Neue private Pflegeversicherungen: Für Frauen ist Unisex billiger

Pflegeversicherungen für Frauen kosten mehr, Vorerkrankte werden gar nicht erst aufgenommen: Neue Reformen soll das ändern. Die Auswirkungen sind kaum zu berechnen.

Irgendwo muss das Geld für das Pflegeheim herkommen. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Versicherungsgruppe Münchener Verein rät zum schnellen Handeln, besonders für Männer. Denn „Unisex macht alle gleich“, warnt das Unternehmen auf seiner Website. Ab dem 21. Dezember 2012 können sowohl in der privaten Krankenkasse als auch in den privaten Pflegezusatzversicherungen nur noch Verträge mit geschlechtereinheitlichen Beiträgen („Unisex-Tarif“) für Männer und Frauen abgeschlossen werden. Die Folgen daraus werden allmählich sichtbar.

„Es ist tendenziell davon auszugehen, dass es für Männer mit den Unisex-Tarifen teurer wird“, sagt Rainer Reitzler, Vorstandsvorsitzender der Münchener Verein. Männer profitieren bisher in der Kranken- und in der privaten Pflegezusatzversicherung noch von ihrer geringeren Behandlungs- und Pflegewahrscheinlichkeit. So beträgt beispielsweise bei der Münchener Verein der Beitrag für eine online abgeschlossene Pflegezusatzversicherung mit 40 Euro Pflegetagegeld in Pflegestufe II für einen 50-jährigen Mann 42 Euro im Monat, für eine Frau hingegen 71 Euro. Noch.

Für die Versicherungsmathematiker ist der Unisex-Tarif schwer zu kalkulieren. „Ein Riesenproblem könnte sich ergeben, wenn Frauen mit Altverträgen in der privaten Krankenversicherung ab dem kommenden Jahr in einen günstigeren Unisex-Tarif wechseln“, sagt Elke Weidenbacher, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen. Denn damit verändert sich die Risikokalkulation für diese Unisex-Tarife, weil Frauen die Krankenkasse mehr kosten. Die Beiträge für Neuverträge könnten mittelfristig wieder steigen.

„Unisex“ werden auch die Prämien für die geplante staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung sein, den sogenannten Pflege-Riester oder Pflege-Bahr ab 2013. Bei diesen geplanten Versicherungspolicen erschwert aber vor allem der „Kontrahierungszwang“ die Kalkulation.

Auch Vorerkrankte müssen angenommen werden

Nach der Vorgabe von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) müssen die Versicherungsunternehmen jeden Antragssteller auf die staatlich geförderte Zusatzvorsorge in die private Pflegezusatzversicherung aufnehmen, ungeachtet der Vorerkrankungen. Das bedeutet, dass auch Menschen mit Schlaganfall, mit Demenz, mit Osteoporose und Niereninsuffizienz akzeptiert werden müssen, die heute von jeder privaten Pflegezusatzversicherung abgelehnt werden.

Wer diesen „Pflege-Riester“ für eine zusätzliche Pflegetagegeldversicherung abschließt, bekommt dafür zwar 5 Euro monatlich Zuschuss vom Staat, findet sich aber wahrscheinlich in einem sehr ungünstigen Tarif wieder, weil all die höheren Leistungen an die Personen mit hohem Pflegerisiko einkalkuliert werden müssen. „Die Frage ist, ob die 5 Euro staatliche Förderung die Lücke zwischen neuen und alten Tarifen ausgleichen“, sagt Stephan Caspary, Sprecher im Verband der Privaten Krankenversicherung.

Der Bund der Versicherten befürchtet, dass die Gesunden später nach wie vor „die günstigeren, bereits heute auf dem freien Markt erhältlichen Angebote“ an privaten Pflegezusatzversicherungen nutzen, heißt es in einer Erklärung. Der Unterschied in den Beiträgen zwischen „normalen“ Zusatzversicherungen und „Pflege-Riester“ dürfte dann aber auch ein Licht darauf werfen, was private Versicherungen heute sparen, weil sie Vorerkrankte gar nicht erst aufnehmen.

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