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Nahost-Autor über Frieden„Es wird ein Land für alle sein“

Die Chancen auf ein Ende der Gewalt in Israel und Palästina sind gering. Dennoch glaubt Peter Beinart an eine bessere Zukunft. Wie sie gelingen könnte.

Israelische Akti vis t:in nen haken sich unter, um Siedler im Mai 2024 davon abzuhalten, Hilfslieferungen nach Gaza zu blockieren Foto: Alessio Mamo/Guardian/eyevine/laif
Mitsuo Iwamoto
Leon Holly

Interview von

Mitsuo Iwamoto und Leon Holly

taz: Herr Beinart, was ist Ihre Vision von einem gerechten Frieden in Israel und Palästina?

Peter Beinart: Ich wünsche mir ein politisches System, in dem jüdische Israelis und Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen nebeneinander leben und dabei vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Ob in einem oder in zwei Staaten, ist letztlich nicht ausschlaggebend. Aber der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz ist für mich unverhandelbar. Ich leite ihn aus dem theologischen Prinzip ab, dass alle Menschen nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind. Daraus folgt für mich, dass Staaten alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandeln sollten, unabhängig von Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder Hautfarbe.

taz: Und in Israel/Palästina gilt dieser Grundsatz nicht?

Beinart: Nicht für alle. Im Westjordanland gibt es zwei Rechtssysteme. Eines für jüdisch-israelische Siedler, die Staatsbürger mit Wahlrecht sind, sich frei bewegen können und ordentliche Gerichtsverfahren nach zivilem Recht bekommen. Und eines für Palästinenser:innen, die keines dieser Rechte haben und auch nicht die Möglichkeit, israelische Staats­bür­ge­r:in­nen zu werden. Es ist ein System, das sogar Israels eigene Menschenrechtsorganisationen wie Yesh Din und B’Tselem als Apartheid bezeichnen. Für mich ist es ein moralischer Widerspruch, wenn Menschen dieses System in Israel/Palästina dulden, während sie in ihren eigenen Ländern auf Gleichberechtigung pochen.

Bild: Diana Beinart
Im Interview: Peter Beinart

ist Autor und Redakteur bei der jüdisch-amerikanischen Zeitschrift Jewish Currents. In seinem neuesten Buch, „Being Jewish after the Destruction of Gaza“, kritisiert er die Haltung des liberal-konservativen jüdischen Establishments in den USA zu Israel.

taz: Große Teile Ihrer Jugend haben Sie in Apartheid-Südafrika verbracht und nennen diese Erfahrung oft als Inspirationsquelle für einen möglichen Friedensprozess. Was haben Sie dort gelernt?

Beinart: In meiner Jugend haben wir mit Verwandten in Cape Town oft zum Schabbat zusammengesessen. Mit der Zeit bemerkte ich dann die Menschen, die nicht mit uns am Tisch saßen. Menschen, die sich im Hintergrund hielten, die in der Küche arbeiteten oder im Garten. Sie waren uns rechtlich untergeordnet. Wenn ich meine Verwandten danach fragte, sagten sie mir, dass das notwendig sei.

taz: Warum?

Beinart: Weil die Schwarzen Terroristen uns sonst töten würden, sagten sie. So dachten damals viele weiße Süd­afri­ka­ne­r:in­nen. Sie wussten, dass der African National Congress (ANC) einen militärischen Flügel hatte, bewaffnete Angriffe plante und seine Waffen aus der Sowjetunion bezog. Und sie dachten: Wenn wir die Apartheid abschaffen und sie frei entscheiden können, dann werden sie kommen und uns massakrieren.

taz: Und was passierte tatsächlich, als das Apartheidr egime fiel?

Beinart: Nichts dergleichen. Umkhonto we Sizwe, der militärische Flügel des ANC, vor dem die weißen Süd­afri­ka­ne­r:in­nen so viel Angst hatten, löste sich auf, als Schwarze Menschen das Wahlrecht erhielten. Genauso wie die Irisch-Republikanische Armee ihre Waffen niederlegte, als die Katholiken politische Gleichberechtigung erhielten. Denn sobald man wählen kann und eine Stimme in der Regierung hat, verfügt man über einen gewaltfreien Mechanismus, um den Staat dazu zu bringen, auf die eigenen Bedürfnisse zu reagieren.

taz: Trotzdem war die Angst weißer Süd­afri­ka­ne­r:in­nen vor Gewalt bei einem Ende der Apartheid weit verbreitet. Wie kann man diese Angst überwinden?

