Neuer Standard für CO2-Bilanzierung: Klimagase von der Wiege bis zur Bahre

Erstmals wird international festgelegt, wie Firmen ihre CO2-Bilanz über die ganze Produktion messen sollen. Umweltschützer fordern staatliche Standards und Kontrollen.

Ein neuer internationaler Standard hilft Unternehmen, ihre Emissionen über die gesamte Produktionskette zu messen. Bild: imago/blickwinkel

BERLIN taz | Es ist ein kleiner Schritt in Richtung nachhaltiger wirtschaften: Seit gestern gibt es einen internationalen Standard, mit dem Unternehmen messen können, wie viele Klimagase ihre Produkte bei Herstellung und späterer Nutzung verursachen - das sogenannte Greenhouse Gas Protocol Scope 3.

Bislang bilanzieren die meisten Firmen nur die eigenen Emissionen nach einheitlichen Kriterien, die der Zulieferer allerdings nicht. Die neuen Standards umfassen nun in 15 Kategorien sämtliche Produktionsschritte: vom Abbau der benötigten Rohstoffe und den dabei ausgestoßenen Klimagasen bis hin zu Transport und Entsorgung der fertigen Produkte.

"Damit fallen erstmals ausdrücklich auch Emissionen der Zulieferer in die Verantwortung eines Produzenten - Unternehmen haben so eher Anreize, sparsame Zulieferer zu wählen", sagt Carl-Otto Gensch, Bereichsleiter der Abteilung für Produkt- und Stoffströme am Ökoinstitut.

Entwickelt haben die neuen Berechnungsstandards das Washingtoner Forschungsinstitut World Resource Institute (WRI) und der Unternehmensverband World Business Council for Sustainable Development (WBCSD).

WRI und WBCSD geben nur an, wie gerechnet werden soll, überwachen aber nicht selbst. Wer sich zur Initiative zählen will, muss seine Berechnungen lediglich von unabhängigen externen Instituten überprüfen lassen. "Es geht auch nicht um ein offizielles Label, das klimafreundliche Unternehmen auszeichnet", verteidigt Rasmus Prieß das Konzept.

Der Vertreter der Plattform Klimafreundlicher Konsum, ein Zusammenschluss von Umweltforschungsinstituten in Berlin, glaubt an einen Wettbewerb in Sachen Klimaschutz. In einigen Jahren könnten so auch einzelne Produkte für den Konsumenten vergleichbar werden.

Immer mehr Firmen gingen in den letzten Jahren dazu über, ihre CO2-Emissionen nach den bisherigen Standards von WRI und WBCSD zu berechnen. Getan hat sich in Sachen Klimaverbesserung trotz aller Transparenz jedoch zu wenig, kritisiert Ludwig Glatzner, Experte für Treibhausgasmanagement beim BUND.

Er sieht deshalb auch das neue Greenhouse Gas Protocol kritisch: Dass keine staatliche Kontrolle herrsche, berge die Gefahr, dass die Regelungen zu ungenau seien. Ergänzend brauche es staatlich kontrollierte Ökobilanzen, die nicht nur auf CO2 fokussiert seien. Glatzner: "Es muss dringend etwas auf Ebene der UN passieren, um einen wahren Nachhaltigkeitswettbewerb zu entfachen."

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