Naturschutz in Rumänien: Die Armee jagt Meister Petz

In dem Balkanstaat gelten Braunbären als Plage. Politiker sprechen bereits von einer Naturkatastrophe und wollen Soldaten einsetzen.

Wie viele fröhliche Badestunden dieser Braunbär wohl noch hat? Bild: ap

BERLIN taz | Für 16.100 Euro darf man einen großen, schweren Braunbären erschießen. Einen kleineren schon ab 5.750 Euro. Mit diesen Preisen werben Firmen in Deutschland für Jagdreisen nach Rumänien. Hier gelten die Bären bereits als Plage. Da sie vermehrt in den Städten auftauchen, hat die Regierung eine Abschussquote für die eigentlich geschützten Tiere eingeführt, um die Bärenpopulation zu regulieren. Doch damit nicht genug: Nun hat ein rumänischer Politiker den Bären in dem Balkanland sogar den Krieg erklärt.

„Spezialisierte staatliche Institutionen wie die Polizei und sogar die Armee“ müssten in den Kampf gegen die Problembären miteinbezogen werden, sagt Csaba Borboly, Präsident der transsilvanischen Teilregion Harghita. Ende September hat die Regierung in Bukarest die Bärenabschussquote fürs kommende Jahr festgelegt. Danach ist es 2015 erlaubt, 550 Bären zu töten. Zwei Drittel mehr als 2012.

Rumänien hat nach Russland die zweitgrößte Bärenpopulation in Europa: Zwischen 6.000 und 8.000 der Tiere leben dort, besonders viele in Transsilvanien. „Bären müssen als Naturkatastrophe gesehen werden, so wie Überschwemmungen und Waldbrände“, sagte Borboly. Das Problem sei außer Kontrolle geraten.

TierschützerInnen sind entsetzt: „Braunbären sind Teil des natürlichen Ökosystems“, ärgert sich Daniela Schrudde, Koordinatorin für Wildtierprojekte bei der Welttierschutzgesellschaft. Der Berliner Verein unterstützt ein Bärenschutzzentrum in Zentralrumänien.

Müll zieht sie an

Braunbären gehören zu den streng geschützten Tierarten. Gemäß der Berner Konvention dürften sie weder gestört noch gefangen, getötet oder gehandelt werden. 1993 hat Rumänien diesen völkerrechtlichen Vertrag des Europarates ratifiziert. Aber bei Bären haben Politiker eine Grauzone aufgetan: Gefährden die Tiere Menschen, dürfen sie abgeschossen werden. In letzter Zeit kam es zu verschiedenen Zwischenfällen, wobei Bären meistens Menschen angriffen oder Eigentum beschädigten.

„Es ist eine Reaktion auf die Aktionen der Menschen“, sagt Schrudde. Durch Abholzung von Wäldern schwinde der Lebensraum der Bären. „Viele rumänische Städte haben das Abfallmanagement nicht im Griff, was die Bären zusätzlich anzieht“, sagt die Expertin. Übersetzt heißt das: Abfälle und Speisereste landen in der Landschaft, und hungrige Bären werden davon angelockt. Schrudde: „Wir müssen uns fragen, welche Verantwortung wir Menschen tragen.“

Naturgemäß regulieren die starken Männchen die Bärenpopulation, da sie die Nachkommen von anderen männlichen Bären töten, um deren Mutter für sich zu gewinnen. Weil die Trophäenjäger am liebsten auf die Alphamännchen schießen, sei der Bärenbestand aus dem Gleichgewicht geraten, gleichzeitig verschlage es die halbstarken Bärenjungen in die Städte, so Schrudde.

Auch deutsche Jäger scheinen scharf auf die Bären zu sein. Einer der größten Anbieter von Jagdreisen nach Rumänien ist Westfalia aus Mönchengladbach. Auf ihrer Internetseite wirbt das Unternehmen mit einem sechstägigen Jagdausflug, alles inklusive für 2.120 Euro. Bis auf den geschossenen Bären selbst: Der kostet extra, je nach Größe und Gewicht. Gegenüber der taz wollte sich Westfalia nicht zur Bärenjagd in Rumänien äußern.

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