Beinart: Ich glaube leider nicht, dass moralische Appelle an die Gleichwertigkeit aller Menschen reichen. Wenn Menschen an Vorherrschaft gewöhnt sind, werden sie sich meist dafür entscheiden, diese fortzusetzen. Diese Systeme ändern sich nur, wenn es genug Widerstand gibt. Auch in dieser Hinsicht ist das Beispiel des ANC lehrreich. Denn auch wenn wir uns heute an Nelson Mandela vor allem als Friedensnobelpreisträger erinnern, wollte Mandelas ANC nicht auf Gewalt verzichten, bis ein Termin für freie Wahlen feststand.

taz: Gleichzeitig hat Mandela immer wieder versöhnliche Worte gegenüber der weißen Bevölkerung gefunden.

Beinart: Mandela hatte damals den Mut, auf weiße Süd­afri­ka­ne­r:in­nen zuzugehen. Er sagte: Wir werden uns militant gegen die Apartheid wehren, aber wir haben auch eine Vision, die euch in dieses zukünftige Südafrika einbezieht. Und Mandela gab sich viel Mühe, die Afrikaaner kennenzulernen und zu verstehen. Er machte es ihnen leichter, weniger Angst vor einer von Schwarzen geführten Regierung zu haben, weil er ganz ausdrücklich sagte: Dies wird kein Land nur für schwarze Süd­afri­ka­ne­r:in­nen sein. Es wird ein Land für alle sein.

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taz: Sollten auch Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen nachdenken, was so eine gemeinsame Vision wäre, die sie Israelis anbieten könnten?

Beinart: In der jetzigen Situation, in der laut unzähligen Ex­per­t:in­nen Israel in Gaza einen Völkermord begeht, mag das unfair klingen. Aber ja, ich denke, dass die palästinensische Bewegung erfolgreicher sein wird, wenn sie genau das tut. Sobald dieser Krieg endet, wird es hoffentlich eine Gelegenheit geben, diese Vision gemeinsam mit Israelis zu entwerfen. Orientieren könnte man sich dabei an Nordirland, wo Katholiken und Protestanten sich auf ein System der Machtteilung geeinigt haben. Die Gruppe, die nicht die Vorsitzende des regierenden Exekutivkomitees stellt, darf demnach immer dessen Stellvertreter ernennen.

taz: Welche Foren wären Ihrer Meinung nach für eine solche Zukunftsvision notwendig?

Beinart: Die Geschichte Südafrikas zeigt, dass es erst mal Druck auf die politischen und wirtschaftlichen Eliten braucht, um Verhandlungsbereitschaft zu erzeugen. Erst als die südafrikanische Führung in den 1980er Jahren erkannte, dass sie die Aufstände nicht einfach unterdrücken konnte und die Sanktionen der US-Banken die Wirtschaft beeinträchtigten, begann man einen Plan B zu entwickeln.

taz: Die EU-Kommission hat Sanktionen gegen Israel angekündigt, Deutschland ist dagegen.

Beinart: Ich habe keine Freude an Sanktionen gegen Israel. Ich sorge mich um viele mir nahestehende Menschen dort. Aber die politische Führung in Israel hat einen monströsen Weg eingeschlagen, der zu immer mehr Gewalt führen wird. Ich will nicht, dass der Widerstand Formen annimmt, die Zi­vi­lis­t:in­nen das Leben kosten. Aber dass es wirksamen Protest braucht, davon bin ich überzeugt. Idealerweise nimmt er Formen an, die unangenehm sind, aber nicht gewaltvoll. So wie wenn Israel nicht mehr am Eurovision Song Contest teilnehmen kann oder israelische Unternehmen auf dem Weltmarkt Einbußen erleiden. Ich glaube, dass es Israelis – genau wie den weißen Süd­afri­ka­ne­r:in­nen – langfristig besser gehen wird, wenn die Welt die israelische Elite unter Druck setzt, von dieser unerbittlichen Gewalt abzurücken und den Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen Grundrechte zu gewähren.

taz: Ein wichtiger Teil der Aufarbeitung der Gewalt unter dem Apartheidregime war die Wahrheits- und Versöhnungskommission. Ist ein ähnlicher Prozess auch in Israel/Palästina vonnöten?

