Neue Proteste in Hongkong: Demokraten spielen Occupy

Hongkongs Parlament soll das umstrittene Wahl-Gesetz absegnen. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig, aber 28 Abgeordnete sind dagegen.

Prochinesische DemonstrantInnen vor dem Parlament in Hongkong.

Prochinesische DemonstrantInnen vor dem Parlament in Hongkong. Foto: reuters

PEKING taz | Carrie Lam droht, dann ist sie um sanfte Töne bemüht. Im nächsten Moment fleht Hongkongs Vizeregierungschefin die Abgeordneten geradezu an. Sollte die Reform scheitern, „würde die politische Entwicklung zum Stillstand kommen“, warnt sie. Doch das hilft nicht. Die oppositionellen Abgeordneten des pandemokratischen Lagers halten demonstrativ Schilder mit einem Kreuz hoch als Zeichen für ihre ablehnende Haltung.

Vor neun Monaten gingen Zehntausende Hongkonger gegen die von Chinas Führung für Hongkong vorgesehene pseudodemokratische Wahlreform auf die Straße. Das Gesetz soll den Bürgern der südchinesischen Sonderverwaltungszone das Recht geben, 2017 erstmals ihren Regierungschef selbst zu wählen. Doch sollen die nur wenigen Kandidaten alle von Peking bestimmt werden.

Hongkongs Demokratiebewegung hält die Reform für unzureichend und fordert freie und direkte Wahlen. Im Rahmen der Aktion „Occupy Central“ war deshalb im Herbst elf Wochen lang das Regierungsviertel blockiert worden. Nun soll der Legislativrat, Hongkongs Parlament, über die Reform abstimmen.

Doch schon zu Sitzungsbeginn am Mittwochmorgen geht es hoch her. Vor dem Parlamentsgebäude haben sich Hunderte Demokratieaktivisten versammelt, aber auch Anhänger der prochinesischen Seite. Die Sicherheitskräfte haben Mühe, die Lager zu trennen. Der Abgeordnete Alan Leong ruft die Demokratiebewegung auf, „weiter zu kämpfen“. Und auch im Parlamentsgebäude kommt es zu Tumulten. „Nein, nein, nein zur falschen Demokratie“, rufen prodemokratische Abgeordnete im Chor.

Zwei-Drittel-Mehrheit nicht gesichert

Unter den 70 Abgeordneten des Legislativrats haben zwar die Befürworter der Wahlreform eine Mehrheit. Aber die Hälfte der Abgeordneten sind nicht demokratisch gewählt, sondern von berufsständischen, meist pekingtreuen Gremien entsandt. Doch zur Verabschiedung des Reformpaketes wird eine Zweidrittelmehrheit benötigt, aber 28 Abgeordnete sind dagegen.

Der Politikwissenschaftler Sonny Lo hält es daher für unwahrscheinlich, dass diese Reform im Parlament durchkommt. Vertreter Pekings haben bereits angekündigt, dass der Regierungschef dann wie bisher weiter von den 1.200 Mitgliedern eines Nominierungskomitees gewählt wird. Dieses Komitee ist nicht demokratisch legitimiert und in seiner großen Mehrheit pekingfreundlich.

Die prodemokratischen Kräfte gehen aber davon aus, dass Hongkongs derzeitiger pekingtreuer Regierungschef Leung Chun-Ying eine solche Schlappe politisch nicht überlebt und die Wahlreform dann neu verhandelt wird.

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