Nachholbedarf bei Öko-PKW: Die vernachlässigte Revolution

Der Verkehrsclub Deutschland erklärt den Lexus CT 200h zum umweltfreundlichsten Auto. Denn der hat kaum Konkurrenz.

Auf einer dreispurigen Straße fahren dicht an dicht Autos

Wie hier in der Innenstadt von Stuttgart fahren auf deutschen Straßen kaum Öko-Autos Foto: dpa

BERLIN taz | Die deutsche Autoindustrie mache einen Fehler. Sie komme mit der Produktion sauberer Pkws nicht richtig voran. Dies sei „auf lange Sicht wirklich gefährlich“, erklärte Gerd Lottsiepen vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD), als er am Mittwoch die neue VCD-Autoumweltliste vorstellte.

Jedes Jahr macht der VCD dieses Umweltranking, bei dem neben der Klimaerwärmung durch das Treibhausgas CO2 auch die Belastung von Mensch und Umwelt durch Lärm und Schadstoffe eingerechnet ist. Angeführt wird es in diesem Jahr wie im letzten auch von einem Hybrid, bei dem ein Elektroantrieb den Verbrennungsmotor unterstützt: dem CT 200h der noblen Toyota-Tochter Lexus.

Dahinter: der Peugeot 208 Active BlueHDI 100. Der Kleinwagen schafft es erstmals auf Platz zwei, nachdem die Ingenieure den Motor erneuert, an der Karosserie gearbeitet und bessere Reifen aufgezogen haben. 2014 standen dort noch das Erdgasauto VW eco up und die baugleichen Seat Mii Ecofuel und Skoda Citigo. Jetzt sind sie auf Platz drei.

Eine „revolutionäre Entwicklung“ habe es im letzten Jahr nicht gegeben, meinte Lottsiepen. Die Autokonzerne betrieben „Facelifting“. Vor allem die Deutschen müssten aufholen, etwa was die Umwelttechnik in Kleinwagen angeht. Und die Elektroautos, die auch deutsche Firmen bauen? Die Emissionsdaten der Hersteller seien „unzuverlässiger“ als bei herkömmlichen Modellen, erklärt der Experte.

Politische Anreize fehlen

Darum betrachte der VCD sie nur außer Konkurrenz und berechne die CO2-Werte hilfsweise mit dem deutschen Strommix. Bester ist demnach der Volkswagen e-up. „Sensationell“, also ein Ökowunder, seien die Modelle alle nicht, sagte Lottsiepen, schon gar nicht, wenn sie als Zweit- oder Drittauto in der Garage stehen: „Man muss erst bis zu 30.000 Kilometer mit einwandfreiem Ökostrom fahren, um den Aufwand für die Batterie wieder rauszuholen“. Die Fertigung kostet Energie und verbraucht Rohstoffe.

Lottsiepen machte eine „technologische Ruhepause“ aus, dabei sei ein „Quantensprung“ nötig. Erst letzte Woche hatte das Umweltbundesamt moniert, dass der Klimaschutz im Verkehrssektor zu wenig vorangehe und auf den Straßen zu viele und zu große Autos mit zu starken Motoren unterwegs seien. Die Motorleistung ist laut dem Statistischen Bundesamt seit 2005 von 91 Kilowatt auf mehr als 101 Kilowatt gestiegen, das sind 137 PS. Diese Entwicklung sei nicht allein den Herstellern anzulasten. Es fehlten „politische Anreize“, monierte der VCD-Mann und forderte „ehrgeizige Grenzwerte“: einen Ausstoß von maximal 68 Gramm CO2 pro Kilometer ab 2025.

Bislang gilt: Ab 2020 müssen die Flotten der Autoindustrie EU-weit die Höchstgrenze von 95 Gramm einhalten. Gut 70 Modelle auf der Autoumweltliste erfüllen dies bereits. Der Klimabeste – in dieser Extrakategorie wertet der VCD nur den CO2-Ausstoß – ist der Toyota Yaris Hybrid mit 75 Gramm.

Noch können BMW, Daimler und Volkswagen ihre Premiumautos gut verkaufen, in Europa, in China oder in den USA. Die Motoren seien auch effizienter geworden, erklärte ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie: „Wir sind auf gutem Wege.“

Dass politisch aber mehr Druck möglich ist, zeigt sich in Kalifornien. Dort wird derzeit ein Gesetz geplant, nach dem vom Jahr 2030 an kein Auto mehr verkauft werden darf, das Abgase ausstößt. Kalifornien ist der größte Automarkt in den USA, er gilt als ein Leitmarkt. Aber nicht nur die Hersteller, auch die Kunden müssten umdenken und sich fragen,: „Welcher Typ passt zu mir?“, meint Lottsiepen. So reiche für größere Familien zum Beispiel oft ein Kombi statt eines überdimensionierten Vans.

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