Beinart: Derzeit ist es schwer vorstellbar. Aber wie wichtig so ein Prozess ist, sieht man in der jüdischen Geschichte. Die Stolpersteine, die Gedenktafeln, die Gedenkstätten in Deutschland – ohne dieses öffentliche Gedenken würde ich heute anders auf das Land blicken. Sollte es in Israel/Palästina je einen Aufarbeitungsprozess geben, müssten in diesem Zuge auch die Gräueltaten palästinensischer Gruppen aufgearbeitet werden, insbesondere der 7. Oktober.

taz: Während des Zweiten Weltkriegs verwehrten auch Länder wie Großbritannien und die USA vielen Jü­d:in­nen die Einreise. Eine der Lehren daraus ist, dass Jü­d:in­nen sich in der Stunde größter Not nicht auf andere verlassen können. Braucht es nicht auch deshalb weiterhin Israel als explizit jüdischen Staat?

Beinart: Ich kann diese Sorge gut nachvollziehen. Ich bin selbst mit dem Impuls aufgewachsen, zu glauben, dass die Antwort auf unsere Verfolgung die jüdische Vorherrschaft sei, also ein Staat, in dem Jü­d:in­nen regieren. Die zionistische Bewegung entstand auch aus der Desillusionierung heraus, dass Jü­d:in­nen in Europa nie gleichberechtigt behandelt werden würden. Aber die Ironie ist, dass Israel für Jü­d:in­nen mittlerweile der unsicherste Ort zum Leben ist, verglichen mit anderen großen jüdischen Gemeinschaften weltweit. Das ist kein Zufall, sondern eine Folge des Apartheidsystems. Unterdrückung führt zu einem Kreislauf aus Gewalt und Gegengewalt, während Systeme, in denen jeder Mensch eine Stimme hat, tendenziell friedlicher sind.

taz: Die Logik von Gewalt und Gegengewalt ist tief in Israel/Palästina verankert. Wie kann man ihr entkommen?

Beinart: Am ehesten können es jene Menschen, die ihre vermeintlichen „Feinde“, seien es Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen oder Israelis, unter Bedingungen kennenlernen, die gleichberechtigte Beziehungen ermöglichen. Beziehungen, in denen man die Menschlichkeit der anderen Seite sieht. Aus meiner Sicht entmenschlicht es Palästinenser:innen, wenn wir sie immer nur in die Schablone des ewigen Judenhasses pressen. Viele jüngere amerikanische Jü­d:in­nen haben ein differenzierteres Bild. Sie sehen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen weder als Heilige noch als Monster, sondern als Menschen, die großes Leid erfahren haben und auf teilweise unmoralische Art und Weise auf Unterdrückung reagieren.

taz: Was hat zu dieser veränderten Wahrnehmung geführt?

Beinart: Zu einem großen Teil die sozialen Medien. Dort können Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen für sich sprechen, während sie in den etablierten US-Medien oft nicht gehört werden. Heute gibt es viele Palästinenser:innen, die in den USA geboren sind und eine Sprache sprechen, die amerikanische Jü­d:in­nen verstehen, eine Sprache der Gleichheit und Freiheit.

taz: Die Chancen auf ein Ende der Gewalt stehen trotz der Friedenspläne schlecht. Gibt es etwas, das Ihnen dennoch Hoffnung macht?

