Naturschutz von rechts: Wenn Rechte zu Ökos werden

Auch Rechtsextreme engagieren sich im Umweltschutz. Naturschutzexperten veröffentlichen eine Handreichung, wie damit umzugehen ist.

Protest gegen die Rodung des Hambacher Forstes – auch Rechte stimmen ein Foto: dpa

Ein „Wunderwerk der Natur“ sei der Hambacher Forst, schwärmen die Rechtsextremen vom „III. Weg“. Jahrhunderte alte Bäume, seltene Fledermausarten, die „ökologische Wertigkeit“: Natürlich stehe man „auf der Seite der Umweltaktivisten“, die derzeit gegen die geplante des Rodung des Forstes in Nordrhein-Westfalen protestieren, erklärt die Neonazi-Partei. „Es versteht sich für jeden Heimat liebenden Menschen von selbst.“

Die rechtsextreme Solidaritätsadresse mag überraschen, aber sie ist kein Einzelfall. Der „III. Weg“ organisierte zuletzt auch Spaziergänge für seine Anhänger durch die „imposante Urlandschaft“ im Schwarzwald. In mehreren Städten verteilte sie Flugblätter mit dem Slogan „Umweltschutz ist Heimatschutz“. In der rechten Szene wird auch das NPD-nahe Magazin „Umwelt & Aktiv“ gelesen, das sich zuletzt mit Stadttauben oder Schweinehaltung beschäftigte – aber auch davor warnte, dass Deutschland „von Zuwanderern islamischen Glaubens überflutet“ werde, die hier Tiere schächten würden. Der Slogan des Magazins, auch hier: „Umweltschutz, Tierschutz, Heimatschutz“.

Und auch der neurechte Verein „Ein Prozent“ sucht derzeit nach „Pionieren“, die sich auf dem Land „eine neue Existenz aufbauen“ wollen. Das Projekt verläuft schleppend, das Ziel aber ist klar: Es gehe um die Schaffung „patriotischer Zentren“, rund um „landwirtschaftliche Projekte“, für eine „frische, heimatverbundene Lebenskultur“.

Die Rechten nutzen den Naturschutz nicht ohne Hintergedanken: Für sie geht es um die Pflege völkischer Ideologie, um die Ausgrenzung von „Artfremden“. Das, was sie als Heimatschutz verstehen.

Naturschutz ist nicht nur linksalternativ

Längst sind auch die etablierten Naturschutzverbände hellhörig. Am Donnerstag nun veröffentlicht die Fachstelle „Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz“ der Naturfreundejugend deshalb eine Handreichung zum Umgang mit dem Phänomen. Präsentiert wird sie auf dem Deutschen Naturschutztag in Kiel. Man wolle erklären, warum sich Rechtsextreme des Themas Naturschutz bedienen, schreibt Fachstellen-Leiter Lukas Nicolaisen. Meist werde erst bei genauerem Hinsehen deutlich, „dass der rechte Natur- und Umweltschutz oft verknüpft ist mit rassistischen, biologistischen und völkischen Ideen“.

Die Handreichung widerlegt die Annahme, dass Naturschutz per se ein linksalternatives Thema sei. Die deutsche Umweltbewegung sei vielmehr Mitte des 19. Jahrhunderts aus einem konservativen, zivilisationskritischen Verständnis heraus entstanden, erinnert Nicolaisen. Diese lehnte das Stadtleben ab und präsentierte sich bezeichnenderweise als „Heimatschutzbewegung“. Auch das NS-Regime habe darauf mit ihrer „Blut und Boden“-Ideologie aufgebaut. Und auch heute noch engagieren sich Rechtsextreme gegen Gentechnik und Atomenergie, drängelten sich in Anti-TTIP-Proteste oder versuchen ökologische Siedlungsprojekte aufziehen – hier allerdings gekoppelt an den Einsatz für das „eigene Volk“.

Für die Rechtsextremen sei das Thema Naturschutz eine willkommene Möglichkeit, „in scheinbar unverdächtigen Bereichen zu wirken und für Akzeptanz ihrer Positionen zu werben“, schreibt Broschüren-Mitautor Marius Hellwig. Es brauche daher eine aufmerksame Zivilgesellschaft, um sich Unterwanderungen entgegenzustellen.

Lukas Nicolaisen fordert noch mehr. „Wo bleibt das politische Engagement der liberalen, der weltoffenen, der freiheitsliebenden, der fortschrittsbefürwortenden Natur- und Umweltschützer_Innen?“, fragt der Experte. „Wir müssen Position beziehen.“ Gerade ob des um sich greifenden Rechtsrucks sei Neutralität keine Option, so Nicolaisen. „Es wird Zeit für einen fortschrittlichen Natur- und Umweltschutz.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.