Naturschutzgebiet Hohes Venn: Hochmoor an Ostern in Flammen

Seit Wochen ist der belgische Teil des Hohen Venns für Wanderer gesperrt: zu trocken. So trocken wie zuletzt 1947. Am Montag dann brach ein Feuer aus, das sich in Windeseile ausbreitete.

Hohes Venn in Flammen. Bild: dpa

EUPEN dpa | Der Boden ist schwarz. Rauchschwaden ziehen übers Venn. Bizarre Szenerie mit abgestorbenen Baumgruppen. Ein Funke reicht, das wusste jeder. Der Ostermontag war fast vorbei – noch ein paar Stunden, und Ausflügler und Wanderer hätten sich aus dem Naturschutzgebiet bei Aachen verzogen.

Am späten Nachmittag Alarm: Das Venn brennt! 1000 Hektar Fläche werden Raub der Flammen, ein Fünftel des gesamten Moors. Trotzdem sagt Forstmann René Dahmen am Dienstag: "Wir sind mit einem ganz dicken blauen Auge davongekommen."

Er hatte damit gerechnet, dass etwas passieren kann, sagt der Leiter des Forstamtes Elsenborn am Venn. Er hatte Bereitschaft. Es ist zundertrocken, wie zuletzt 1947. Das belgische Venn ist seit Wochen für Wanderer gesperrt, der Vennrand begehbar. Es waren auch Wanderer, die Alarm schlugen. In Minuten wurde aus dem Feuerchen eine Feuersbrunst. Das trockene Gras des Vorjahres wurde zum natürlichen Brandbeschleuniger. "Es war eine Feuerwalze, die mit unglaublicher Geschwindigkeit durchs Venn raste", beschreibt Dahmen die gespenstische Szenerie.

Das Naturschutzgebiet Hohes Venn in der Eifel ist eine Hochebene mit Mooren und Heide. Es liegt in einem Dreieck zwischen Eupen und Malmédy auf belgischer und Mützenich auf deutscher Seite. Diese in Europa rar gewordene Landschaft bietet Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzen: Das Birkhuhn, die Hochmoor-Mosaikjungfer - eine Libellenart - sowie Wollgras oder Torfmoos. Unzählige Sträucher mit Preisel- und Blaubeeren wachsen im Hohen Venn. Das etwa 5000 Hektar große Areal erstreckt sich zum größten Teil auf belgischem Gebiet; es ist Belgiens größtes Naturschutzgebiet. (dpa)

350 Feuerwehrleute im Einsatz. Die Chancen: nicht gut.

350 belgische und deutsche Feuerwehrleute kämpfen und haben schlechte Chancen. Weit und breit kein Wasserzugang. Das Gelände ist unwegsam und weit weg von Straßen. Der kräftige Wind treibt ein unsägliches Spiel, wechselt ständig die Richtung. "Knochenarbeit hoch drei", sagt Dahmen nach der dramatischen Nacht.

Es ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. Während die Flammen mühelos auf die angrenzenden Wälder zurasen, bahnen sich die Wehrleute mühsam mit schweren Tank- und Kettenfahrzeugen den Weg. Wenn es mit dem Verlegen der Schläuche nicht schnell genug geht, greifen sie zu Feuerpatschen. Plötzlich dreht der Wind.

"ein hochsensibler Lebensraum"

In letzter Minute verhindern deutsche Helfer ein für das Schutzgebiet ökologisches Desaster und retten mit verbissenem Einsatz einen aktiven Teil des Moors. "Das ist ein hochsensibler Lebensraum, der sich nicht mehr erholt hätte", sagt Dahmen. In seinen Worten schwingt Dankbarkeit mit.

Brisante Stunden auch bei der Feuerwehr. Die hat ihr Leitzentrum in einem Lokal eingerichtet, in dem kurz vorher noch Oster-Wanderer ihr Bier genossen haben. Doch plötzlich dreht der Wind und die Flammen rasen auf das Haus zu. Die Feuerwehr habe alle in Sicherheit gebracht, schildert Einsatzleiter Claude Marchal am Tag danach. Alles geht gut. Die alte Herberge steht unbeschadet.

Marchal geht von einer Unachtsamkeit aus: Vielleicht eine weggeworfene Zigarette. "Wir können ja nicht alles sperren", meint René Dahmen. Die große Masse sei ja nicht das Problem – der Einzelne, die kleine Unvorsichtigkeit. Aber Dahmen macht auch Hoffnung. Die Natur werde sich schnell erholen. "In fünf, sechs Wochen ist alles wieder grün", sagt er. Erleichterung auch bei der Feuerwehr: Es gibt keine Torfbrände wie vor zwei Jahren in Russland.

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