Beinart: Die jüdischen Studierenden, die an der Columbia University gegen die Entführung ihres Freundes Mahmoud Khalil protestiert haben. Khalil hatte dort palästinasolidarische Proteste organisiert und wurde dann von Agenten der Abschiebebehörde ICE für mehr als 100 Tage inhaftiert. Und auch die Campus-Zeltlager gegen den Gaza-Krieg. Sie waren nicht perfekt, aber man sah dort muslimische und jüdische Studierende nebeneinander beten, Palästinenser:innen, die zu Schabbat-Gottesdiensten und Pessach-Sederfeiern kamen. Das sind Verbindungen, die die USA in den kommenden Jahrzehnten prägen werden.

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26 Kommentare

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  • Ich suche vergebens in der TAZ einen Artikel über die deutschen Teilnehmer an der letzten Gaza-Nahrungshilfe-Flotille.



    Im portugiesischen Staats-Fernsehen RTP3 war gestern eine Liveübertrragung über die Ankunft der 4 portugiesischen Teilnehmer/innen auf dem Flughafen Lissabon die dort nach ihrer völkerrechtswidrigen Verhaftung durch Israel und Unterbringung in einem Wüsten-Deportationsgefängnis von dort mittels Abschiebungsflug via Madrid , ankamen.



    Wer hat eine Erklärung dazu - waren die deutschen Teilnehmer alle bekennende Antisemiten oder wie oder was?

  • Warum nehmen wir nicht alle Palästinenser in Deutschland auf? Den Staat Israel gibt es mutmaßlich nur, weil es den Holocaust gegeben hat. Ohne den wäre Herzls Idee wohl kaum Realität geworden. Folglich tragen wir Deutschen eine Verantwortung für die Vertreibung der Palästinenser, denn ohne uns hätte die gar nicht stattgefunden.

    Es wäre darum nicht mehr als recht und billig, wenn wir den Palästinensern unser Staatsgebiet als gemeinsamen Staat anbieten würden. Inklusive 'Rückkehrrecht' aller Palästinenser, die sich in einer Fluchtsituation befinden. Es wäre dann zwar kein arabisch-israelischer Staat, aber ein arabisch-deutscher Staat. Wir würden damit außerdem unsere koloniale Schuld ein wenig abtragen.

    Das ist doch das, was viele hier den Israelis als Lösung antragen.?

    • @fleischsalat:

      Um Ihre Eingangsfrage zu beantworten: Weil viele ihre Heimat gar nicht verlassen wollen.

  • siehe auch hierzu: Forderung nach Politik jenseits Deutscher Staatsraison mit Maßnahmen wie :EU Importverbote von Produkten aus besetzten Gebieten, was ja Position der EJJP bei der EU war :www.youtube.com/watch?v=Z0ZrByF7eCM

  • Also wer sich in diesem Konflikt auf Gleichheit vor Gott bezieht, hat den Knall nicht gehört. Offensichtlich sind die Götter denen gegenüber, die andere Götter haben, im nahen Osten nicht so milde gestimmt.

  • "Ob in einem oder in zwei Staaten, ist letztlich nicht ausschlaggebend."

    Nach so einem Kommentar braucht man eigentlich nicht weiterzulesen. Doch, das ist absolut entscheidend. Jüdische Menschen möchten nicht in einem Land mit arabisch-palästinensischer Bevölkerungsmehrheit leben - und wie sich die Hamas eine Einstaatenlösung vorstellt, ist ebenfalls hinlänglich bekannt. Und die Behauptung, viele junge amerikanische Jüdinnen und Juden hätten ein "differenziertes" Bild von Palästinensern, ist doch geradezu himmelschreiend naiv - man sollte einen Mangel an Informationen nicht mit einem differenzierten Bild verwechseln. Wenn auf einer Demo oder einem Protest Hamas-Fahnen geschwenkt werden oder "From the River to the Sea" gerufen wird, sind Jüdinnen und Juden, die dort an Verständigung mit den Rufern glauben, nichts weiter als nützliche Idioten, die nach Erreichen der eigenen Ziele als Erstes über Bord geworfen werden sollen.

    Und, mal ehrlich: Gerade Südafrika immer als Positivbeispiel zu bringen, ist Unsinn. Die weiße Mittelschicht ist nach Ende der Apartheid in hoher Zahl ausgewandert, während das Eigentum im Land weiterhin weitestgehend reichen Weißen gehört. Tolle Zukunftsvision.

