Neonazi-Partei in Reinickendorf: Kamerad will NPD übernehmen

Die NPD will am Samstag in Reinickendorf tagen - und ihren Vorsitz neuwählen. Den will der Kameradschaftler Sebastian Schmidtke einnehmen. Im Bezirk formiert sich Protest.

Da will Schmidtke rein: Klingelschild zur NPD-Zentrale in Köpenick. Bild: dapd

Die Berliner NPD mags kroatisch. Am Samstag trifft sich die rechtsextreme Partei nach taz-Informationen zu ihrem Landesparteitag in der "Villa Dalmacija" in der Reinickendorfer Residenzstraße, einem Restaurant, das mit "kroatischen Spezialitäten und internationaler Küche" wirbt. Antifa-Gruppen und der Bezirk rufen zu Gegenprotest auf.

Ein Mitarbeiter der Dalmacija bestätigt das Treffen der NPD. "Jeder Gast kann kommen." Auch Neonazis? "Jeder." Auch bei den Rechtsextremen hat man keine Berührungsängste. "Die Kroaten sind ein europäisches Volk, das sich in unseren Gefilden findet", so NPD-Vize Sebastian Schmidtke. "Ausländer, die ordentlich arbeiten, sind kein Problem."

In Reinickendorf ist man von dem NPD-Besuch dagegen wenig erfreut. Bereits 2007 und 2009 traf sich die Partei im Bezirk zu Bundesparteitagen. "Die NPD ist eine unverhohlen rassistische und antidemokratische Partei", sagte Vizebezirksbürgermeister Andreas Höhne (SPD). In einem Aufruf aller Fraktionen im Bezirksparlament wird zu Protesten gegen den NPD-Parteitag aufgerufen, für 11 Uhr am U-Bahnhof Residenzstraße. "Wir wünschen uns ein friedliches, aber vehementes Zeichen, dass Neonazismus hier keinen Platz hat", so Höhne. Auch ein Antifa-Bündnis ruft zur Teilnahme auf. Die Polizei spricht von 200 angemeldeten Teilnehmern.

Die NPD will ab 12 Uhr im Dalmacija tagen. Einziger Tagungsordnungspunkt: die Wahl eines neuen Landesvorstands. Gegen den bisherigen Chef Uwe Meenen, seit knapp zwei Jahren im Amt, tritt der NPD-Vize Schmidtke an. Er wolle die NPD "zukunftsorientierter" aufstellen, sagte Schmidkte. Seine Partei müsse die Bürger besser erreichen, im Westen der Stadt mehr den "Mittelstand", im Osten "die Arbeitslosen". Schmidtke erwartet rund 60 Teilnehmer auf dem Parteitag.

Der Verfassungsschutz sähe mit einem Wahlerfolg Schmidtkes eine "Übernahme" der NPD durch die "Autonomen Nationalisten". Schon bisher sei der Landesverband ohne deren Unterstützung "praktisch nicht lebensfähig". Schmidtke gilt als einer der Köpfe dieses eigentlich parteifernen Neonazi-Spektrums, das in Berlin als "Nationaler Widerstand" firmiert. Kaum eine rechte Demonstration in Berlin, die der 26-Jährige nicht anmeldet. In Schöneweide verkauft er in einem Laden Pfefferspray, Schlagstöcke und Militaria. Experten halten Schmidtke zudem für einen Mitbetreiber einer Internetseite, auf der "Feindeslisten" mit Namen, teils auch Adressen von linken Demonstranten, Politikern, Journalisten und Anwälten geführt werden. Auf einer Neonazi-Demonstration in Berlin 2009 drohte er Neonazi-Gegnern, die Zeit sei vorbei, "wo wir uns alles gefallen lassen".

Dirk Stegemann vom Berliner Bund der Antifaschisten bezeichnet eine Wahl Schmidtkes als weitere Radikalisierung der NPD. Der "Nationale Widerstand" sei verantwortlich für nächtliche Anschläge auf alternative Einrichtungen und Parteibüros. "Damit würde sich die NPD endgültig offen zum rechten Terror hinwenden", so Stegemann.

Aber auch Amtsinhaber Meenen gilt als Radikaler. Der zugezogene Bayer gilt als Vertrauter des inhaftierten Holocaustleugners Horst Mahler. Im Wahlkampf setzte der 46-Jährige auf offenen Ausländerhass und plakatierte Pappen mit der Aufschrift "Gas geben". In einem Wahlheft fand sich ein Kreuzworträtsel - Lösungswort: Adolf. Die Partei, heute 250 Mitglieder stark, fuhr 2,1 Prozent ein.

Der Verfassungsschutz attestiert dem Berliner NPD-Verband schon seit Jahren einen besonders neonazistischen Kurs. Daran dürfte sich auch nach diesem Wochenende nichts ändern.

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