Neonazi-Szene in Bewegung: Grölen, marschieren, zuschlagen

Die rechtsextreme Szene zeigt sich aktiv, vor allem Rechtsrockkonzerte boomen. Die Linke fordert vom Bund nun ein Konzept, dem entgegenzuwirken.

Neonazis warten auf Einlass zu Festivalzelt

Großevent auf grüner Wiese: Neonazis bei Rechtsrockfestival in Themar 2017 Foto: dpa

BERLIN taz | Die Mobilisierungen laufen schon. Im Juni wollen sich Neonazis im sächsischen Ostritz erneut zu einem Rechtsrockfestival treffen, im Juli soll es im Thüringischen Themar noch größer werden. Jeweils hunderte Rechtsextreme erwarten die Organisatoren. Für die Bewohner beider Orte wird es wieder einen Ausnahmezustand bedeuten.

Die rechtsextreme Szene bleibt aktiv – und sie zieht es vor allem zu Rechtsrockkonzerten. So gab es allein im ersten Quartal dieses Jahres bundesweit bereits 85 Szenekonzerte mit gut 5.000 Teilnehmern. Eines der größten Konzerte, mit 500 Rechtsextremisten, fand dabei im März statt – ebenfalls in Ostritz. Die Zahlen lieferte die Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage, die der taz vorliegt.

Und die Neonazis sind auch auf der Straße weiter präsent. 27 Aufmärsche organisierte die rechtsextreme Szene laut Bundesregierung im ersten Quartal. Einige Aufzüge hatten nur mehrere dutzend Teilnehmer. Der größte indes zählte 1.500 Rechtsextremisten: im Februar in Dresden, am Jahrestag der Bombardierung der Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs. Für die Szene war es ein Achtungserfolg, nachdem ihr dortiger Aufmarsch in den Vorjahren stetig zusammengeschrumpft war.

„Dem Treiben endlich konsequent entgegenwirken“

Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke forderte deshalb Gegenwehr ein, gerade in Sachsen. „Von der gegenwärtigen sächsischen Landesregierung und den Sicherheitsbehörden ist leider nicht zu erwarten, dass sie dem Nazitreiben entschlossen entgegentreten“, erklärte sie. Umso wichtiger sei antifaschistischer Gegenprotest.

Auch bei den boomenden Konzerten der Rechtsextremen brauche es „endlich Konzepte und Maßnahmen, die diesem Treiben konsequent entgegenwirken“, so Jelpke. Umso mehr, da die Festivals ein „Rekrutierungsreservoire auch für gewaltbereite und terroristische Strukturen“ seien.

Tatsächlich reißt auch die Gewalt der rechtsextremen Szene in diesem Jahr nicht ab: So zählte die Polizei im ersten Quartal 172 Straftaten gegen Geflüchtete, 39 davon waren Gewaltdelikte. Dazu kamen 24 Angriffe auf Flüchtlingshelfer. Linken-Politikerin Jelpke forderte, die Bundesregierung müsse „der Hetze von rechts endlich entschieden entgegentreten und sie nicht durch die Verbreitung von Falschinformationen noch verstärken“.

In der Antwort auf die Linken-Anfragen erklärte die Bundesregierung, sie verurteilte die Anschläge auf Asylsuchende „aufs Schärfste“. Politik und Gesellschaft hätten die Verantwortung, „sich gegen ein stilles Einverständnis oder auch bloß stilles Hinnehmen solcher Anschläge durch eine Minderheit in unserer Gesellschaft deutlich zu positionieren“.

Rechte Gewalt reißt nicht ab

Erst vor einer Woche hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Statistik der politischen Straftaten im vergangenen Jahr präsentiert. Demnach verharrten rechtsextreme Straftaten auf hohen Niveau: Insgesamt 20.431 Delikte zählte die Polizei, im Vorjahr waren es 20.520 Taten. Der Anteil der Gewalttaten lag bei 1.156 Fällen (Vorjahr: 1.130). In 1.770 Fällen wurde Geflüchtete angegriffen, ein Jahr zuvor waren es 1.903 Taten.

Seehofer verurteilte die Taten ebenso wie die aus linksradikaler oder anderer politischer Motivation. Alle diese Delikte seien „durch nichts zu rechtfertigen“.

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