    • @Agarack:

      Beinart ist Jude. Was qualifiziert Sie, apodiktische Behauptungen darüber aufzustellen, was Juden möchten?

      • @Francesco:

        www.inss.org.il/pu...survey-march-2025/

        Ich zitiere mal aus dieser Umfrage: "A one-state binational solution receives only minimal support—4% of the public, with 16% support among Arabs and 1% among Jews." (Eine Umfrage aus Israel). Selbst, wenn Sie dieser konkreten Quelle nicht trauen sollten, werden Sie Schwierigkeiten haben, eine aktuelle Umfrage unter israelischen Juden aus Israel mit zweistelligen Zustimmungswerten zu einer binationalen Einstaatenlösung zu finden.



        Was Herr Beinart will, ist relativ unerheblich, da dieser als US-Amerikaner ohnehin nicht in einem solchen Staat leben würde.

  • Danke für dieses Interview mit Peter Beinart. Man sollte solche Menschen in den Friedensprozess einbeziehen anstatt dem Schauspieler Donald Trump.

    Peter Beinart spricht mir aus der Seele. Merkwürdig ist nur, dass, wenn ich dasselbe in eigene Worte fasse, oft Antisemitismus unterstellt wird. Das ist aber genau das Gegenteil, weil nur so die Gewaltspirale enden kann und Israel irgendwann ein sicherer Ort werden kann.

    Leider sind das alles nur schöne Wünsche. Die Realität ist eine eskalierende Gewaltspirale, die alle Juden weltweit, also nicht nur in Israel immer mehr in Gefahr bringt - wesentlich mit verursacht durch die israelische Regierung.

  • Wahlrecht ist ein wichtiger Teil politischer Teilhabe, aber eben auch nur ein Aspekt. Wie in Ägypten nach Mubarak, ist davon auszugehen, dass auch palästinensische Wahlberechtigte eine religiöse Regierung wählen werden, die Rechtsstaatlichkeit im Sinne westlicher Demokratien nicht will und ihre Gesetze nach religiösen Gesichtspunkten ausgestaltet. Und wenn dann in Gesetzen von Ungläubigen die Rede ist und sie politische Gegner sind, wird es immer wieder Konflikte zwischen Palästinensern und Israeli geben - und der Begriff Ungläubige ist nur ein Wort, das die Alarmglocken der Rechtsstaatlichkeit läuten lässt.



    Abstrakte Vergleiche und Lösungen lesen sich plausibel, haben mit politischer Realität nicht unbedingt etwas zu tun, siehe auch die taz vom 4.10.25 in der Rubrik argumente, Ein interessanter Beitrag zur Diskussion sind sie allemal, leider nicht mehr.

    • @Dietmar Schlosser:

      Die Behauptung, Palästinenser würden zwangsläufig religiöse Regierungen wählen, ist pauschal und falsch. Viele leben säkular, sind Christ*innen oder links, und genau deshalb wandern sie oft in westliche Staaten aus. Sie sehen sehr genau, was in Iran oder Afghanistan passiert und so wollen sie nicht leben. Dass 2006 Hamas gewählt wurde, hatte wenig mit Religion zu tun, sondern war eine Protestwahl gegen die korrupte Fatah. Hamas galt damals als weniger korrupte Alternative, die soziale Dienste bereit stellte. Bis heute gibt es vielfältige säkulare und linke Kräfte, sie werden aber durch Besatzung, Verfolgung und fehlende internationale Unterstützung systematisch geschwächt.

    • @Dietmar Schlosser:

      Der Punkt ist, dass die religiöse Regierung mehr Rechtstaatlichkreit bietet als die säkularen Regime von Mubarak oder Al-Sisi.

  • Die alte Story der Postkolonialisten.

    Konrad-Adenauer-Stiftung: Gibt es schon seit 1979 in . . . "Edward Saids „The Question of Palestine“, das zur Kampfschrift eines dezidiert antizionistisch motivierten Aktivismus geworden ist. Bereits 1989 wurde der Palästinenser Said in der Zeitschrift Commentary daher als „Professor of Terror“ bezeichnet und vor seiner Lehre gewarnt."

