Neues Album von Lykke Li: Eine Nomadin des Herzens

Der schwedischen Sängerin Lykke Li steht Melancholie am besten. Ihr neues Album „So Sad So Sexy“ ist aber stark auf Mainstream getrimmt.

Sängerin Lykke Li singt

Führt ein unstetes Leben: Sängerin Lykke Li Foto: imago/ agencia efe

„No love when you hold me“, singt Lykke Li in dem Lied „Sex Money Feelings Die“. Auch ihr neues Album „So Sad So Sexy“ kann nicht verhehlen, wie sehr die schwedische Sängerin Beziehungsdramen inspirieren. „Die Liebe“, sagte sie vor ein paar Jahren in einem Interview, sei ein Puzzle, „das ich nicht gelöst kriege.“ Daran scheint sich bis heute nichts geändert zu haben, obgleich die 32-Jährige schon eine Weile mit dem kalifornischen Produzenten Jeff Bhasker liiert ist.

Das Paar lebt mit seinem Sohn in Los Angeles und macht neuerdings Musik zur Familienangelegenheit. Pünktlich zum Muttertag postete Lykke Li, die eigentlich Li Lykke Timotej Svensson Zachrisson heißt, in Gedenken an ihre 2017 verstorbene Mutter ein Video für die anrührende Ballade „Utopia“.

Mal sieht man sie mit ihrem Sohn, mal in alten Heimvideo-Zusammenschnitten als kleines Mädchen mit ihren Eltern, dem Künstlerehepaar Kärsti Stiege und Johan Zachrichsson. Mit diesem nostalgischen Clip taucht die sich schüchtern gebende Künstlerin ausnahmsweise nicht in ihre Gefühlsmisere ein, sondern zelebriert das Privatleben.

Die Musik von „Utopia“ wirkt inmitten all dem Herzschmerz wie eine Verschnaufpause. In „Two Nights“ fällt der Blick auf eine Partnerschaft deprimierend aus. Der Mann ist zwei Nächte am Stück nicht nach Hause gekommen, seine Partnerin leidet. Aus Klavierintimität in Moll schraubt sich dieser Titel ins Sphärische. Produziert wurde er von Jeff Bhasker, Malay, Jonny Coffer und dem Stadion-Raver Skrillex. Den Sprechgesang-Part steuerte Aminé, ein junger Rapper aus Portland, bei.

So viele Mitstreiter für einen Song ins Boot zu holen, ist ungewöhnlich für Lykke Li. In der Vergangenheit begnügte sie sich mit ein, zwei Produzenten, um komplette Alben zu arrangieren. Völlig unerwartet kommt ihr Sinneswandel indes nicht, im US-Mainstream-Pop ist es momentan üblich, jede Menge Produzenten und Co-Autoren für „Features“ zu engagieren.

Zwischen Extremen

Ein Lied wie „Sex Money Feelings Die“ – den Gesang produzierte Kid Harpoon, für den Sound zeichneten wiederum Malay und DJ Dahi verantwortlich – kommt mit seinen R&B-Anleihen als typische Next-Step-Musik daher. Perfekt aufgenommen und arrangiert, aber ziemlich glatt poliert.

Ganz offensichtlich hat Lykke Li genau studiert, wie die Karrieren von The Weeknd und Lana Del Rey verlaufen sind. Für „Hard Rain“ dürfte allerdings eher der kanadische Superstar Drake Pate gestanden haben: Geigen schluchzen, Synthesizer fiepen, R&B-Beats treffen auf Dreampop. Eben noch wird Lykke Lis Gesang durch den Stimmverzerrer geschickt, dann klingt er plötzlich glasklar.

Es kommt einfach nicht die Atmosphäre auf, die für ihren Song „I Follow Rivers“ 2011 so unkompliziert Stimmung erzeugte

Irgendwie scheinen sich die Produzenten Jeff Bhasker, Malay und T-Minus bei diesem Song verzettelt zu haben. Es kommt einfach nicht die Atmosphäre auf, die für ihren Song „I Follow Rivers“ 2011 so unkompliziert Stimmung erzeugte.

Da hatte Rostam Batmanglij, ehemals Vampire Weekend, bei der Produktion von „Hard Rain“ ein glücklicheres Händchen. Dieser eingängige Track punktet dank seiner Trap-Elemente mit dem perfekten Groove und ist der Höhepunkt des Albums.

Für den Song „Last Piece Of My Heart“ schwingt sich Lykke Lis Stimme in luftige Höhen. Eine tieftraurige Liebeskummer-Ballade, die alles verschlingenden Schmerz auf den Punkt bringt. „So Sad So Sexy“ verschreibt sich hingebungsvoll dem Pop. „Bad Woman“ badet in Melancholie. Das liegt Lykke Li schlichtweg am meisten.

Lykke Li: „So Sad So Sexy“ (LL Recordings/RCA/Sony)

Lykke Li führte ein unstetes Leben. Mit ihren Hippie-Eltern war sie dauernd auf Achse. Geboren wurde sie im südschwedischen Ystad, sie wuchs aber in verschiedenen Ländern auf. Eine Weile lebte sie in Portugal, in Nepal machte sie ebenfalls Station. Die Winter verbrachte ihre Familie mal in Marokko, mal in Indien. Obwohl sie sich inzwischen im Laurel Canyon niedergelassen hat, ist sie doch in ihrem Herzen immer eine Nomadin geblieben.

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