Neues Album von Miley Cyrus: So weit, so boring

Miley Cyrus ist zurück. Ihr Album „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ gibt‘s kostenlos im Netz. So richtig lohnt sich der Bällebad-Pop aber nicht.

Miley Cyrus bei den MTV Video Music Awards

Schrill und irgendwie öde: Miley Cyrus. Foto: reuters

So sieht es aus, wenn ein Marketingplan nicht hundertprozentig aufgeht: Sonntag vor einer Woche hat Miley Cyrus die MTV Video Music Awards moderiert – was auch ganz konsequent ist, denn die Show hat in den letzten Jahren immer ihren „Miley-Moment“ gehabt: 2013 twerkte sie mit Robin Thicke, letztes Jahr schickte sie einen hübschen Jüngling vor, der auf der Bühne (anstatt die üblichen Dankesfloskeln abzuspulen) die Probleme obdachloser Jugendlicher in den USA thematisierte.

Dieses Jahr hatte Miley Cyrus noch keine Musik veröffentlicht, also überließ ihr MTV gleich die ganze Show, die ihr dann jedoch von Kanye Wests toller Rede gestohlen wurde, an deren Schluss er verkündete, US-Präsident werden zu wollen.

Am Ende der Show verkündete Miley dann aber die eigentliche News des Abends: Sie habe ein neues Album und man könne es kostenlos auf Soundcloud anhören. „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ heißt es und es handelt von drei Haustieren, deren Tod Miley betrauert. Was übrigens kein Anlass für geschmacklose Witze ist: Wer würde nicht lieber tote Haustiere betrauern anstatt sich mit anderen Problemen herumzuschlagen?

Miley Cyrus zeigt sich bei solchen Nichtigkeiten in ihrer Paraderolle: die Tochter aus gutem Hause, die permanent über die Stränge schlägt. Mal greift sie daneben – etwa wenn sie sich das afroamerikanische Twerking aneignet. Dann aber macht sie auch ziemlich viel richtig, etwa wenn sie eine Charity für LGBTQ-Teenager gründet.

Langweiliger Formatradio-Pop

Das Highlight ihres Universums sind jedoch ihre Konzerte, zu denen sie über eine große Zunge reingerutscht kommt, sich auf einem überdimensionalen Bett mit vier männlichen Models räkelt und irgendwann einen 20 Meter hohen Husky mit Laseraugen auf die Bühne stellt: das Äquivalent eines Bällebads für die millionenschwere Popstar-Tochter.

Musik macht Miley Cyrus übrigens auch. Das ist aber unwichtig, denn ihre Songs sind eher öde. Früher produzierte Miley Cyrus Formatradio-Pop fürs Formatradio: Party-HipHop-Beats treffen auf Country-Gitarren. Alles wird in maximal drei Minuten abgehandelt. Heute macht Miley immer noch Formatradio-Pop, nur das Format hat sich geändert. Sie konkurriert nun um die Spotify-Playlist der Millennials und als Zeichen dessen hat sie ihre Produktpalette etwas ausdiversifiziert.

Für „Miley Cyrus and Her Dead Petz“ hat ihr Wayne Coyne von den Flaming Lips geholfen. Die machen selbst so eine Art Bällebad-Pop, nur dass sie eine andere Zielgruppe bedienen: diejenigen, die in den Neunzigern mit Alternative-Rock aufgewachsen sind. Für sie hat Wayne Coyne eine eigene Bällebad-Form von Stagediving entwickelt, bei der er sich in einer großen Plastikkugel von seinen Fans auf Händen durch Konzerthallen balancieren lässt.

Die Songs der Flaming Lips erzählen von verrückten Wissenschaftlern auf der Suche nach der Weltheilformel oder einem Mädchen, das wie im Videospiel eine Armee von Robotern bekämpft.

Künstlich wie Softdrinks

Gemeinsam mit Cyrus hat Coyne ein Homerecording-Album produziert, das vor allem eine penetrante Zurschaustellung von Einflüssen ist: „Milky Milky Milk“ versucht sich am verhallten, hypnagogischen Synthie-Pop von Nite Jewel und scheitert daran, „Fuckin Fucked Up“ mischt Trapbeats mit schlierigem Purple-HipHop, und „I’m so drunk“ erinnert in seiner ausgestellten Künstlichkeit an den Softdrink-Pop von PC-Musik.

Irgendwann droppt Miley auch den Namen David Bowie (Gähn!), dann darf auch noch der kalifornische Weirdo-vom-Dienst Ariel Pink vorbeischauen, der seit Längerem um sich selbst kreisenden Lo-Fi-Leerlauf-Zitat-Pop produziert und in den letzten Jahren hauptsächlich mit dämlichen Aussagen über Frauen aufgefallen ist.

Pinks Mitwirkung ist sinnbildlich für das Generalproblem von „Miley and Her Dead Petz“: Die Musik ist zu berechnend. Kanye West hat seine Produzenten für „Yeezus“ ähnlich generalstabsmäßig wie Miley Cyrus gecastet, aber damit ein Album produziert, das seine Spannung aus seinem ausgestellten Größenwahn bezieht. Bei Miley Cyrus regiert dagegen langweilige Geschmackssicherheit – Musik wie ein Tumblr, der seit zwei Jahren nicht mehr aktualisiert wurde.

Also, Miley Cyrus hat ein neues Album draußen. So weit, so boring. Aber dieser Husky bei ihren Liveshows, der ist wirklich toll.

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