    Said sieht Israel von einer „kolonialen Apartheid-Politik“ durchdrungen. Die Notlage der Juden, die damals nach Israel kamen, hat ihn nicht interessiert, ebenso wie die damals jüngere Geschichte seit 1933 oder gar seit 3200 Jahren.

    www.kas.de/de/web/...elle-brandstiftung

    Und was halten die Südafrikaner davon, dass die Postkolonialisten "Apartheid" für den Israel/Palästina-Konflikt geklaut haben?

    Gar nichts.

    Africans for Peace: "Wir fordern das Wort »Apartheid« zurück!"

    "Warum die Gleichsetzung von Israel mit dem rassistischen Südafrika falsch ist."

    www.iz3w.org/artik...-israel-suedafrika

    • @shantivanille:

      Wenn ich Ihre Posts hier richtig verstanden habe, betrachten Sie sich als Buddhist? Dann ist Ihnen sicher das daoistische Yin-Yang-Symbol vertraut.



      Yin und Yang scheinen auf den ersten Blick unvereinbar zu sein: doch sie existieren nicht ohne einander – sie stehen miteinander im Einklang und in Verbindung und sind Teil des großen Ganzen.



      In jedem Yin findet sich ein kleiner Anteil Yang wieder und umgekehrt (symbolisiert durch den kleinen Punkt). So groß die Gegensätze auch sein mögen, sie sind nicht unüberbrückbar.



      Vielleicht sollten Sie einmal darüber nachdenken.

    • @shantivanille:

      Meine Güte, nennen Sie es doch einfach, wie Sie wollen, es ist purer whatsboutism mit einer streitsüchtigen Erörterung über die Definition des Begriffes Apartheid abzulenken. Abgesehen davon, dass in Deutschland übertragbares Denken aus der Geschichte anscheinend allgem. schwer fällt, denn das Wort Apartheid ist nicht eigens für Südafrika, sondern universell, genau wie das Wort Antisemitismus auch nicht eigens Nazis ist, weil diese das Wort erschaffen haben, sondern wir wissen heute trotzdessen, wie wir es einzuordnen und zu benutzen haben, nämlich übertragbar. Dass Sie sich an dem Wort Antisemitismus und seiner mittlerweile inflationären Benutzung stören, habe ich ja auch nirgends gelesen. Korrigieren Sie mich. Es ist schon ziemlich kaltherzig und einseitig, sich statt an den Unrechtszuständen, die Israel für Palästinenser und nicht-jüdische israelische Bürger erschaffen hat, an Begrifflichkeiten abzuarbeiten. Aber das ist leider typisch für diesen ganzen Horror, den Israel Palästinensern bereitet, was weder ein Konflikt noch ein Krieg ist, denn beides setzt Parteien auf Augenhöhe voraus, während in NO, aber nur eine israelische Übermacht und palästinensische Ohnmacht existiert!

      • @Edda:

        Begriffsklarheit hat keineswegs etwas mit Whataboutism zu tun, sondern es geht darum, was tatsächlich gemeint ist und was einfach gleichgesetzt wird. Apartheid, so wie wir sie aus Südafrika, Rhodesien oder dem Süden der USA kennen, beruhte auf einer expliziten Rassenideologie, die Menschen nach ihrer Hautfarbe hierarchisch ordnete und Schwarze in die unterste Stufe verwies. Zweifelos dürfte es Israelis geben, die Araber als Menschen minderen Werts betrachten - dies gilt übrigens auch umgekehrt. Doch ist das israelische Besatzungsregime nicht auf einer rassistischen Ideologie aufgebaut, und wer den Begriff "Apartheid" verwendet, tut dies daher nicht in analytischer, sondern in denunziatorischer Absicht. Aber Ähnliches gilt ja für den Begriff des "Genozids", der im Pro-Pali-Diskurs mittlerweile völlig von seiner eigentlichen Definition gelöst worden ist. Das Vorgehen ist immer das Gleiche: Man weitet Begriffe aus, um die damit verbundenen Konnotationen auch weiterhin agitatorisch auschlachten zu können.

