Nachwuchshoffnung: Noch nach den Kegelbrüdern

Der 17-jährige Bjarne Geiss aus Neumünster hat das Zeug zu einem Spitzen-Badmintonspieler. Doch der Sport ist für ihn und seine Eltern bislang ein Zuschussgeschäft.

Angriff auf die Spitze: Badminton-Talent Bjarne Geiss. Bild: Frank Kossiski

HAMBURG taz | „Ich hatte keine Probleme damit, von zu Hause entfernt zu sein“, sagt Bjarne Geiss. 13 Jahre war er alt, als er ins Sportinternat im Hamburger Stadtteil Dulsberg zog. Seine Mutter dagegen habe gefürchtet, ihren kleinen Jungen gar nicht mehr zu sehen. „Aber ich wusste immer, dass es das Beste war, um voranzukommen“, sagt Geiss, der als Fünfjähriger mit dem Badminton begann.

Ohne seinen enormen Ehrgeiz wäre das 17 Jahre alte Badminton-Toptalent aus Wittorf bei Neumünster nicht hier gelandet. 22 junge Sportlerinnen und Sportler leben derzeit im Sportinternat, einer Einrichtung des Olympiastützpunktes Hamburg/Schleswig-Holstein. Das Internat nimmt Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr auf, die eine sehr gute sportliche Perspektive in den Sportarten Schwimmen, Beachvolleyball, Badminton und Hockey haben.

Mentale Stärke fehlt noch

Schwieriger als die räumliche Trennung war für Geiss die Umstellung auf ein ganz anderes Pensum. „In den ersten Monaten war ich immer müde, es wurde mehr trainiert als bei meinem Verein.“ Dazu kam das Krafttraining. Die Turniere liefen deswegen zu Beginn nicht gut. „Das ist alles normal, das wussten die Trainer auch. Für mich war das aber schwierig.“

An mentaler Stärke fehle es ihm noch, urteilt Landestrainer Thies Wiediger. „Bei Bjarne muss auf dem Spielfeld alles gut laufen.“ Wenn nicht, werde er schnell negativ. „Wenn man sagte, er neige dann zum Hadern, wäre das nett ausgedrückt.“

Mittlerweile hat sich Bjarne Geiss mit den Anforderungen im Sportinternat längst arrangiert. Sein Tagesplan: Aufstehen um 7.25 Uhr, Training von 8 bis 9.30 Uhr, Schule von 10 bis 11.30 Uhr, Mittagspause, Schule von 12.30 bis 16 Uhr, danach bis 17.30 Uhr Krafttraining, Abendessen, Hausaufgaben, Training von 19 bis 21 Uhr, Hausaufgaben, Schlafen. Viel Raum für Freizeit ist da nicht.

„Ich weiß ja, wofür ich das alles mache“, sagt Geiss. Sein Traum ist es, einmal bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. „Wenn die Spiele 2024 auch noch in Hamburg stattfinden sollten, wäre dies das Sahnehäubchen“, sagt der Rechtshänder, der ab Donnerstag bei den Deutschen Meisterschaften in Bielefeld im Doppel mit Daniel Seifert (TSV Trittau) und im Mixed mit Yvonne Li (Hamburger SV) an den Start gehen wird. Zusammen mit Seifert gewann er vor einem Jahr bei der U17-EM Bronze. Bei der Senioren-DM will er nun ins Viertelfinale.

Zögerliche Sponsoren

Bislang ist die ganze Badminton-Geschichte ein Zuschussgeschäft. Er werde zwar unterstützt von der Sporthilfe, dem Team Schleswig-Holstein und seinem Verein Blau-Weiß Wittorf, doch das Internat kostet pro Monat 450 Euro. Viel bleibt an seinen Eltern hängen. Geiss: „Pro Turnier entstehen Kosten von etwa 100 Euro. Bei 30 Turnieren im Jahr kommt da einiges zusammen.“

Die Suche nach Unterstützern ist zäh. Er kenne das aus Neumünster. „Da kommt Fußball, danach Handball – sogar Kegeln findet leichter Sponsoren“, sagt Geiss. Wenn die Kosten nur um 30 Euro pro Turnier fielen, würde das schon sehr helfen.

Er gibt sich keinen Illusionen hin, dass er in Deutschland mit Badminton Geld verdienen könne. Dafür müsste er später nach Dänemark gehen – oder nach China oder Malaysia. Das ist alles weit weg, räumlich wie zeitlich.

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