Neue Partei Bündnis Deutschland: Zwischen CDU und AfD

Bündnis Deutschland: Eine weitere Kleinstpartei will die bürgerliche Mitte ansprechen. Doch eine klare Abgrenzung nach rechts fehlt bisher.

Mehrer Personen bei einer Pressekonferenz.

Die Führung der neuen Partei: Bündnis Deutschland bei einer Pressekonferenz am 22. November Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BERLIN taz | Endlich gibt es wieder eine neue Partei der bürgerlichen „Mitte“ in Deutschland. Am Sonntag wurde die jüngste Kleinstpartei Bündnis Deutschland von bislang 50 Mitgliedern gegründet. Der Öffentlichkeit wurde das parteipolitische Vorhaben am Dienstag in Berlin von fünf Vorstandsmitglieder vorgestellt.

Gründungsgedanke von Bündnis Deutschland ist demnach folgender: Die CDU sei immer weiter nach links gerückt und würde ideologisierte „Identitätspolitik“ in Form der Frauenquote umsetzen. Und die AfD, die 2013 als ordoliberale Anti-Euro-Partei gegründet wurde, lasse „sich von extremistischen Kräften übernehmen“. Dieses Vakuum möchte Bündnis Deutschland unter dem Motto „Freiheit. Wohlstand. Sicherheit“ zukünftig füllen.

Was von der Partei selbst als „Aufbruch in eine neue Zeit“ betitelt wird, hält kaum neue politische Ideen bereit. Gemäß der ordoliberalen Tradition, die bereits in Ludwig Erhard einen starken Verfechter fand, soll der Mittelstand durch erhöhte Kaufkraft gestärkt und die Eigenverantwortung von Individuen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, abgesichert werden. Der Staat soll durch Tugenden und Rechtsnormen einen Ordnungsrahmen schaffen, um wirtschaftlichen Wettbewerb und „Chancengleichheit“ sicherzustellen.

Als Alleinstellungsmerkmal bewertet Vorstandsmitglied Niklas Stadelmann, 28, den Fokus auf „Vernunft statt auf Ideologie“. Aber auch dieser Sprech, den AfD, CDU, und FDP tagtäglich gegen die Ampelkoalition und Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen verwenden, zeugt von wenig Kreativität.

Zielgruppe wie bei Lucke und Petry

Auch ist das Bündnis Deutschland nicht die erste Kleinstpartei, die sich der angeblichen Repräsentationslücke des konservativen Mittelstandes annehmen möchte: Bernd Luckes Liberal-Konservative Reformer oder die Blaue Partei, die 2017 aus einer Initiative der damaligen AfD-Sprecherin Frauke Petry hervorging, sind nur einige wenige Beispiele. Ferner ist Bündnis Deutschland nicht der erste Versuch der Vorstandsmitglieder, eine Partei zu gründen, die sich gegen höhere Steuern, für mehr Nettoeinkommen und Kaufkraft, für die Stärkung der regionalen Identität und gegen „spaltende Gendersprache“ einsetzt.

Vorstandsvorsitzender Steffen Große, der die Freien Wähler Sachsen 2020 verließ, gründete im Februar 2021 die Bürgerallianz Deutschland. Stadelmann war Mitgründer der Christlich-Liberalen Plattform, andere Vorstandsmitglieder sollen bei der Kleinstpartei Bürgerlich-Freiheitlicher Aufbruch aktiv gewesen sein. Diese bislang gescheiterten Versuche, politische Relevanz zu erlangen, sollen nun durch den Zusammenschluss der Parteien im Bündnis Deutschland endlich die gewünschte Kraft entwickeln.

Zwar möchte sich das Bündnis in der Theorie von der AfD abgrenzen. Gleichzeitig seien es aber insbesondere jene Wäh­le­r:in­nen, die aktuell ihre Stimme der AfD geben, und jene mit hohem Einkommen, die in der Partei ein neues politisches Zuhause finden sollen, so Große. Wirklich deutlich wird nur das jüngste Vorstandsmitglied, Jonathan Sieber, 24, über seine Einschätzung der AfD: „Aktuell“ sei die Partei in Teilen extremistisch und unter diesen Umständen würde man nicht mit ihr kooperieren. Über moderatere ehemalige AfD-Politiker als Neuzugänge freue man sich aber.

Auch in der thematischen Profilierung der Partei ähnelt das Bündnis der aktuellen Ausrichtung der AfD: „Priorität hat sichere, bezahlbare Energieversorgung“, heißt es in der Pressemitteilung zur Parteigründung des Bündnisses. Auf der Pressekonferenz warnt Vorstandsmitglied Ellen Walther-Klaus (69) vor bundesweiten Blackouts, die diesen Winter auf die Bevölkerung zukommen würden. Verantwortlich dafür: die Ampelkoalition, die sowohl aus der Kohle als auch aus der Atomkraft aussteigen möchte. Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren bewertet Walther-Klaus als Geldverschwendung: Weder könnten sie die Versorgungssicherheit der Bür­ge­r:in­nen Deutschlands garantieren, noch den „wirtschaftlichen Aufschwung“, den das Bündnis sich erhofft, energetisch stemmen.

Widersprüche beim Klimaschutz

Zwar versicherte Walther-Klaus, dass der Partei Klimaschutz am Herzen läge, doch die Ablehnung von stringenter Klimapolitik, um das „Erfolgsmodell“ der deutschen Industrie- und Exportwirtschaft zu schützen, ist mittlerweile als Argumentationsmuster von Klimaschutz-Verhinderern anerkannt. Ähnlich wie die AfD spielt das Bündnis Deutschland auch den Klimaschutz gegen den „Umweltschutz“ aus, für den sich die Partei insbesondere dadurch einsetzen möchte, dass für jedes Neumitglied des Bündnisses ein Baum gepflanzt werden soll.

Wenig Klarheit besteht auch über den Umgang mit rechtsideologischen Neumitgliedern im Bündnis: Allein durch eine zweijährige Probemitgliedschaft möchte man sich absichern, dass rechte Neumitglieder nicht dauerhaft in der Partei verweilen, sollten sie bei ihrer Anmeldung Falschangaben über ihr Engagement in extremistischen Parteien machen, so Sieber.

Um die genaue Ausarbeitung dieser Prozesse werde man sich im Laufe der Zeit kümmern. Nun müssen erst einmal Mitglieder angeworben werden. Laut Große haben Bereits Bür­ge­r:in­nen „im vierstelligen Bereich“ ihre Mitgliedschaft angekündigt, die den überdurchschnittlich hohen Mitgliedbeitrag von jährlichen 180 Euro stemmen wollen. Der Publizist Albrecht von Lucke bezweifelt jedoch, dass die Partei starken Zuwachs bekommen werde: Eher werde man sie „in zwei Tagen wieder vergessen haben“.

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