        • @Schalamow:

          Zur begrifflichen Klarheit gehört allerdings auch der Verzicht auf Privatsemantiken. Apartheid ist, wie Sie vielleicht wissen, auch ein Rechtsbegriff, der in der AAK von 1973 definiert wird. Von einer „expliziten Rassenideologie“ ist dort allerdings nicht die Rede. Ohnehin wurden beide Vorwürfe – Apartheid und Völkermord – nicht einfach in den Raum geworfen, sondern von (teils sogar israelischen!) Menschenrechtsorganisationen und Rechtsexperten, sowie von diversen, auch europäischen, Regierungen und Kommissionen ausführlich gegründet und belegt. Wenn Sie dem widersprechen wollen, müssen Sie das auf demselben fachlichen Niveau versuchen; andernfalls, fürchte ich, geht es Ihnen wie in dem alten Witz mit dem Geisterfahrer. Unbegründete Unterstellungen (denunziatorische Absicht, Agitation) sind kein Argument, sondern eine Ausflucht.

        • @Schalamow:

          "Ähnliches gilt ja für den Begriff des "Genozids", der im Pro-Pali-Diskurs mittlerweile völlig von seiner eigentlichen Definition gelöst worden ist. Das Vorgehen ist immer das Gleiche: Man weitet Begriffe aus, um die damit verbundenen Konnotationen auch weiterhin agitatorisch auschlachten zu können."

          Jo, richtig. Die gesamte Debatte krankt daran. Es reicht nicht mehr über Verbrechen zu reden, es geht gar nicht mehr ohne diese Maximalbegriffe. Im Pro-Israel-Diskurs wird der Antisemitismus Stempel mittlerweile ebenfalls völlig beliebig ausgeteilt. Sogar Holocaust-Vergleiche - die lange zurecht als Tabu galten- werden beidseitig hemmungslos als Totschlagargument benutzt.



          Genau deshalb gibts auch gar keine echte Debatte mehr. Beide Lager haben sich argumentativ schon längst in die Sackgasse manövriert und schreien sich ohne erkennbares Interesse an einer für alle Menschen in Nahost friedlichen und versöhnlichen Lösung an.

        • @Schalamow:

          Dann belehren Sie uns bitte, wie man s richtiger nennt, dass für israel. Bürger entsprechend ihrer Abstammung/Religion innerhalb Israels, also einer rechtstaatlichen Demokratie, verschiedene Gesetze zum Nachteil von Nichtjüdischen und arabischen Israelis gelten und außerdem, dass für Juden in israelisch besetzten Gebieten und Araber, christlich wie muslimisch, zweier völlig verschiedene Rechtssystem a, die nicht nur in keinem anderen demokratischen Land, sondern nicht mal in irgendeinem anderen System Anerkennung finden würde, nämlich Zivilrecht, sogar für erwachsene Mörder, wenn’s Juden sind und Militärrecht, sogar für Kinder, wenn’s palästinensische sind! Es herrscht Trennung, Politik in den besetzten Gebieten. Araber dürfen auf Straßen die Israelis benutzen, nicht fahren, geschweige gemeinsam in gleichen Buslinien. Arabern ist praktisch alles verboten, was Juden in der Westbank für sich beanspruchen! Keine gemeinsamen Schulen Einrichtungen, alles sauber getrennt, ganz im Sinne der nationalistisch-religiösen Extremisten und Terroristen der schon immer dominierenden Siedlerbewegung, die es nun trotz Verurteilungen in die Regierende Politik geschafft hat!

          Wie nennt man all das?

