Naziaufmarsch in Wolfsburg: Unerwünscht in der „Autostadt“

Mehr als 500 Rechtsextreme ziehen durch Wolfsburg. Sie werden dabei von lautstarken Protesten begleitet. Es gibt kleinere Zusammenstöße mit der Polizei.

Luftballon der Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Wolfsburg. Bild: dpa

WOLFSBURG taz | „Respekt - Kein Platz für Nazis“. Das übergroße Transparent am VW-Hochhaus konnten die Rechtsextremen am Wolfsburger Bahnhof nicht übersehen. „Nazis raus“ konnte ebenso keiner der unerwünschten Gäste vor dem Bahnhof überhören. Am Samstag richtete die rechtsextreme „Initiative Zukunft statt Überfremdung“ ihren „Tag der deutschen Zukunf“ (TddZ) in der „Autostadt“ aus. So ganz ihr Tag sollte es nicht werden.

Bereits am Vormittag fand ab 10 Uhr ein „Fest der Demokratie“ auf dem VW-Parkplatz gleich beim Bahnhof statt. Der „Schulterschluss Wolsburger Demokraten“ plante den Protest. Mehre tausend Menschen kamen zu dem Fest mit Livemusik, Comedians, Infoständen und Redebeiträgen. Eine IG-Metall-Gruppe bot mit einen süffisanten Slogan Grillgut an: „Hier ist nur die Bratwurst braun!“. Martin Rosik, Personalchef bei VW, betonte nicht nur, dass „Respekt Teil unser Unternehmenskultur“ sei, er deutet auch an, wie sehr ihm diese „braune Soße“ zuwider sei.

Oberbürgermeister Klaus Mohrs (SPD) spielte offen auf die Geschichte der Stadt an: „Wir haben aus Wolfsburg das gemacht, was die Nazis nicht wollten.“ 1938 waren die Stadt und das Werk von den Nationalsozialisten gegründet wurden. Bis 1945 hieß Wolfsburg offiziell „Stadt des KdF-Wagens“. KdF war das Kürzel der nationalsozialistischen Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“.

Unangemeldeter Protest fand gleich in der Unterführung des Bahnhofs statt. Etwa 40 Gegendemonstranten versuchten den Durchgang zu blockieren, um die weitere Anreise der Rechtsextremen zu unterbinden. An die 200 Demonstranten versuchten derweil die Route der Rechten durch ein Industriegebiet zu besetzen. Bei späteren Blockadeversuchen kam es zu Auseinandersetzungen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Pfefferspray ein, Steine flogen. Einzelne Gruppen sahen sich von der Polizei eingekesselt. Über der Stadt kreiste ein Polizeihubschrauber, eine Reiterstaffel wurde ebenso eingesetzt

Marsch durch leere Straßen

Erst um 14 Uhr konnte der Kader der „Freien Nationalisten“ Dieter Riefling die Auflagen am Bahnhof verlesen. Im Halbkreis nahmen die etwa 500 Rechtsextremen „Stellung“ auf. Auf ihren Transparenten war unter anderem zu lesen „Dein Land ruft dich“, „Volkstod ist kein Zufall“ und „Multikulti ist gescheitert“. Die Reden von Christian Worch, Gründer der Partei „Die Rechte“, und Thomas Wulff, dem Hamburger NPD-Vize, gingen durch die Pfiffe und Parolen der Gegendemonstranten unter.

Der Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke sprach vom „NSU-Schauermärchen“. Der beim Marsch durch die später leeren Straßen skandierte Spruch „Ruhm und Ehre unseren Gefangenen“ sollte offensichtlich Deutungsspielraum in die gleiche Richtung lassen. Um 16.10 Uhr war der Tross wieder zurück am Bahnhof. Die abschließende Rede des Szeneanwalts Wolfgang Narath wurde wieder vom lautstarken Protest übertönt.

Seit 2009 führt die Szene den TddZ wegen der vermeintlichen Überfremdung und Inländerfeindlichkeit in den nördlichen Bundesländern durch. „Mit dem TddZ wollen die Rechtsextremen einen eigenen Anlass fest in ihrer Agenda verankern“ sagt Reinhard Koch, Leiter des „Zentrum demokratische Bildung“. Und er verweist auf die Teilnehmerzahl, die wieder gesunken ist (nach Angaben von Nachrichtenagenturen auf 570): „Wenn es dabei bleibt“ so Koch, „dann wäre das eine deutliche Pleite für die Organisatoren.“

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