Neue Diskussion um Kinderheime: Alheit wehrt sich gegen Vorwürfe

Schleswig Holsteins SPD-Sozialministerin Altheit nennt jüngste Hinweise auf Missstände in Jugendheimen „nicht mehr aktuell“. Widersprüche zu Hamburger Auskunft.

Kristin Alheit (SPD) wies bei der Pressekonferenz Vorwürfe gegen die Heimaufsicht zurück. Foto: Carsten Rehder (dpa)

KIEL taz | Das will Kristin Alheit nicht auf sich sitzen lassen. Schleswig-Holsteins SPD-Jugendministerin hat sich gegen Vorwürfe gewehrt, es stehe nicht gut um den Schutz von Kindern, die in Heimen im Land untergebracht sind. Die Piraten im schleswig-holsteinischen Landtag und die Hamburger Linksfraktion hatten am Dienstag von Hinweisen auf Missstände in Einrichtungen zweier Träger im nördlichen Schleswig-Holstein, genauer in Dithmarschen und im Kreis Schleswig-Flensburg berichtet. Die aber seien seit Sommer 2015 bekannt, sagte Alheit am Freitag in Kiel – und „längst nicht mehr aktuell“.

Allerdings berichtete der Leiter der Landes-Heimaufsicht, Thomas Friedrich, dass es über die Einrichtung „Rimmelsberg“ im Kreis Schleswig-Flensburg zwischen Juli 2015 und Mai 2016 insgesamt 13 Beschwerden und Meldungen gegeben habe. Insgesamt sei die Heimaufsicht elf Mal in den Häusern gewesen, bereits im Juli 2015 habe man entwürdigende Erziehungspraktiken per Verfügung „präventiv untersagt“. Dazu zählte Friedrich zufolge ein restriktives „Punktesystem“, das bei Fehlverhalten etwa das Streichen des Heim-Urlaubs vorgesehen haben soll. Auch habe in einem der Häuser ein „Losertisch“ gestanden, an dem Kinder essen mussten, die Fehlverhalten zeigten – auch dies habe die Behörde beendet.

Auch im Heim Dörpling sei auf einen Hinweis der Heimaufsicht hin ein „fragwürdiges Punktesystem“ abgestellt worden. Punktesysteme für Wohl- und Fehlverhalten seien zulässig, so Friedrich, sie würden aber moniert, wenn sie „Verhalten negativ verstärken“.

Von den Vorwürfen der vier Jungs, die in einer Einrichtung jenes Trägers gelebt und sich nun an eine Hamburger Einrichtung für Straßensozialarbeit gewandt hatten, wisse die Kieler Heimaufsicht seit Dezember. Die Vorwürfe – die Rede ist von körperlichen Übergriffen wie Auf-den-Boden-Drücken, zu wenig oder eintöniges Essen oder auch Strafsport – seien „zu diesem Zeitpunkt nicht bestätigt worden“, versicherte Friedrich jetzt. Das betreffe auch den Sport: Als Teil eines Punktesystems sei das Nichtteilnehmen am Sport negativ quittiert worden. Doch dies sei „seit Sommer nicht mehr der Fall“.

Nicht erklären konnten Alheit und ihre Mitarbeiter am Freitag den Widerspruch zu Aussagen des Hamburger Senats: Der hatte auf eine Linken-Anfrage unter anderem das Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel zitiert; demnach soll „unfreiwilliges Joggen“ in der einen in Rede stehenden Einrichtung „bis Ende 2015 der Fall gewesen sein“.

Alheit und ihre Staatssekretärin Annette Langner sagten mehrfach, dass „sich Vorwürfe nicht bestätigt haben“, nachdem die Heimaufsicht sie durch Befragung von Mitarbeitern und Betreuten überprüfte. Um die Möglichkeit eines Irrtums auszuschließen, müsste es eigentlich heißen: „nicht bestätigen ließen“.

Am Montag muss Alheit im Sozialausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen und sich den kritischen Fragen der Opposition stellen.

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