Nachruf auf Gottfried John: Die ganze Palette

Der Schauspieler und Synchronsprecher Gottfried John ist tot. Ab 1974 war er Teil des Fassbinder-Ensembles, später auch Darsteller in „GoldenEye“.

Das Lächeln und die Nase von Gottfried John wird in Erinnerung bleiben. Bild: dpa

In einem Gespräch sagte Gottfried John einmal: „Ich spiele natürlich gerne die sehr selbstsicheren und starken Typen und würde mal eher behaupten, dass ich das Gegenteil davon bin.“ Der letzte Teil des Satzes fällt zusammen mit einem Lachen. Vielleicht kann er gar nicht ohne es sein, denn ein bisschen Komödie schwingt immer mit, wenn ein Mensch einen solchen Antagonismus verkörpert. Nur ist das Amüsement meist aufseiten der Beobachtenden zu finden. Dass an dieser Stelle Johns eigenes Lachen so charmant als spontanes Bindeglied fungiert, macht es umso schöner.

Am Montag ist der Schauspieler Gottfried John im Alter von 72 Jahren dem Krebs erlegen, er hinterlässt ein Werk, das über einhundert Filme umfasst und eben auch Momente wie diesen.

Geboren ist John am 29. August 1942 in Berlin, mitten im Zweiten Weltkrieg. Die Mutter wird mit ihrem Sohn nach Ostpreußen evakuiert, den Vater soll das Kind nie kennenlernen. Nach 1945 kommt es zur Trennung. Der Mutter wird das Sorgerecht entzogen, und Gottfried John kommt in ein Heim. Erst als 15-Jähriger kommt er wieder mit der Mutter zusammen. Ihre nächste Station: Paris. Hier verdingt sich Gottfried John als Straßenmaler und Bauarbeiter – wieder so ein Kontrast. Eine Hand kann Stift und Pinsel über eine Fläche führen, genauso wie sie zuzupacken vermag.

Nach Paris kommt Berlin. Oder besser: Nach Paris kommt Marlise Ludwig. Sie gibt John Schauspielunterricht, die ersten Engagements folgen. Berliner Schiller Theater, Landesbühne Hannover, Theater Krefeld, Heidelberg, schließlich das Frankfurter Theater am Turm (TAT).

Dort treibt Rainer Werner Fassbinder sein Unwesen und mit ihm ein Trupp, der sich zu Teilen aus Schauspielschülern aus seinem gefloppten Münchner Filmstudium zusammensetzt, allen voran Hanna Schygulla und Irm Hermann. Das antitheater entsteht, Peer Raben, Ingrid Caven und andere sind mit von der Partie. 1974 stößt Gottfried John dazu und wird Teil des abenteuerlichen Fassbinder-Ensembles, um das Mythen kreisen, die selbst genügend Stoff für Filme böten.

John wird zum Werkzeugmacher Jochen in Fassbinders Fernsehserie „Acht Stunden sind kein Tag“, kommt erstmals in Agentenkontakt in der Rolle des Einstein in dem großartigen Film „Welt am Draht“ (1995 trifft er dann als General Arkady Grigorovich Ourumov auf James Bond in „GoldenEye“) und wird 1980 zu Franz Biberkopfs Gegenspieler Reinhold in „Berlin Alexanderplatz“.

Unterbrechungen gab es im Leben des Gottfried John keine, anders ist eine solche Bandbreite kaum zu erklären. Aber es gibt auch blinde Flecken. John war nicht nur „Nase“, sondern auch Stimme. In einem Interview über die von ihm synchronisierte Figur „Shifu“ in Disneys „Kung Fu Panda“ gesteht er, den Sprechern würden alle Emotionen und Facetten abverlangt, die man sich als Schauspieler so wünschte: „Trauer, Freude, so ganz sensible Sachen, Zärtlichkeit, Wut, alles, die ganze Palette.“ Und „die ganze Palette“, die gab es auch bei Gottfried John.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.