Neue App für ARD-Reporter: Von meinem iPhone gesendet

Die ARD will bei Großereignissen beweglicher werden. Korrespondenten können künftig mit ihrem Smartphone live auf Sendung gehen.

Das kann die ARD bald auch: Menschen im Bahrain filmen Ende Januar Unruhen in Manama. Bild: dpa

Es sind Ereignisse wie das Transrapidunglück, der Amoklauf in Winnenden und die tödliche Panik auf der Loveparade: Die Hauptausgabe der „Tagesschau“ wurde von den Korrespondenten ordentlich bedient, doch kurz nach den Vorfällen war die ARD nicht wirklich schnell auf dem Sender – zu lange hat es gedauert, die für das opulente Medium nötige Technik an- und hochzufahren. Das soll sich jetzt ändern.

Die traditionelle Konstruktion aus Satellitenfahrzeugen und Ü(bertragungs)-Wagen sei „nicht flexibel genug für den schnellen Einsatz“, sagt „Tagesschau“-Chefredakteur Kai Gniffke. Er lässt deshalb derzeit die millionenfach heruntergeladene Handy-App seiner Sendung für den internen Gebrauch erweitern: Mit einem Klick auf die Schaltfläche „Live“, die nur speziell ausgewählte Reporter sehen, baut sich direkt eine Leitung zur zentralen Nachrichtenredaktion der ARD in Hamburg auf.

Gniffke sagt, er verbinde damit „journalistische Verantwortung und höchstes Tempo bei der Berichterstattung“. Mehrere Dutzend Reporter in den ARD-Studios im In- und Ausland seien bereits mit dem Modul „Mobile Reporter“ ausgestattet. Wird es aktiviert, zeichnen die Server in Hamburg direkt auf, was ein Reporter auf dem Monitor seines Taschenbüros sieht – die Kennung des Korrespondenten inklusive, zur Sicherheit.

Möglich ist damit zweierlei. Einerseits kann ein Reporter auch dann erste Bilder in die Zentrale schicken, wenn er noch auf sein Kamerateam warten muss. Andererseits kann er das Handy, das mit einer Kamera ausgestattet ist und mobil am Internet hängt, einfach vor sich halten und so mit einem ersten Eindruck vom Ort des Geschehens in die Sendung geschaltet werden. Immer dann, wenn das Ereignis so dramatisch ist, dass die fragwürdige Qualität dieses Übertragungsweges nachrangig wird.

Vorreiter BBC

Was bei der „Tagesschau“ dieser Tage noch hinter den Kulissen getestet wird, ist andernorts schon Realität, etwa bei der BBC. Weil die Proteste gegen eine Abstimmung in Nordirland zu eskalieren drohten, verzichtete sie in einem ersten Fall darauf, einen Ü-Wagen einzusetzen. Ihr Reporter war dennoch live in den Abendnachrichten „Newsline“ zu sehen – dank eines Tablet-Computers samt Mobilfunk.

„Die Bildqualität war etwas körnig“, sagt Reporter Mark Devenport, „ein Zuschauer dachte, ich wäre draußen in der Mongolei, aber der Ton war gut.“ Klar ist aber: Das hat Pilotcharakter und dürfte im Live-Betrieb die Ausnahme bleiben. ARD-Nachrichtenchef Gniffke mahnt ebenfalls, seine Entwicklung „Mobile Reporter“ werde die klassische Produktionstechnik „nicht ersetzen, aber in den ersten Stunden nach einem Ereignis unsere Berichterstattung noch besser machen“.

Könnte in einem nächsten Schritt nicht auch die klassische „Tagesschau“-App erweitert werden? Könnten nicht Zuschauer, die zuerst vor Ort sind, erste Aufnahmen an die Redaktion senden? Gniffke wiegelt ab: Über die Nutzung für ARD-Mitarbeiter hinaus sei „derzeit“ nichts geplant.

Plauderrunde an Computern

Unterdessen lässt er auch andere Wege testen, um von der digitalen Alltagstechnik zu profitieren. Auf dem Digitalkanal Tagesschau24 ließ er im Januar zur Niedersachsen-Wahl eine kleine Plauderrunde auf Sendung gehen, deren Teilnehmer nicht vor TV-Kameras saßen, sondern vor ihren Computern.

Seine Redaktion habe damit gelernt, „dass wir Live-Schalten zu neun verschiedenen Orten gleichzeitig anbieten können, ohne einen einzigen Satellitenwagen zu bewegen“, sagt Gniffke. Noch sei die Qualität zwar nicht gut genug, um diese Technik im großen Stil einzusetzen. Aber wenn die besser werde, dann sei der Weg offen „hin zu kostengünstigerer Produktion und journalistischer Bereicherung“.

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