Neues Datenleck im Online-Netzwerk: Facebook-Werbung outet Mitglieder

Wer auf Facebook werben will, kann seine Zielgruppe detailreich definieren. Eine Wissenschaftlerin zeigte nun, dass sich damit auch sensible Nutzer-Infos finden lassen.

So gesichtslos bleibt auf Facebook nicht jeder. Bild: dpa

BERLIN taz | Facebook und der Datenschutz - es wächst nicht zusammen, was zusammen gehören sollte. Nach den bereits in der letzten Woche bekanntgewordenen Datenlecks zeigt eine Studie der Stanford University in Kalifornien, dass Facebook mindestens eine weitere grobe Datenschutzlücke enthält. Es geht dabei um die Art, wie das soziale Netzwerk sein Geld verdient - und das mittlerweile im deutlich dreistelligen Millionenbereich -: mittels Online-Reklame, die genau auf einzelne Zielgruppen abgestimmt ist.

Dieses so genannte Targeting gilt als größter Vorteil von Facebook für Werbetreibende. Da das soziale Netzwerk von seinen Nutzern dank ihrer zumeist freigiebigen Dateneingaben sehr viel weiß, kann die Werbung Nutzer gezielt ansprechen. Facebook weiß ja meist, wo sie leben, bei welcher Firma sie arbeiten und welche Hobbys sie haben.

Die Stanford-Informatikerin Aleksandra Korolova demonstrierte in der Studie, wie sich mit dem Werbesystem, das jedem Menschen im Besitz einer Kreditkarte freisteht, detaillierte Informationen über Facebook-Nutzer sammeln lassen. In ihrem Versuch zeigte sie, wie mittels Targeting herausgefunden werden kann, ob ein Facebook-Mitglied schwul oder lesbisch ist - selbst dann, wenn es diese Information nur seinen Freunden verrät. Die Forscherin nutzte dazu die öffentlich verfügbaren Daten der Zielperson: Alter, Bildungshintergrund, Ort, Interessen. Ergänzt wurde dies mit einer Targeting-Einstellung, die die Reklame nur Frauen zu zeigen, die sich auch für Frauen interessieren.

So ermittelte Korolova nicht nur die Homosexualität ihrer Testpersonen, sondern konnte mit leicht modifizierten Anzeigen auch andere Details wie Alter, politische und religiöse Einstellungen und den Beziehungsstatus herausbekommen. Das alles koste, so die Forscherin, gegebenenfalls "nur ein paar Cent".

Facebook ist über das Problem informiert und hat auch umgehend reagiert. ab sofort lassen sich über das Targeting keine Einzelpersonen mehr finden, es müssen mindestens 20 Personen in einer Zielgruppe stecken. Doch das lässt sich umgehen, meint Korolova, indem man einfach 19 zusätzliche Fake-Profile erstellt. Dies koste höchstens ein paar Stunden Zeit.

Ein Blick auf die gegenwärtigen Möglichkeiten beim Targeting zeigt, dass diese auch jetzt noch erstaunlich detailliert sind. Der Werbetreibende kann Ort, Firma, Alter, Interessen und auch Geschlecht sowie Vorlieben für das andere Geschlecht definieren, ganz so, wie es auch Korolova tat. Firmen oder Schuldistrikte lassen sich ermitteln, einzelne Schulen hingegen "derzeit noch nicht". Facebook gibt dabei hilfreiche Tipps: "Sie können trotzdem Anzeigen verwenden, um die Schulpopulation zu erreichen. Dazu müssen sie Ihre Anzeigen im geografischen Netzwerk laufen lassen, in dem sich die gewünschte Schule befindet." Man könne die Anzeige auch nach einem "Altersbereich 13-18" strukturieren.

Der Druck auf Facebook, beim Datenschutz endlich besser zu werden, dürfte sich weiter erhöhen. In der vergangenen Woche war zuerst bekannt geworden, dass Facebook über den so genannten Freundefinder auch Email-Adressen von Nichtmitgliedern sammelt. Das "Wall Street Journal" fand zudem heraus, dass zahllose Anwendungen sensible Daten übertragen.

Zahlreiche Unternehmen schränken die Benutzung von Facebook auf Firmenrechnern aus anderen Gründen mittlerweile ein. Wie die "Wirtschaftswoche" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, sperren Großunternehmen wie die Commerzbank, Porsche und VW den Zugang zu sozialen Netzwerken. Als Grund wird Angst vor Wirtschaftsspionage angegeben. Klar ist aber auch, dass die Firmen verhindern wollen, dass ihre Mitarbeiter während der Dienstzeit ihre privaten Accounts auf Facebook pflegen.

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