Neue G+J-Chefin: Nie die Bodenhaftung verloren

Julia Jäkel hat seit Ende der 90er Jahre eine beachtliche Karriere hingelegt. Mit gerade mal 40 sitzt sie nun im Vorstand von Gruner + Jahr.

Sitzt nun in der Chefetage von Europas größtem Zeitschriftenhaus: Julia Jäkel. Bild: dpa

Natürlich kann man bei der Aktion „ProQuote“ für Frauen in medialen Spitzenpositionen jetzt erst mal wieder eine Kerbe in den Kolben nagen: Julia Jäkel, mal eben mit erst 40 zur Prima inter pares der Führungsspitze bei Europas größtem Zeitschriftenhaus gekürt, das hat was. Auch wenn die Sache auf den zweiten Blick natürlich komplizierter ist.

Schließlich verantwortet Jäkel schon seit Längerem gleich mehrere der wichtigsten Geschäftsbereiche, in denen G+J seine bunten Heftchen von Schöner Wohnen bis National Geographic sortiert hat und die so tolle Management-Namen wie G+J Exclusive & Living oder G+J Frauen/Familie/People tragen.

Allerdings hat Jäkel als solches ja eben erst bei der Brigitte einen Chefredakteurswechsel, männlich durchgezogen. Und dieser Stephan Schäfer hat als erste Amtshandlung gleich die „Normalfrauen“, die mit großem Marketing-Getöse 2010 die professionellen Modelle blattweit ersetzen sollte, an den heimischen Herd geschickt.

Wobei: „Hungerhaken“ soll es auch künftig nicht geben, wie G+J in einer so was von gewundenen Pressemitteilung („Für mehr Vielfalt in Brigitte“) treuherzig versichert. Die Frauen, Familien und People bei G+J kennen Jäkel schon ein bisschen länger, auch wenn die – wo die Liebe eben so hinfallt – ihr „exclusive Living“ seit ein paar Jahren mit ex-Mr. „Tagesthemen“ Uli Wickert auslebt.

Ein aufgehübster Ikea-Katalog für junge Frauen

Denn Jäkel hat nach Studium in Heidelberg, Harvard und Cambridge schon Ende der 90er bei G+J angeheuert, später als geschäftsführende Redakteurin der eben aus der Taufe gehobenen Financial Times Deutschland den Redakteuren gesagt, was alles nicht geht (was damals in der Gründungsphase noch nicht so schrecklich war wie heute) und dann eine Karriere hingelegt, auf die selbst der Harvard Business Manager stolz sein könnte.

Dabei hat Jäkel, die der Verlag derzeit per Pressefoto im schwarzen Rolli als eiskalte Managerin im weitmöglichsten Abstand zur Brigitte-Versuchsküche zu positionieren versucht, nie die Bodenhaftung verloren – ihre letzte Erfindung für den Verlag war Couch, eine Art aufgehübschter Ikea-Katalog für junge Frauen.

Zur Familie Jahr, dem „J“ in G+J, werden ihr beste Drähte nachgesagt. Auch wenn die Musik natürlich in Gütersloh bei Bertelsmann spielt, wo G+J zu drei Vierteln hingehört. Und wo die Vorstandsriege bei aller pro-Quotierung derzeit keine Anstalten zeigt, Jäkel wie früherer G+J-Chefs in den Bertelsmann-Gesamtvorstand zu lassen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.