Netz feiert Wulff-Zeremonie: „Meinen Monitor mit Eiern bewerfen“

Geile Helme, schöne Lichter, gute Show: Das Netz feiert den Zapfenstreich für Wulff. Die Twitterparty ist ein würdiger Abgesang.

Zum Abschied eine Vuvuzela. Bild: ap

Es war ein wunderbarer Abend und man musste ihn im Netz verfolgen, den großen Zapfensteich für Christian Wulff.

Denn während die staatlichen Sender das anachronistische Spektakel der präsidialen Verabschiedung in bewährt gelassener Standbilddynamik übertrugen (Fackeln, Wiese, Rumtata), fand die wahre Verabschiedung des gescheiterten Präsidenten ganz woanders statt: Im Netz feierten die Kommentatoren hämisch einen großen Abgang. Und sie feierten ihn in Freude.

Es dauerte nicht lange bis am Donnerstagabend bei Twitter der Deutschlandtrend auf #Vuvuzelas schwenkte und @A_n_on_ymous schrieb, auf englisch: „Die ganze Welt schaut dem Vuvuzela-Sound in Deutschland zu.“ Denn die Twitter-User beeindruckte weniger die Blasfestigkeit des Militärorchesters als vielmehr das Hupen und Tröten der Protest-Vuvuzelas, das die Zeremonie im Schlossgarten auch via Livestream und Monitorboxen noch oft überlagerte.

@DavidGutensohn, dessen Profil von einem Fußball-Logo geziert ist „wusste doch das man die #Vuvuzelas noch zu was gebrauchen kann". Und taz-Redakteur @ciffi war beeindruckt - und twitterte vom Fernseher: „ihr seid richtig gut! die vuvus kommen knapp an die bundesmucke ran!“ Er war bei weitem nicht der einzige. @sparschaeler lobte die „überraschung des abends: die demonstranten haben dieser veranstaltung würde verliehen.“

Zensur? Und dann die Helme!

Zugegeben: Dann war da noch die lästige Debatte darüber, wer die Vuvuzelas wie laut hören kann und, natürlich, wieder der Zensurverdacht, der niemals fehlen darf (@kas_par: „sind die vuvuzela filter der ard & co nicht schon zensur?!“) Manche Netzkommentatoren beklagten, das Staatsfernsehen haben den Protestsound runtergepegelt - andere hörten die Töne auf dem heimischen Sofa gut und nahmen es mit den #Helmen auf. Die #Helme!

„boah - mal reingeschaltet und dachte ich wäre in einem Spielfim aus dem 3.Reich Zeit gelandet“ schrieb @simonefoo. Und @frank_rieger fragte: „Warum müssen da eigentlich _Musiker_ mit poliertem Stahlhelm auflaufen? Noch dazu in einer Helmform, die historisch nicht ganz unbestritten ist?“ @Alex_Mitrakas, der gleich unter #Wulffshow twitterte, vermutete: „Die Soldaten haben Helme weil die mit Steinen rechnen!“ Und mit @Frl_Rot ging es, das war verständlich, völlig durch: „Ich möchte am liebsten meinen Monitor mit Eiern bewerfen.“

Oh ja, es war ein wunderbarer Abend, eine bare, schöne Darbietung von Deutschland. Nach all diesen Fragen, ob Herr Wulff noch Anspruch auf den Zapfensteich genießt, dürfte die Darbietung des großen Zapfenstreichs bewiesen haben: Kaum eine Gesellschaftssatire hätte wesentlich präziser formulieren können, was dem Staatsakt durch sich selbst gelang: Dieses Zeremoniell, so dürfte die gröbere Netzbeschau ergeben, war von der Qualität seines Empfängers. Oder, um es mit @BorisTKaiser zu sagen: „Die Vuvuzela gehört inzwischen auch zu Deutschland.“

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