Nazis bei der Landtagswahl in Thüringen: „Wir klären das wie in den 90ern“

Kaum verschleierte Gewaltandrohungen und gelockerte Radmuttern am Auto: In Thüringen bedrohen NPDler und andere Neonazis linke Politiker.

Musste im Wahlkampf Neonazis weichen: Linke-Politikerin Katharina König. Bild: dpa

HAMBURG taz | Im Landtagswahlkampf werden die Kandidaten der Linkspartei in Thüringen verstärkt bedroht. Am Samstag störten Rechtsextreme einen Infostand mit der linken Landtagsabgeordneten Katharina König nicht bloß mit Pöbeleien. Mit einer Eisenkette drohte ein vermummter Rechtsextremer ihr in Saalfeld-Gorndorf. „Das ist der falsche Kiez, verpisst euch!“, soll Steffen Richter, ehemaliger NPD-Direktkandidat zur Landtagswahl 2009, zuvor König gedroht haben. Am Stand habe Richter auch gleich weiter gewarnt, das „Unterstützung“ käme, und „wir klären das wie in den 90ern“.

Das war eine offensichtliche Anspielung. Die Abgeordnete war als Jugendliche 1993 in Jena von vier Rechtsextremen mit Baseballschlägern angegriffen worden, eine dünne Narbe ist bis heute unter dem linken Auge zu sehen. Wenige Minuten nach der Drohung, sagt König, wären nach Handytelefonaten auch weitere acht Rechtsextreme gekommen. Auf deren T-Shirts prangte „Freiheit für Wolle“, ein Soli-Shirt für den inhaftierten NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben. Sie mussten den Infostand abbrechen.

In den vergangenen Tagen zerstachen Unbekannte die vier Reifen am Wagen des Landtagsabgeordneten der Linken, Maik Nothnagel, in Steinbach-Hallenberg. Die Scheiben seines Wahlkreisbüros in Eisenach waren zuvor erneut beschädigt worden. „Ich bin erschüttert, dass die Täter nicht einmal vor meiner Privatsphäre zurückschrecken“, sagt Nothnagel.

Steffen Harzer, Linker Landtagskandidat, entdeckte, dass die Radmuttern am linken Vorderrad seines vor dem Wohnhaus in Hildburghausen abgestellten Pkws gelockert waren. In Sonderhausen bedrängte der Spitzenkandidat der NPD, Patrick Wischke, den Spitzenkandidaten der Linken, Bodo Ramelow. Auf Facebook schrieb er zu der Aktion am vergangenen Freitag: „Ich rücke ihm ein wenig näher, und die Nervosität steigt.“

Engagement einstellen

In Saalfeld-Gornhof soll Richter, gegen den die Polizei nun ermittelt, König aufgefordert haben, ihre Arbeit gegen rechts einzustellen. Zwei Kleine Anfragen der 35-Jährigen im Landtag offenbarten gerade erst, dass nach der Kommunalwahl 2014 von den 50 Abgeordneten der NPD und dem ihnen nahestehenden „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ 20 Mandatsträger vorbestraft sind. Die rechten Abgeordneten in den Kommunalparlamenten kommen zusammen auf 98 Verurteilungen, heißt es in der Antwort der Landesregierung. Darunter sind 36 Körperverletzungen oder gefährliche Körperverletzungen.

2009 waren von den 25 Abgeordneten zehn vorbestraft mit 39 Verurteilungen. Die Antwort, so König, „offenbart erneut, dass die NPD keine demokratische Partei ist, sondern ein Sammelbecken für neonazistische Gewalttäter.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.