Neues Einkaufszentrum: Riechen und schmecken

In der wieder eröffneten Rindermarkthalle am Neuen Kamp sind 11.000 Quadratmeter Einkaufsfläche entstanden. Die Anwohnerbeteiligung ist gescheitert.

Schöner Shoppen auf St. Pauli: Die umstrittene Rindermarkthalle ist eröffnet. Bild: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Wie ein überdachter Wochenmarkt soll es sein: „Ein Ort zum Riechen, Schmecken und Entdecken“. So beschreiben die Betreiber das Einkaufszentrum, das am Donnerstag in der ehemaligen Rindermarkthalle auf St. Pauli eröffnet hat. Von einem „Einkaufszentrum“ würden die Verantwortlichen wohl nicht sprechen, stattdessen sprachen Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD), Edeka-Nord-Chef Carsten Koch und weitere Verantwortliche in ihren Eröffnungsreden von einer „einmaligen, großartigen Markthalle“. Statt ein rotes Band zu zerschneiden, trennten sie einen Rinderkopf aus Papier aus einem riesigen Plakat heraus.

Im Erdgeschoss der Halle haben auf knapp 11.000 Quadratmetern rund 30 Lebensmittelgeschäfte und Gastronomiebetriebe eröffnet. Darunter ein Bio- und ein Schokoladenladen, ein Discounter, ein Quark-, ein Döner- und ein Sushi-Laden. In der Mitte bildet eine freie Fläche das „Herzstück“ der Halle: Auf 200 Quadratmetern sollen hier wechselnde Stände für Marktatmosphäre sorgen.

Hauptpächterin in der Public Private Partnership ist die Edeka Handelsgesellschaft Nord. Sie investierte 15 Millionen Euro in die Sanierung der städtischen Fläche und vermietet die einzelnen Abschnitte an verschiedene Betriebe unter. Haupt-Untermieter ist ein eigener Betrieb, mit fast 5.000 Quadratmetern der größte Edeka Hamburgs.

Obgleich sich die AnwohnerInnen des Karoviertels über die Verbesserung der Einkaufssituation freuen dürften, ist die Rindermarkthalle umstritten. Kritisiert wird vor allem der Entscheidungsprozess: Nachdem auf dem Grundstück der Real-Markt 2010 gescheitert war, legte der damalige Leiter des Bezirksamts Mitte, Markus Schreiber (SPD), Pläne für eine Konzerthalle vor. Die Idee stieß auf heftigen Protest und war schnell wieder vom Tisch. Die Bürgerschaft empfahl daraufhin die Entwicklung eines alternativen Konzepts unter Beteiligung der AnwohnerInnen.

Bis 1971 wurden in der Halle Rinder gehandelt.

Vor Edeka waren unter anderem Plaza, Hyper Discount, Conti, Wal Mart und Real in der Halle untergebracht.

Zwischenzeitlich wurde ein Vorschlag des Bezirks diskutiert. Dieser wollte in dem Gebäude eine Konzerthalle errichten. Nach Protesten wurde dieser Vorschlag wieder zurückgezogen.

Bei einer Performance im Juni 2011 wurden mehrere, als Kühe verkleidete Menschen bei einem Polizeieinsatz verletzt. Die Teilnehmer des "Recht auf Stadt"-Kongresses wollten die Rindermarkthalle "besichtigen". Dabei kam es zu dem Polizeieinsatz, bei dem Knüppel und Pfefferspray eingesetzt wurden.

Die Stadtteil-Initiative „Wunschproduktion Rindermarkthalle“ führte daraufhin eine Befragung durch. In der Auswertung der knapp 600 Fragebögen kamen am häufigsten die Worte „Supermarkt“, „Begegnungsort“, „Spielplatz“, „Park“ und „Wohnungen“ vor. Außerdem stellte die Initiative hölzerne „Planungspavillons“ auf dem Vorplatz der Halle auf, wo AnwohnerInnen ihre Vorstellungen konkretisieren konnten.

Im September 2011 kam dann die überraschende Bekanntgabe aus dem Bezirksamt Mitte: Die Sprinkenhof AG, welche die städtischen Immobilien für die Finanzbehörde verwaltet, und der Bezirk, hatten mit Edeka Nord eine zehnjährige „Zwischennutzung“ vereinbart. Das Konzept hatten die Projektentwickler Maßmann & Co. im Alleingang für Edeka Nord entwickelt.

Die „Wunschproduktion Rindermarkthalle“ lehnte von da an alle Beteiligungsangebote seitens der Unternehmer ab. „Wir wollten uns nicht auf faule Kompromisse einlassen“, sagt Niels Boeing von der Initiative. Man habe nicht eingesehen, warum ein privates Unternehmen die AnwohnerInnenbeteiligung für die Nutzung einer städtischen Fläche organisieren sollte.

Im Obergeschoss stehen jetzt 800 Quadratmeter für „soziokulturelle Nutzung“ zur Verfügung, die unter anderem an eine Moschee, eine Töpfer- und eine Malschule vergeben wurden. In einer Zwischenetage zwischen Parkplätzen und Dach sollen sie für die „Anbindung an den Stadtteil“ sorgen. Dort sind die Sanierungsarbeiten allerdings noch nicht abgeschlossen. Das „Grand Opening“ der Markthalle erfolgt am heutigen Samstag. Dabei soll ein ganzes Rind zerlegt werden.

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