    • @shantivanille:

      Ihre Versuche der Relativierung der Segregation in Israel, sowie der Link beruhen auf antipalästinensischer Propaganda. In dem Link wird gelogen (israelische Bürger seien rechtlich gleich),nicht ein Unterschied festgestellt, sondern lediglich, dass Apartheid Rassentrennung sei und deswegen nicht übertragbar auf Isr., was Blödsinn ist. In Israel nimmt den Platz der Rasse die Religion ein, die Mechanismen sind die gleichen: radikale Juden halten sich selbst für das auserwählte Volk Gottes und glauben, dass einzig ihnen das Land zusteht und das Araber ungläubig und minderwertig sind. Jüdische Siedler erziehen ihre Kinder zu Hass auf Araber, schon in israelischen Schulbüchern! Kann man sich ganz eindrücklich in der Arte Doku, „die Siedler der Westbank“ anschauen. Viele Juden verachten sogar andere Juden rassistisch, wenn die orientalischer Abstammung, also Misrachim sind, statt Ashkenazim, die den Zionismus aufgebracht haben, dessen Unterschied zu Rassismus nie wirklich klar wurde, da er im Gedanken der Einigkeit alle Nicht-Juden ausschließt und die Idee der Freiheit und eines eigenen Staates nur gläubigen Juden zugesteht, statt allen in dem Gebiet angestammten Menschen gleichermaßen!

    • @shantivanille:

      Ich bin mir nicht sicher, ob Sie jemals Said gelesen haben, aber wenn das der Fall ist, müsste Ihnen aufgefallen sein, dass der Artikel der KAS (!) haarsträubend falsch ist (und wenn jemand ausgerechnet in Commentary als Professor of Terror diffamiert wird, sollte man das cum grano salis lesen...).



      Apartheid ist, wie sie sicher wissen, nicht nur eine Bezeichnung für das entsprechende Regime in Südafrika, sondern ein Rechtsbegriff. Man kann diesen Begriff nicht "klauen" und er impliziert auch keine Gleichsetzung mit Südafrika, sondern beschreibt einen anhand formaler Kriterien definierten Zustand. Hier müssten Sie also wiederum beweisen, dass die Berichte (auch von israelischen Menschenrechtsorganisationen) laut denen Israel diese Kriterien erfüllt, falsch sind. Der Verweis auf eine kleine Aktivistengruppe ist kein Argument.



      Dass Ihre Verwendung des Begriffs "Postkolonialisten" als Feindmarkierung inhaltlich falsch und politisch gefährlich ist, habe ich Ihnen oft genug erklärt.

      • @O.F.:

        Im übrigen sei auch noch darauf hingewiesen, daß Beinart nichts mit dem Postkolonialismus zu tun hat (vielleicht googeln Sie einfach, wer das ist?). Die Absurdität, mit der solche Schlagworte verwendet werden, zeigt sich hier besonders deutlich...

  • Ein Artikel, der Hoffnung gibt.

  • Diese Vision verkennt leider völlig die Rolle der Religionen in diesem Konflikt, die sie während der Apartheid nicht hatten. Das wird immer Spannungen schüren, solange es nicht auch dort Fortschritte gibt.

    • @DieLottoFee:

      Damit das passiert, müsste, mal irgendeine Exekutive, den radikal fanatischen Juden in der Westbank, die ihre Siedlungen und deren steten Ausbreitung dort unter systematischem Landklau, sowie die ethnische Säuberung der Palästinenser als Ungläubige, als ihnen gegebenen Gottesauftrag betrachten, klarmachen und durchsetzen, dass in einer Demokratie weltliche, für alle unabhängig, der näher und der Religion gleich gültige rechtsstaatlicheGesetze über den göttlichen der Thora und des Talmud stehen! Auch müssen Sie begreifen, dass internationales Recht, wie das Völkerrecht, über ihren göttlichen Gesetzen steht! Das sind Leute, die außerhalb der Kernfamilie, keine gemeinsamen Räume für Männer und Frauen dulden, sogar in Öffis GeschIechtertrennung strikt durchsetzen, die in Israel das Sagen haben und die Agenda setzen, mit denen wir es zu tun haben!



      Islam u. Judentum ähneln sich halt nicht nur in Glaubensüberzeugungen, sondern sind auch als Gottesstaat in ihrem Fundamentalismus u. dem daraus folgenden Missbrauch der Religion als Rechtfertigung für Macht durch Staatterror u. Entmenschlichung des anderen, ebenso ähnlich, obwohl beide Religionen ausdrücklich und klar, genau das verurteilen!