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Nahost-BerichterstattungJournalistin über Bord

Die „Global Sumud Flotilla“ will Hilfsgüter nach Gaza bringen und nimmt auch Jour­na­lis­t*in­nen mit. Eine Italienerin wurde jetzt aber ausgeschlossen.

Foto: Sebastiano Diamante/LaPresse via ap

Am Sonntag ist es auch für die 18 Boote der „Global Sumud Flotilla“, die von Italien aus mit ihren Hilfsgütern für Palästina Gaza erreichen wollen, endlich losgegangen. Von Sizilien aus stachen sie in See, die Aktivist*innen, die Menschen aus Wissenschaft, Kunstbetrieb und Politik ebenso wie diverse Journalist*innen.

Doch eine war nicht an Bord, obwohl sie die Reise fest eingeplant hatte: Francesca Del Vecchio, die für die Turiner Tageszeitung La Stampa von der humanitären Mission, an der über 40 Schiffe mit rund 600 Personen aus 44 Nationen beteiligt sind, berichten sollte.

Del Vecchio berichtet, sie habe mehrere Tage lang an den vorbereitenden Trainings der Bootsmannschaften teilgenommen, bei denen etwa auch ein mögliches Eingreifen israelischer Sicherheitskräfte an Bord simuliert wird. Doch dann schrieb sie, sie sei aus der Mission ausgeschlossen, ja „regelrecht aus dem Hafen gejagt worden“ als „gefährliche Journalistin“, tätig zudem für eine Zeitung, die die Flotilla „täglich mit Scheiße bewirft“. In ihrem Text breitet sie zudem aus, dass sie – ebenso wie andere – durchsucht worden sei, dass sie zeitweise ihren Pass abgeben musste.

Nahost-Konflikt

Nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 startete das israelische Militär eine Offensive in Gaza, 2024 folgte der Vorstoß gegen die Hisbollah im Libanon. Der Konflikt um die Region Palästina begann Anfang des 20. Jahrhunderts.

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Italiens Journalistenverband FNSI reagierte sofort mit harschen Worten. „Journalisten zu verjagen, sie daran zu hindern, zu berichten, was geschieht, ist eine Wunde für die Demokratie“, befand Alessandra Costante, Generalsekretärin der FNSI, und sicherte Del Vecchio „volle Solidarität“ angesichts dieses Falles von „Zensur“ zu.

Doch den Vorwurf, da würde einfach eine unbequeme Stimme zum Schweigen gebracht, will die Global Sumud Flotilla nicht auf sich sitzen lassen. Ihre italienische Sprecherin Maria Elena Delia erklärte: „Wir wären verrückt, wenn wir die Berichterstatter nicht respektieren würden, doch wir haben uns zu unserem Schutz Regeln gegeben, die für alle gelten“, und Del Vecchio habe sich an diese Regeln nicht gehalten. „Wir haben verlangt, dass der Standort der Boote und der Ort der Trainings nicht bekanntgegeben werden“ – ebendies aber habe die Journalistin der Stampa getan. Daraufhin hätten die Kapitäne und die Bootsmannschaften für ihren Ausschluss votiert. Dabei gehe es eben nicht wie vom Journalistenverband behauptet um die Pressefreiheit, sondern um den Schutz einer „hoch riskanten Mission“. Wie riskant sie ist, hatte sich nicht zuletzt im tunesischen Hafen Sidi Bousaid gezeigt. Dort kam es vergangenen Dienstag zu einem mutmaßlichen Drohnenangriff auf zwei Schiffe der Flotilla.

Begeistert springt Italiens Rechtspresse auf den Fall der ausgeschlossenen Journalistin an

Begeistert sprang Italiens Rechtspresse auf den Fall der ausgeschlossenen Journalistin an, der ihr zum weiteren Mosaikstein wurde, um die Flotilla in schlechtes Licht zu rücken. „Zu viele Geheimnisse an Bord der Schiffe der Global Sumud Flotilla“, unkt zum Beispiel die Zeitung Libero und legt nach, mit dem Einzug ihres Reisepasses sowie der persönlichen Durchsuchung sei die Stampa-Journalistin behandelt worden, „als sei sie irgendeine Geisel in den Tunnels der Hamas“.

Überhaupt die Hamas – darf man Libero ebenso wie der römischen Tageszeitung Il Tempo glauben, dann ist die ganze Schar der Flotilla Ak­ti­vis­t*in­nen direkt von der palästinensischen Terrororganisation gesteuert. Wenigstens in diesem Punkt ist Del Vecchio mit den Kol­le­g*in­nen aus den rechten Redaktionen absolut nicht einverstanden. Was ihr widerfahren sei, „streift keineswegs die Güte der Mission“, schreibt sie.

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