Neue Flüchtlingswelle in Syrien: Tausende an der türkischen Grenze

In Syrien erzielen Assads Truppen mit Unterstützung der russischen Luftwaffe Erfolge. Zehntausende Zivilisten sind auf der Flucht Richtung Türkei.

Menschen sitzen mit Taschen an einer Mauer

Warten: syrische Flüchtlinge an der türkischen Grenze. Foto: ap

BEIRUT ap | Neues Flüchtlingsdrama in Syrien: Eine Offensive der Regierungstruppen und massive russische Luftangriffe bei Aleppo haben Zehntausende Menschen an die Grenze zur Türkei getrieben. Laut der türkischen Hilfsorganisation IHH trafen allein am Übergang Bab al-Salam bereits 50.000 Zivilisten ein. Die Vereinten Nationen gab deren Zahl indes mit bis zu 20.000 an, meldete jedoch 20.000 weitere Flüchtlinge an anderen Grenzorten im Norden Syriens. Das Weiße Haus zeigte sich tief besorgt. US-Außenminister John Kerry erhob zudem schwere Vorwürfe gegen Moskau.

Unterstützt von russischen Kampfjets erzielen die syrischen Regierungstruppen und mit ihnen verbündete Milizen derzeit an zwei Fronten des Bürgerkriegs Erfolge: Am Freitag eroberten sie mit Ratjan ein weiteres Dorf bei Aleppo und kamen damit der Umzingelung der Großstadt näher. Im Südwesten eroberten sie die Stadt Atman und öffneten so Nachschublinien in die umkämpfte Stadt Daraa. Über die militärischen Erfolge berichteten sowohl staatliche Medien als auch die der Opposition nahestehende Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

US-Chefdiplomat Kerry warf Russland und der syrischen Regierung vor, mit ihrer jüngsten Offensive gegen die UN-Sicherheitsresolution vom Dezember zu verstoßen. Darin werde ausdrücklich der sofortige Zugang in alle Gebiete Syriens und die Einstellung von Artillerie- und Luftbombardements auf die Zivilbevölkerung gefordert, sagte Kerry am Freitag in Washington.

Kerry warf Russland zudem vor, wenig präzise Bomben bei den Luftangriffen einzusetzen, die viele Zivilisten getötet hätten. „Das muss aufhören.“ Er fügte jedoch hinzu: “Das wird aber nicht vom Gejammer darüber aufhören. Es wird nicht aufhören, indem man vom Verhandlungstisch weggeht und sich nicht engagiert.“

Alle Konfliktparteien müssten sich auf die Modalitäten für die Verhandlungen einigen und sich auch daran halten. Der Zugang müsse gewährt werden und ebenso ein Waffenstillstand. „Die nächsten Tage werden zeigen, ob es die Beteiligten ernst meinen oder nicht ernst meinen“, sagte Kerry.

Russland will Neustart der Friedensgespräche

Bei den UN in New York kündigte der russische Botschafter Witali Tschurkin neue Ideen zur Lösung des Konflikts an, die kommende Woche auf der Münchner Sicherheitskonferenz vorgetragen würden. Dazu gehörten Vorschläge zum Neustart der in Genf bis Ende des Monats ausgesetzten Friedensgespräche und eines Waffenstillstands.

Doch Frankreich UN-Botschafter François Delattre wandte ein, von der syrischen Opposition könne nicht erwartet werden, dass sie mit einer „Pistole an ihrem Kopf“ verhandele. Großbritanniens UN-Botschafter Matthew Rycroft sagte, Tschurkin sollte „in den Spiegel blicken und verstehen, bei wem die Verantwortung liegt“. Tschurkin warf indes westlichen Staaten vor, die syrische Opposition zum Ausstieg aus den Gesprächen ermuntert zu haben.

Angesichts des Ansturms der Flüchtlinge an der Grenze erhöhten die türkischen Behörden die Sicherheitsvorkehrungen an den Übergängen. Die türkische Hilfsorganisation IHH errichtete auf der syrischen Seite der Grenze Zelte für die Menschen. Zudem betreibt sie zehn Lager für Vertriebene. Ankara kündigte humanitäre Hilfe für die Vertriebenen an, vor allem Lebensmittel und Notunterkünfte.

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