ghana beherbergt eine der weltweit größten Elektromüllkippen.

Die Arbeiter nehmen die Elektronik manuell auseinander und verbrennen unbrauchbare Teile wie Plastik – was alles andere als gesund ist. Back Market plant eine Kooperation mit Jugendlichen, die dort Plastik sammeln. Die Teilnehmer des Projekts Agbogbloshie Makerspace Platform stellen aus gefundenem Plastik Handyhüllen her. Diese werden dann auf dem Onlinemarktplatz verkauft.

Zurzeit läuft auch die deutsche Erweiterung von Back Market. Seit fast einem Monat können KundInnen auf der deutschen Webseite Smartphones und Tablets kaufen, bald soll auch der Verkauf möglich sein. Danach werden wie in Frankreich weitere Haushaltsgeräte hinzukommen: von Kleingeräten wie Toaster und Kaffeemaschinen bis hin zur Waschmaschine.

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