Nachzahlungen für NS-Zwangsarbeiter: 200 Euro Ghettorente

Menschen, die unter den Nazis zur Arbeit in einem Ghetto gezwungen waren, bekommen nun mehr Rente. 500 Anträge wurden bereits gestellt.

Das Bundesarbeitsministerium und das polnische Arbeitsministerium haben im Dezember das Abkommen unterschrieben. Bild: dpa

BERLIN taz/epd | Fast 70 Jahre nach Kriegsende hat der Bundestag beschlossen, dass auch Menschen in Polen, die während der NS-Zeit zur Arbeit in einem Ghetto gezwungen wurden, Anspruch auf eine Rente aus Deutschland haben. Ein entsprechendes Gesetz wurde am Donnerstagabend einstimmig beschlossen.

Im Dezember hatten das polnische und deutsche Arbeitsministerium ein Abkommen unterzeichnet, das den Weg für das Vorhaben freimacht. Es soll den Betroffenen ermöglichen, Renten einzufordern, die vor 1997 fällig gewesen wären. Bislang verhinderte eine 1975 zwischen Polen und Deutschland geschlossene Vereinbarung, dass Betroffene, die in Polen leben, eine Rente bekommen.

Wie die zuständige Staatsministerin Gabriele Lösekrug-Möller (SPD) erklärte, laufen bei den Rententrägern beider Länder bereits die Vorbereitungen, damit die Renten direkt nach dem offiziellen Inkrafttreten des Gesetzes bezahlt werden können. Dies wird Ende Februar sein, da zuvor noch das polnische Parlament sein OK geben muss. „Wir werden die Anspruchsberechtigten aktiv ansprechen, damit kein Anspruch und keine Zeit mehr verloren geht“, Lösekrug-Möller im Bundestag.

Durchschnittlich erhalten Betroffene nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums rund 200 Euro monatlich als sogenannte Ghettorente. Wie viele Menschen in Polen Anspruch auf Zahlung haben, ist nicht bekannt. Bei der Deutschen Rentenversicherung wurden bislang den Angaben zufolge 500 Anträge gestellt.

Auch Politiker anderer Fraktionen lobten die Einigung. „Das Gesetz beendet die Diskriminierung von Roma sowie Jüdinnen und Juden mit Wohnsitz in Polen“, sagte Azize Tank (Die Linke). Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass zahlreiche Anträge ehemaliger Ghetto-Beschäftigter nie abschließend beschieden wurden - „wegen angeblich mangelnder Mitwirkung“.

Um die Leistung gab es in den vergangenen Jahren Streit. Dabei ging es um die Möglichkeit, Rentenansprüche auch über längere Zeiträume rückwirkend geltend zu machen. Wegen komplizierter Regeln im Rentenrecht bezogen viele Betroffene erst Ansprüche ab 1997. Angesichts des hohen Alters der Berechtigten empfanden vor allem jüdische Verbände den langen Streit als unwürdig. Im Juni vergangenen Jahres wurde schließlich die Nachzahlung von Ghetto-Renten beschlossen.

Die deutschen Behörden hatten auch für Zwangsarbeiter und Beschäftigte in den Ghettos Sozialversichungsbeiträge abgeführt. Bereits seit 2002 existiert ein Gesetz, dass Rentenzahlungen möglich macht.

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