Nato auf Instagram: Hold my Kampfjet
Krieg? Das geht auch in lustig! Denkt offenbar die Nato. Die hat das Jet2-Holiday-Meme genutz, um auf Social-Media mit Kampffliegern anzugeben.
Immer wenn man denkt, dass ein Meme durch jede Ecke des Internets gewandert ist, die Tante es schon im Whatsapp-Status hatte und es auch Markus Söder trödelig geliked hat, kommt noch ein verstaubter Account auf die Idee, den Trend mitzumachen. Lustig und innovativ ist das meistens nicht. Das neuste Beispiel: Der Social-Media-Account der Nato, ja richtig, der Account des militärisch-politischen Bündnisses. Krieg? Das geht auch in lustig!
Am vergangenen Dienstag postete die Nato auf ihrem offiziellen Social-Media-Account ein Reel. Flott geschnitten wechseln sich Hochglanzvideos von Kampfjets ab, die geschmeidig durch die Luft schweben. Darüber der Trendsound des Sommers: „Nothing beats a Jet2 Holiday“. Das Video hat auf Instagram 4,7 Millionen Aufrufe und ist eines der beliebteren Reels auf dem Kanal.
Das Meme des Sommers basiert auf einer Werbung von 2022: poppige Musik, eine überschrille Frauenstimme und Videos einer Bilderbuchfamilie, die ihre All-inclusive-Reise antritt. Meist sind die in der Werbung angepriesenen Paketdeals weit entfernt von dem versprochenen Fünf-Sterne-Urlaubsfeeling, aber das ist eher zweitrangig.
Die britische Billigflugairline Jet2 hat sich mit ihrem seit Jahren nicht veränderten Werbespot in die Meme-Kiste der Gen Z verfrachtet. User*innen nutzen den Sound, der sich aus dem Slogan „Nichts geht über eine Jet2-Reise“ und dem Lied „Hold my Hand“ von Jess Glynne zusammensetzt, um Videos zu teilen, in denen etwas Lustiges oder Peinliches passiert.
Man rutscht aus, wird Opfer eines Vogelschisses, hat leuchtend roten Sonnenbrand im Urlaub. Ups, die Pannenshow auf Tiktok, Instagram und Co. Das Social-Media-Team der Nato nutzte einen Remix des Sounds für die ganz eigenen Ziele: endlich mal angeben mit den Kampfjets.
Schwarzer Humor oder geschmacklos?
Die User*innen sind gespalten, manche erfreut der schwarze Humor des Accounts, andere finden den Zeitpunkt des Videos geschmacklos. Kurz nach der Veröffentlichung schossen die Kampfjets der Nato-Partner an der polnisch-ukrainischen Grenze russische Drohnen ab, die in der Nacht zum vergangenen Mittwoch den polnischen Luftraum massiv verletzten. Besonders für Polen und die Staaten in Osteuropa war es ein Moment der Bedrohung.
Dass das lustige Kampfjetvideo zuvor gepostet worden war, ist für manche User*innen nebensächlich. Instagram spielt Beiträge in keiner zeitlichen Abfolge aus, was wie hier zu Missverständnissen führen kann, wenn das Video erst Tage nach dem Drohnenabschuss in die Timeline hüpft. Statt lustiger Memes wünschen sich viele Kommentare auch wegen dieser Zeitlichkeit ein klares Statement der Nato. Denn deren Generalsekretär Mark Rutte vermied es, den Vorfall als gezielten Angriff Russlands zu betiteln.
Die Nato ist nicht der erste Account mit einem zumindest kontroversen „Jet2 Holidays“-Meme. Vor einigen Wochen nutzte das Weiße Haus den Sound, um Abschiebungen von Migrant*innen aus den USA zu posten. Ein Versuch, ihre menschenfeindliche Agenda im Netz mit Humor zu normalisieren.
Damit missbrauchen Organisationen, Politiker und Staaten einen Raum, der eigentlich für die kleinen Freuden der User*innen herhalten soll. Memes verarbeiten das Weltgeschehen, sie sollen kleine Lichtblicke in den belastenden Zeiten der On- und Offlinewelt schaffen. Propagandavideos zu Abschiebung oder Aufrüstung gehören nicht dazu.
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