Netanjahu in den USA: Kühler Empfang

Für US-Präsident Obama ist der „aggressive“ Siedlungsbau Israels ein Hindernis für den Friedensprozess. Und die Zeit für Entscheidungen drängt.

US-israelisches Spitzentreffen: Benjamin Netanjahu (l) und Barack Obama. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Israels Siedlungspolitik lässt die Beziehungen zum Weißen Haus abkühlen. Als „aggressiv“ bezeichnete US-Präsident Barack Obama den Bau neuer Wohnungen im besetzten Westjordanland in einem Interview, wenngleich er sich vor laufenden Kameras dem Gast gegenüber gnädiger gab. Obama lobte die „Anstrengungen von Ministerpräsident Netanjahu während der sehr langen und mühsamen Verhandlungen“.

Benjamin Netanjahu betonte seinerseits die „präzedenzlosen Schritte“, die Israel unternommen habe, um den Frieden voranzutreiben, für die sich die Palästinenser „mit Selbstmordattentaten und tausenden Raketen“ bedanken würden.

Die israelische Regierung weigert sich, den Siedlungsbau als Hindernis im Friedensprozess wahrzunehmen. „Wir bauen doch nur Häuser“, kommentierte Dani Dayan, ein Sprecher der Siedler, fassungslos über Obamas Kritik.

Nach Informationen des israelischen Statistikamts stieg 2013 die Zahl der Neubauten im Westjordanland um deutlich mehr das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Die über 2.500 Neubauten bilden den Rekord seit zehn Jahren, dabei gehen gut eintausend der Bauprojekte auf unmittelbare Initiative der Regierung zurück.

„Wenn in diesem Tempo weitergebaut wird, bleibt bald nichts mehr übrig, worüber es sich zu verhandeln lohnte“, kommentierte Jariv Oppenheimer, Sprecher der Friedensbewegung „Schalom achschaw“ („Frieden jetzt“) im israelischen Fernsehen.

Weiße Haus wird ungeduldig

Während der unermüdliche US-Außenminister John Kerry den Eindruck macht, als könne er seinen Posten als Vermittler im nahöstlichen Friedensprozess noch eine Weile fortsetzen, scheint sich im Weißen Haus zunehmend Ungeduld zu verbreiten. Nicht zuletzt wird der Chefdiplomat für andere Missionen dringend gebraucht. Die brüchigen Beziehungen zu Moskau und die Krise in der Ukraine dürften Obama derzeit ungleich mehr beunruhigen als Israel und die Palästinenser.

Dennoch drängt die Zeit für Entscheidungen. Ende April läuft die auf neun Monate angesetzte Verhandlungsrunde ab. Kerry will noch vorab seinen Rahmenplan kundtun, den offenbar beide Seiten weitgehend ablehnen.

In einem Treffen mit linken israelischen Politikern erklärte der palästinensische Präsident Machmud Abbas diese Woche, dass er die Verhandlungen nach Ablauf der aktuellen Verhandlungsrunde nur fortsetzen werde, wenn Israel den Siedlungsbau einstellt und weitere Häftlinge aus den Gefängnissen entlässt. Weder das eine noch das andere wäre für Netanjahu, selbst wenn er wollte, mit seiner momentanen Koalition durchsetzbar.

Kompromiss gesucht

Ein Knackpunkt in Kerrys Rahmenplan ist der Streit um die palästinensische Anerkennung des „jüdischen Staats Israel“, auf die Netanjahu beharrt. Die Palästinenser weigern sich entschieden in dieser Frage. Nach Informationen der Ostjerusalemer Zeitung Al Quds drängen die USA die Palästinenser zu Kompromissen.

Wer weiß, ob Obama nicht auch Abbas an die Kandare nehmen wird, meinte der amerikanische Journalist Jeffrey Goldberg im israelischen Fernsehen, wenn er in zwei Wochen nach Washington kommt.

In dem Interview, das Goldberg für die Zeitschrift Bloomberg View mit Obama führte, warnt der US-Präsident Israel davor, die Gunst der Stunde zu versäumen. Abbas habe sich als jemand bewiesen, der sich der „Gewaltlosigkeit und diplomatischen Bemühungen zur Konfliktlösung“ verschrieben habe.

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